Italienische Opernwochen 22/23
Staatsoper Hamburg, 4. und 5. März
Giacomo Puccini, Tosca
Gaetano Donizetti, Lucia di Lammermoor
Foto: Oleksiy Palchykov ©
von Andreas Schmidt
Die Hamburgische Staatsoper, von Schönheit nicht umhüllt, lädt ein zu den Italienischen Opernwochen 22/23.
Da könnte viel gehen. Es geht aber nicht alles.
Nicht einmal das Jahrtausendwerk „Tosca“ ist ausverkauft am Samstag.
5 Prozent Leerstand.
Bei „Lucia di Lammermoor“ am Sonntagnachmittag bleiben 35 Prozent der frei verkäuflichen Plätze frei.
Hamburg zählt 1,9 Millionen Einwohner – wie Wien.
In der Metropolregion HH leben mindestens 3,5 Millionen Einwohner.
Und die Macher und Lenker und Denker der Staatsoper Hamburg schaffen es nicht, bei dem meist verkauften Opern-Event der Saison den Saal zu füllen.
In Wien wäre die Hütte voll.
In Hamburg nicht.
Kein Wunder:
Bei Tosca vor allem und bei Lucia etwas regiert auch Mittelmaß.
En bref:
Bei Tosca überzeugt nur eine Stimme: Die des Andrzej Dobber. Der polnische Bassbariton brilliert mit Tiefe, Männlichkeit und Stärke… als Scarpia.
Dzienkuje bardzo!
Natalya Romaniw als Floria Tosca und Marcelo Puente als Mario Cavaradossi sind zweifelslos gut – aber nicht mehr – und zeigen jeweils mit ihrem – bisweilen nervenden – Dauervibrato, dass sie keine SEHR guten Sänger sind.
Bei „Lucia di Lammermoor“ von Gaetano Donizetti hören wir eine technisch astreine, aber mitnichten berührende Ana Durlovski als Lucia.
Hat mir nicht gefallen, pardon, madame.
Kartal Karadedik als Lord Enrico Ashton ist ein wunderbarer Bassbariton, der berührt, verführt, der glänzt durch Stärke, die niemals enerviert… der glänzt durch Feinheit, die verzaubert. Kartal, Sie werden immer besser!
Seien Sie mal bitte ein Wanderer und verzaubern Sie die besten Bühnen.
Raimondo Bidebent, verkörpert durch den Bass George Andguladze, war exellent. Was für eine raumfüllende Tiefe, eine männliche Bassvollkommenheit dieser junge Mann schon hat… oh, ja, den sehen wir bald auf großen Bühnen wieder, diesen George. Vielen Dank, das war sehr, sehr gut!
SIE WAREN THE KING OF THE EVE: Oleksiy Palchykov als Sir Edgardo di Ravenswood. Sie sind ein Tenor von edler Klasse. Ihre Strahlkraft ist erhaben. Sie bringen die Herzen zum Pochen, Sie beseelen. Sie verzaubern.
Sie sind ein richtiger Tenor.
Frank und frei.
Ich möchte Sie gerne wieder-wieder-hören. Sie kommen aus Kiev, aus der Ukraine. Sie sind Ensemblemitglied der Staatsoper Hamburg seit 2017/18.
Behalten Sie bitte Ihren Glanz und verheizen Sie sich nicht mit unnötigen Interviews und drittklassigen CD-Aufnahmen.
Danke! Spacibo!
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Am Montag um 11 Uhr stellen die Noch-Macher der Staatsoper HH das Programm der Staatsoper Hamburg vor… Die Nachfolger kommen – zum Glück.
Die Ära Delnon / Nagano hatte zu wenig Verve, keine Power.
Kent Nagano ist trotz seines hervorragend bezahlten Jobs fast nie in der Hansestadt. Paris, San Francisco – das sind seine präferierten Sehnsuchts- und Bleibeorte. Zudem hatte der US-Amerikaner mit japanischen Wurzeln nie die richtige Hingabe für die hamburgischen Häuser Elphi und Staatsoper Hamburg. Sorry, Mr. Nagano, Sie haben das hier musimäßig mehr oder weniger runtergedudelt. Schlecht war es nicht. Gut nicht immer. Sehr gut fast nie.
Der Intendant Georges Delnon (wir sind Nachbarn) ist ein herzensguter Mensch. Das Amt des Staatsopernintendanten war 8 Nummern zu groß für den Schweizer. Vielleicht geben Sie und Herr Negano ja noch mal ordentlich Gas, bevor die Lichter an der Dammtorstraße für Sie ausgehen. Und bitte kleiden Sie sich dem Haus und Ihrer Aufgabe gemäß für die letzten Monate akkurater. Zerrissene Hosen und Labber-T-Shirts sind für einen Mann, Baujahr 1958, mit Verlaub lächerlich.
Andreas Schmidt, 5. März 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Fidelio, Ludwig van Beethoven Staatsoper Hamburg, 25. Oktober 2022