Wagners „Ring des Nibelungen“ ertönt mit einem Augenzwinkern

Interview: Inken Rahardt, Der Ring des Nibelungen, Opernloft im alten Fährterminal Altona,

Inken Rahardt – Intendanz, Copyright: Silke Heyer

Kurz, knapp und humorvoll erklingt die Tetralogie des Bayreuther Meisters wieder in dem Opernloft Hamburg, nach der Corona-Pause, am 26. Februar 2022. Auf der Bühne treten drei Sängerinnen auf: Franziska Bucher, Marie Sophie Richter und Freja Sandkamm. Die musikalische Begleitung beschränkt sich auf Klavier, Geige und Horn und das Ganze dauert eineinhalb Stunden. Könnte diese Fassung vom „Ring“ – neben dem „Lohengrin“ – noch eine „Einstiegsdroge“ für neue Wagnerianer werden? Einen Vorgeschmack auf dieses künstlerische Ereignis bringt uns ein Gespräch mit Regisseurin Inken Rahardt.

 von Jolanta Łada-Zielke

klassik-begeistert: Welche Inszenierungen des „Rings der Nibelungen“ haben Sie bisher gesehen? Hat eine Sie inspiriert?

Inken Rahardt: Ich habe verschiedene Inszenierungen gesehen, allerdings nicht immer alle in der richtigen Reihenfolge und auch nicht immer alles komplett. Während meines Gesangsstudiums habe ich den sogenannten Jahrhundertring von Patrice Chereau auf DVD zu Weihnachten bekommen. Inspiration bekomme ich aber meistens aus ganz anderen Ecken – vom Sprechtheater, Film und von gesellschaftlichen Entwicklungen. Einen „Ring” in 90 Minuten zu machen ist sowieso ein ganz anderes Ding und ist auch kein Gegenentwurf zum kompletten Werk.

 klassik-begeistert: Um die Oper von 16 Stunden auf 90 Minuten zu verkürzen, muss man auf vieles verzichten. Wenn es um die musikalische Seite geht, haben Sie wahrscheinlich nur die Hits wie „Hojotoho“ aus der „Walküre“ und „Vogelgesang” von „Siegfried“ behalten?

Inken Rahardt: Ja, die „Highlights” sind natürlich alle drin. In der Handlung haben wir uns im Grunde genommen voll auf den Ring konzentriert: Wo kommt der her? Wo geht der hin? Wer will den Ring – und vor allem: warum? Die Nebenstränge der Handlung erzählen wir nicht. Wir haben auch in den Arien und Ensembles gekürzt. Aber man lernt die wichtigsten Melodien und Leitmotive kennen.

klassik-begeistert: In Ihrer Produktion treten drei Sängerinnen auf, und jede spielt vier Charaktere. Von Göttern habe ich nur Erda mitbekommen. Haben Sie auf Wotan verzichtet?

Inken Rahardt: Nein, Wotan ist dabei! Es wäre schwierig, ihn wegzulassen. Er wird nur nicht von einem Bariton gesungen, sondern von einem Mezzosopran. Ich mag das übrigens gern „Abendlich strahlt der Sonne Auge” und „Leb wohl, du kühnes, herrliches Kind” von einem Mezzo zu hören. Da können auch Wagnerianer mal etwas Neues entdecken. Die anderen Männerrollen wie Siegfried, Alberich oder Mime werden auch von den Frauen gesungen.

klassik-begeistert: Wie kommen die Sängerinnen mit männlichen Partien klar? Musste man vielleicht in manchen Fällen die Tonart ändern?

Inken Rahardt: Die kommen prima klar. Die Inszenierung spielt ja komplett in einem Kinderzimmer. So schlüpfen die Mädchen abwechselnd in verschiedene Rollen. Das Publikum hat viel Spaß, dabei zuzusehen. Es eröffnet viele spielerische Möglichkeiten und bietet auch eine distanzierte Betrachtungsweise. Die Tonarten haben wir eigentlich nicht verändern müssen, da die Soprane die Tenorpartien übernehmen und die Mezzosopranistin die Bariton- und Basspartien.

klassik-begeistert: Die Rolle vom Titelring spielt bei Ihnen ein Hula-Hoop-Reifen. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?

Inken Rahardt: Alle Requisiten, die man braucht, um sich durch die Handlung zu spielen, sind Spielzeug, die man in Kinderzimmern finden kann. Und da gibt es eben auch einen Hula-Hoop-Reifen. Was ich selber, auch nach vielen Jahren, immer noch daran mag ist, dass man den endlich mal gut sehen kann. Man sieht sofort, wer den gerade hat. Der kann einem schnell und spielerisch wieder weggenommen werden, aber anderes wird vielleicht auch schwieriger mit so einem großen Requisit. Man sieht sofort, wer die Macht (den Ring) missbrauchen will, wer damit gut umgehen kann und wem das Ganze eher etwas unangenehm ist – der kommt dann mit dem Hula-Hoop nicht so gut klar.

klassik-begeistert: Ihre Inszenierung hat bisher sehr gute Kritiken gesammelt; man sagt, sie sei humorvoll. Wie haben Sie das hinbekommen, denn der Inhalt des „Rings“ – außer Szenen mit dem jungen Siegfried – ist eher düster?

Inken Rahardt: Offenbar gelingt es mir häufig, auch schwierigen Themen mit Humor zu begegnen. Auch meine „Semiramis – Wie geht Karriere?” wurde dafür gelobt, humorvoll mit dem feministischen Thema umzugehen. Für mich als Regisseurin ist Humor wichtig – und ich glaube, für das Publikum auch. Das Setting im Kinderzimmer und die Idee, den „Ring”als Strafarbeit zusammenfassen zu müssen, bieten viel Raum für Spaß. Außerdem können wir zwei Spielebenen nutzen – die Geschichte des „Rings” und die Analyse auf der Metaebene. Die Handlung hat Susann Oberacker entworfen und sie hat die Sprechtexte geschrieben – und da auch ein paar Witze eingebaut.

klassik-begeistert: Auf der Opernloft- Webseite steht, dass Ihr „Ring“ leicht sei. Was würden Sie „strengen“ Wagnerianern sagen, die vielleicht befürchten, das Werk ihres Meisters wurde vereinfacht?

Inken Rahardt: Bei allem Humor spielen und singen wir uns ernsthaft durch das Werk. Wir lieben die Musik und die Sängerinnen singen das wirklich toll – und dazu sind sie sehr gute Schauspielerinnen, die ihre Rollen sehr gut interpretieren. Wer den „Ring” nicht kennt, hat einen unterhaltsamen Abend, lernt die Musik kennen und versteht die Geschichte – und bekommt vielleicht Lust, sich das Ganze mal anzuschauen. Wer den „Ring” kennt, hat wiederum Spaß an der Umsetzung und entdeckt hier und da einen „Insider”-Witz. Manch Wagnerianer nimmt seine Wagner-unerfahrenen Freunde mit in unsere Inszenierung und hört sich dann bei einem Glas Wein das „Best-of” an.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

Jolanta Łada-Zielke, 14. Februar 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Die weiteren Mitwirkenden:

Musikalische Leitung: Amy Brinkman-Davis, Makiko Eguchi
Autorin: Susann Oberbacker

Interview: Inken Rahardt, „Semiramis – Wie geht Karriere?“ Opernloft Hamburg, 21. November 2021

 

Semiramis – Wie geht Karriere?, Opernloft im Alten Fährterminal Altona, 21. November 2021

Carmen, nach Georges Bizet, Opernloft Hamburg

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert