Furioses Antrittskonzert von Attilio Cremonesi beim Händelfestspielorchester Halle  mit dem Melodram "Medea" von Georg Anton Benda

Händelfestspielorchester Halle,  Ulrichskirche, 17. November 2021

Foto: Händelfestspielorchester © Falk Wenzel

In den nächsten Konzerten der Reihe des Händelfestspielorchesters Halle „Händels Welt“ – die in diesem Konzert eher „Mozarts Welt“ war – leiten mit Dorothee Oberlinger am 22. Februar 2022 und mit René Jacobs am 24. März 2022 erstrangige Dirigenten der „Alten Musik“ die Konzerte.

Konzerthalle Ulrichskirche, Halle (Saale) am 17. November 2021

Händelfestspielorchester Halle
Leitung: Attilio Cremonesi

von Dr. Guido Müller

Mit tänzerischem italienischem Temperament führt der neue Leiter des Händelfestspielorchesters Attilio Cremonesi in seinem Antrittskonzert einleitend durch die anmutige und melodiöse dreisätzige Sinfonie D-Dur LeeB.1.4. von Franz Benda (1709-1786). Darauf folgt der „Tanz der Furien“ aus Christoph Willibald Glucks Ballett „Don Juan“ von 1761 und gibt das Thema des Abends vor.

Foto: Attilio Cremonesi (c) LICHTUNDNICHT

Als Hauptwerk stand das Melodram „Medea“ von Georg Anton Benda (1722-1795), des jüngeren Bruders von Franz Benda und Hofkapellmeister in Gotha, für eine Sprecherin und Orchester (Streicher, 2 Querflöten, 2 Oboen, 2 Fagotte und 2 Hörner) im Mittelpunkt des Konzerts. Das Werk wurde 1775 in Leipzig uraufgeführt und erklang hier in der Mannheimer Fassung von 1784.Auf einem Modell von Jean-Jacques Rousseaus Melodram „Pygmalion“ beruhend, das 1774 auf der Gothaer Schlossbühne von der „Seylerschen Theatergesellschaft“ aufgeführt wurde, schuf Benda seine ersten deutschen Melodramen „Ariadne auf Naxos“ und „Medea“. Beide Werke wurden von den Zeitgenossen mit großer Begeisterung aufgenommen, da sie auf eine besser verständliche Weise die Vorzüge der verschiedenen Theaterformen kombinierten ohne die Probleme der italienischen Oper.

So schrieb Wolfgang Amadé Mozart am 12. November 1778 seinem Vater: „in der that – mich hat noch niemal etwas so surpreniert! (…) Sie wissen, das Benda unter den lutherischen kapellmeistern immer mein liebling war; ich liebe diese zwey wercke so, daß ich sie bey mir führe.“ (nach dem vorzüglich informativen Programmheft von Cordula Timm-Hartmann).

Der Text wurde von dem damals viel gespielten Gothaischen Hofarchivar und Geheimsekretär Friedrich Wilhelm Gotter (1746-1797) verfasst. Der Monolog wechselt rasch und heftig die Empfindungen der mythologischen Gestalt der Königstochter, Zauberin und Kindsmörderin Medea aus dem Kaukasus. Hin und her gerissen in extremen Gefühlen von Hoffnung und Verzweiflung reift in dem Melodram der Entschluss Medeas, sich am Argonautenführer Jason für dessen Untreue zu rächen, indem sie deren gemeinsame Kinder tötet und schließlich auch die Tat vollzieht.

Die musikalische Struktur in ihrem Aufgeben geschlossener musikalischer Einheiten zugunsten durchkomponierter Musik erlebten die Zeitgenossen als große Neuerung. Die Melodik verändert sich ständig, es gibt kleinteilige Zwischensätze, Sprünge in den Tonarten und das Orchester wird zur „mithandelnden Hauptperson im Trauerspiele“ (Anonyme Besprechung von 1784).

Das Orchester begleitet und kommentiert nicht nur die Handlung sondern muss sie intensivieren ohne den gesprochenen Monolog zu erdrücken oder für unser heutiges Ohr lächerlich werden zu lassen. Diese stilistische Gradwanderung erfüllt das Dirigat Attilio Cremonesis, des langjährigen Assistenten von René Jacobs, auf das Vorzüglichste.

Foto: Martina Gedeck (c) Karel Kühne

Aber dafür steht ihm mit der bekannten Schauspielerin Martina Gedeck auch eine ideale Partnerin für den die extremsten Gefühlswelten durchlebenden Monolog in dem „mit Musik vermischten Drama“ zur Seite.

Im Beginn klingt ihre Stimme eher nach einer jungen Frau, fast mädchenhaft, um dann langsam zu reifen in die Fraulichkeit und Mütterlichkeit. Mit dem immer stärker werdenden Bewusstsein ihrer Bestimmung wächst die Stimme in die einer starken und reifen Frau. Schließlich ruft sie die Öffnung der Pforten der Hölle herbei. Mit der Tat der Tötung ihrer Kinder, der folgenden Konfrontation mit Jason und dessen Freitod erreicht sie auch in der Stimme die volle weibliche Fraulichkeit. Dies spricht und spielt Martina Gedeck hinreißend und mit vollkommenem Stilgefühl.

In den nächsten Konzerten der Reihe des Händelfestspielorchesters Halle „Händels Welt“ – die in diesem Konzert eher „Mozarts Welt“ war – leiten mit Dorothee Oberlinger am 22. Februar 2022 und mit René Jacobs am 24. März 2022 erstrangige Dirigenten der „Alten Musik“ die Konzerte.

Dr. Guido Müller, 17. November 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Ballett Halle Peer Gynt, Premiere der Uraufführung des Balletts in zwei Akte von Michal Sedláček Oper Halle, 30. Oktober 2021

2. Sinfoniekonzert, Händel-Halle Halle (Saale) 25. Oktober 2021

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