Es ist Liebe – Madoka Sugai und Alexandr Trusch adeln Cathy Marstons Jane Eyre-Choreographie

Jane Eyre, Ballett von Cathy Marston  Staatsoper Hamburg, 8. Dezember 2023

Alexandr Trusch überreicht Madoka Sugai den zweiten Blumenstrauß (Foto RW)

Alexandr Trusch und Madoka Sugai lassen die von mir an den Pas de deux geübte Kritik vergessen. Bei diesem Paar passt einfach alles. Das Pantomimische verschmilzt mit der tänzerischen Darstellung. Und wenn Jane am Ende zu Rochester zurückkehrt, ist es ein von beiden Seiten tief empfundenes Glück, welches ihnen die Liebe gibt. Klingt kitschig, ist es aber nicht.

Jane Eyre
Ballett von Cathy Marston nach dem Roman von Charlotte Brontë

Bühnenbild und Kostüme: Patrick Kinmonth
Musikarrangement und Originalkomposition von Philip Feeney unter Verwendung von Musik von Fanny Hensel, Felix Mendelssohn Bartholdy und Franz Schubert

Die alternative Besetzung mit Madoka Sugai und Alexandr Trusch

Staatsoper Hamburg, 8. Dezember 2023

von Dr. Ralf Wegner

Ida Praetorius und Karen Azatyan mögen vor drei Tagen tänzerisch und darstellerisch den Romanfiguren in Charlotte Brontës Roman mehr entsprochen haben, Madoka Sugai und Alexandr Trusch gelang gestern Abend aber eine darüber hinaus weisende exemplarische Interpretation zweier Liebenden, die manchen Kommentar in meiner vorherigen Rezension erübrigt.

Die Frage, warum sich Rochester in die Hausgouvernante verliebt, stellte sich bei Truschs Darstellung überhaupt nicht. Er ist der tänzerisch geschmeidig-elegante, von einer dunklen Vergangenheit, wie bei Azatyan, kaum umwölkte Herr auf Thornfield, der mit tiefem Herzen liebt und diese Liebe ausstrahlt. Alexandr Trusch und Madoka Sugai lassen jede von mir an Marstons Pas de deux geübte Kritik vergessen. Bei diesem Paar passt einfach alles. Die Pantomime im Versöhnungs-Pas de deux fällt überhaupt nicht mehr auf, sie verschmilzt völlig mit der tänzerischen Darstellung beider Protagonisten.

Schon vor dem ersten, dem weißen Pas deux mit Trusch explodiert Madoka Sugai in einem kurzen Solo tänzerisch vor Liebessehnsucht und mit expressiver Begierde auf den von ihr als gleichrangig erlebten Mann. Selbst der spätere Pas de deux mit Christopher Evans als St. John Rivers wirkt nicht mehr so steif wie in der Voraufführung. Und wenn Jane danach zu Rochester zurückkehrt, ist es ein von beiden Seiten tief empfundenes Glück, welches ihnen die Liebe gibt. Klingt kitschig, ist es aber nicht.

Auch in dieser Aufführung löst sich Jane am Ende von Rochester. Bei Sugai wirkt es aber nicht wie das befriedigende Wissen um einen Mann, der jetzt auf sie, und sie nicht auf ihn angewiesen ist, wie ich es bei Ida Praetorius empfunden hatte. Sugai schreitet nach vorn im Bewusstsein, ihren Lebensweg durchmessen zu haben. Sie setzt eine Metapher: Der Tod hat für sie seinen Schrecken verloren.

Lormaigne Bockmühl (Adèle Varens), Silvia Azzoni (Mrs Fairfax), Charlotte Larzelere (Bertha Mason), Madoka Sugai (Jane Eyre), Alexandr Trusch (Edward Rochester), Lin Zhang (Junge Jane), Christopher Evans (St John Rivers), Xue Lin (Blanche Ingram) (Foto: RW)

Auch andere Rollen waren neu besetzt. Charlotte Larzelere steigerte sich furios in die Rolle der irren Bertha Mason hinein, eine schöne Leistung. Alessandro Frola wirkte als Mr. Brocklehurst mit seiner kerzengeraden, fast leicht nach hinten gebeugten Haltung und der für ihn typischen, erhöhten Dreh- und Bewegungsgeschwindigkeit, selbst wenn es sich nur um ein Zucken des Armes oder eine leichte Drehung des Kopfes handelt, noch mephistofelischer als Matias Oberlin. Die erst 21-jährige Lin Zhang tanzte die junge Jane, nicht ganz so widerborstig wie die erfahrenere Ana Torrequebrada. Lormaigne Bockmühl war wieder als Tochter des Hausherrn und Greta Jörgens als Helen Burns besetzt, Xue Lin tanzte Blanche Ingram und Silvia Azzoni erneut Mrs Fairfax.

Am Ende gab es großen Jubel mit stehenden Ovationen sowie Blumen für Silvia Azzoni, Alexandr Trusch und Madoka Sugai.

Dr. Ralf Wegner, 9. Dezember 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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