Musikfest Hamburg 2023: Die Liebe drückt sich in Klängen aus

Internationales Musikfest Hamburg 28. April – 7. Juni 2023 klassik-begeistert.de, 8. Dezember 2022

Foto: Broschüre, Internationales Musikfest 2023 © Claudia Höhne

Internationales Musikfest Hamburg 28. April –  7. Juni 2023

Jolanta Łada-Zielke

„Ach, wenn nur schon Frühling wäre, und ich endlich wieder vollblütiger, dichtender Musiker sein könnte!“, schrieb Richard Wagner zu Weihnachten 1850 an Franz Liszt aus Zürich. Selbst in festlicher Atmosphäre konnte der Komponist das Frühjahr kaum erwarten. Heute, ebenfalls in vorweihnachtlicher Stimmung, freuen sich schon die Hamburger Musikliebhaber auf den kommenden Frühling, wo die Hansestadt mit Vollblutmusik und Poesie erklingen wird. Dies geschieht beim Internationalen Musikfest Hamburg, das unter dem Motto „Liebe“ in der Elbphilharmonie, in der Laieszhalle sowie im Thalia Theater stattfinden wird. Es wird eine spannende musikalische Reise durch alle Epochen, von der Renaissance bis zur Gegenwart.

Die Kraft dieses inspirierenden, menschlich verbindenden, aber manchmal auch zerstörerischen Gefühls wird sich in einer Vielzahl von Konzerten, Spektakeln und anderen musikalischen Veranstaltungen manifestieren. Darüber werden die weltberühmten Künstlern wie Cecilia Bartoli, Barbara Hannigan, Yuja Wang, Rolando Villazón, Jonas Kaufmann, Alfred Schnittke (dessen Werke in vier Konzerten erklingen), Lang Lang, Krystian Zimerman und Maurizio Pollini in der Sprache der Musik erzählen. Es taucht ebenfalls ein Genre aus dem Land auf, das man am meisten mit der Liebe assoziiert: la chanson française.

Der Kartenvorverkauf hat soeben begonnen und geht schnell voran. Das umfangreiche Programm des Musikfestes findet man auf den Webseiten der Elbphilharmonie und der Laieszhalle. Ich begrüße einige Punkte, die mir besonders am Herzen liegen, weil sie sich auf die polnische Musik und polnische Interpreten beziehen. Am 7. Mai spielt das Karol Szymanowski Quartett zusammen mit dem Pianisten Michail Lifits Werke von Alfred Schnittke und Gustav Mahler. Drei Wochen später führt Krystian Zimerman im Großen Saal der Elbphilharmonie Werke von Karol Szymanowski auf.

„Wir hoffen, dass Krystian Zimerman seine neue, wunderbare Einspielung von Szymanowskis Klavierwerk zu uns bringt“, sagt Barbara Lebitsch, Künstlerische Betriebsdirektorin der Elbphilharmonie. „Seit der Eröffnung der Elbphilharmonie taucht dieser Komponist immer wieder im Programm auf, und wir schätzen sein Werk sehr. Vor vier Jahren hatten wir einen eigenen Schwerpunkt zur polnischen Musik, bei dem wir polnische Orchester, Ensembles, Interpreten und Solisten hier zu Gast hatten. Uns ist es ein Anliegen, nicht nur Frédéric Chopin, mit dem das deutsche Publikum polnische Musik vielleicht am meisten assoziiert, sondern auch Lutosławski und Szymanowski in unterschiedlichsten Besetzungen hier zu präsentieren.“

22.11.2022, 11 Uhr, Sky Lounge, Elbphilharmonie, Barbara Lebitsch © Claudia Höhne

Das private Leben von Szymanowski war nicht einfach. Seine homosexuelle Orientierung und die katholische Moral kämpften ständig miteinander in seinem Inneren. Barbara Lebitsch weist darauf hin, dass es dabei aber immer um das gleiche Empfinden geht: „Das Gefühl der Liebe ist universell und deshalb nicht an eine sexuelle Orientierung gekoppelt. Wenn wir also über Liebe musikalisch sprechen wollen, zeigen wir die Hintergründe, aus welchen KünstlerInnen zu diesem Thema komponieren, die vielleicht darunter gelitten haben. Bei der Beschäftigung mit der Programmgestaltung haben wir festgestellt, dass wir uns auch mit dem Thema der schwierigen, unerfüllten oder auch unmöglichen Liebe beschäftigen. Karol Szymanowski, wie auch Peter Tschaikowsky, durfte mit seiner Liebe öffentlich nicht leben. Er musste die Musik als Ausdrucksform nutzen, um die Gefühle freilassen zu können.“

22.11.2022, 11 Uhr, Sky Lounge, Christoph Lieben-Seutter© Claudia Höhne

Während des Musikfests sieht man auf Hamburger Bühnen die Aufführungen der Werke, die die populärsten Liebespaare der Kulturgeschichte verewigen: Romeo und Julia, Pelléas und Mélisande oder Porgy und Bess. Karol Szymanowski liebte Wagners Oper „Tristan und Isolde“, und selbst auf dem Sterbebett hörte er noch ihre Radioübertragung. Barbara Lebitsch macht auf einen wichtigen Programmpunkt vom Musikfest Hamburg aufmerksam, in dem diese beiden Themen – Liebe und Tod – sehr eng miteinander verbunden sind. Dies sind die zwölf Lieder Oliver Messiaens „Harawi- Chant de l’amour et de la mort“ (Gesang von Liebe und Tod).

„Messiaen hat sich von einem Tristan-Mythos aus Südamerika, konkret aus den peruanischen Anden, beeinflussen lassen“, erzählt Barbara Lebitsch. „In der dortigen Tradition gibt es eine ähnliche Geschichte wie den Tristan-Mythos im deutschsprachigen Raum, mit fast identischem Verlauf. Der Komponist war von dieser allgegenwärtigen Liebe in der Gegenwart des Todes tief beeindruckt. Sein Liederzyklus handelt von einem Liebespaar, das sich anzieht und abstößt. Im Verlauf der Zeit wird klar, dass diese Liebe mit dem Tod eines der beiden Protagonisten enden wird. Ähnlich war es auch in Messiaens privatem Leben. Er hat die Lieder nach einer schwierigen Erfahrung geschrieben, als seine Frau nach einer schweren Operation ihr Gedächtnis verloren und ihren Mann nicht mehr erkannt hat. Dadurch ist diese Liebe langsam, Tag für Tag, bis zum Tod der Frau, erloschen“.

Dieses Werk führt am 10. Mai 2023 die Sopranistin Julia Bullock im Kleinen Saal in der Begleitung von der American Modern Opera Company auf.

An einem der letzten Festabende, am 4. Juni 2023, findet ein Konzert vom „Chor zur Welt“ statt, der ein eigenes, internationales Projekt der Elbphilharmonie für Laiensänger ist. Der Titel des Konzerts ist vielversprechend: „Together.Zusammen.Ensemble“. Bei den größeren Projekten nehmen das NDR Elbphilharmonie Orchester, das Philharmonische Staatsorchester Hamburg, das Ensemble Resonanz und die Symphoniker Hamburg teil. Zu den eingeladenen Ensembles gehören Wiener Philharmoniker, Kammerorchester Wien-Berlin, Mahler Chamber Orchestra, Göteborgs Symfoniker, Concertgebouworkest aus Amsterdam und Insula Orchestra aus Paris.

Jolanta Łada-Zielke, 8. Dezember 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

https://www.elbphilharmonie.de/de/

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