Foto: © Lucie Jansch
DVD-Rezension: Händel/Mozart, Der Messias
Unitel 803408
Robert Wilson, Regie
Les Musiciens du Louvre
Philharmonia Chor Wien
Marc Minkowski, Dirigent
Elena Tsallagova, Sopran
Wiebke Lehmkuhl, Mezzosopran
Richard Croft, Tenor
José Coca Loza, Bass
von Peter Sommeregger
Szenische Aufführungen von Oratorien und Messen sind in den letzten Jahren mehr und mehr in Mode gekommen. Über Sinn und Unsinn solcher Adaptionen von Werken, die ursprünglich nicht für die Bühne gedacht waren, lässt sich wie über alle Geschmacksfragen trefflich streiten. Am Ende zählt nur, wie weit die Optik eine Verbindung zum Werk herstellt, bzw. wie geglückt die Umsetzung ausfällt.
Robert Wilson, der amerikanische Regisseur, der für die sehr spezielle Optik seiner Arbeiten berühmt ist, hat für die diesjährige Mozartwoche in Salzburg im Haus für Mozart Händels „Messias“ inszeniert. Gewählt hat man die Bearbeitung Mozarts, wahrscheinlich nicht zuletzt des deutschen Textes wegen.
Die weiß ausgeschlagene Bühne wird von Wilson mit Aktionen gefüllt, die teilweise schwer einzuordnen sind. Die vier Solisten tragen alle stilisierte Kostüme verschiedener Epochen und Länder, so tritt der Bassist in einem japanisch anmutenden Kostüm auf, die Sopranistin in zeitlosem Wallegewand. Ein Tänzer (Alexis Fousekis), ein alter, stummer Mann, ein kleines Mädchen und natürlich der Chor bevölkern die Bühne. Wilson sorgt für schöne Bilder, seine spezielle Ästhetik ist nicht ohne Reiz, aber einen wirklichen Bezug zum Text kann man nicht wirklich herstellen.
Während der Chor das berühmte „Halleluja“ anstimmt, betritt ein Astronaut die Bühne, der von den Choristen freudig begrüßt wird. Das wirkt dann doch ein wenig beliebig, ebenso wie ein heftiger Flirt zwischen Tenor und Mezzosopran, der in einem neckischen Küsschen der beiden etwas unglücklich kostümierten Solisten gipfelt.
Sieger bleibt eindeutig Händels Musik, die von Mozart mehr als vierzig Jahre nach ihrer Entstehung nicht unwesentlich bearbeitet wurde. Da Mozart die Melodien Händels unangetastet ließ, ist sein starker Einfluss erst bei näherer Beschäftigung auszumachen. Teilweise wurde die Zuordnung der Arien verändert, vor allem aber an der Instrumentation sind deutliche Veränderungen zu hören.
Mit Mark Minkowski und seinen Musiciens du Louvre hat man Barock-Spezialisten ins Boot geholt, die ihrem guten Ruf auch voll gerecht werden. Passagenweise geraten Minkowski die Tempi aber allzu breit, was der Musik stellenweise den Schwung nimmt.
Ausgezeichnet der Philharmonia Chor Wien, der souverän den vier Solisten ebenbürtig ist.
Die Sopranistin Elena Tsallagova besticht mit klarem, lyrischen Sopran. Wiebke Lehmkuhls farbenreicher Mezzosopran bewegt sich ebenfalls auf sehr hohem Niveau. Sehr pointiert gestaltet Richard Croft die Tenorarien, auch der Bass José Coca Loza kann auf ganzer Linie überzeugen.
Bei aller Abstraktion gelingen Wilson doch schöne und anrührende Momente, die die Aufführung nicht nur hörens- sondern auch sehenswert machen.
Peter Sommeregger, 24. August 2020, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at