Beethovens Konzert für Violine und vier klingelnde Handys debütieren in der Elphi

Janine Jansen, Violine, DKB und Paavo Jävi,  Elbphilharmonie Hamburg, 11. Mai 2025

Foto: Janine Jansen (c) Marco Borggreve

Musikalisch beherrsche Janine Jansens packendes Beethoven-Konzert einen allesamt umjubelten Konzertabend mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen. Auch die vier klingelnden Handys konnten an der künstlerischen Exzellenz im teuersten Konzertsaal der Welt nichts ändern.

Janine Jansen, Violine
Paavo Jävi, musikalische Leitung

Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen

Werke von Ludwig van Beethoven und Franz Schubert

Elbphilharmonie Hamburg, 11. Mai 2025


von Johannes Karl Fischer

Eigentlich müsste man an dieser Stelle erstmal Janine Jansens völlig singulär begeisterndes Musizieren loben. Mit ihrem einzigartig passionierten, eifrigen Spiel tanzte die Göttin der Geige durch das Beethoven Konzert und führte das Publikum mit in die feurige, locker-flockige Energie und Emotion dieser Musik. Auch das Orchester nahm sie musikalisch an die Hand, insbesondere im dritten Satz ließ sie die spaßigen, mitreißenden Melodien völlig mühelos durch den Saal fegen!

Das eigentliche Ereignis des Abends war aber ein anderes, leider nicht zum Positiven. Denn während Frau Jansens etwa fünzigminütigem, sensationellem Auftritt – Zugabe inklusive – klingelten nicht zwei, nicht drei, nein, gleich vier allesamt weder in Beethovens noch Bachs Noten vorgesehene Handys! Man kann nun darüber streiten, wie sehr einen das persönlich stört, aber an kaum einem anderen Klassik-Konzertort dieser Welt erklingen so viele nicht in der Musik vorgesehene elektronische Instrumente im Publikum wie in der Hamburger Elbphilharmonie.

2012 in New York unterbrach der heutige Chefdirigent des NDR Elbphilharmonie Orchesters, Alan Gilbert, wegen eines klingelnden Handys den Schlusssatz von Mahlers neunter Sinfonie. Das waren übrigens Zeiten, in denen Krystian Zimerman Karol Szymanowskis h-Moll-Variationen aus Protest gegen einen handyfilmenden YouTube-Aufzeichner unterbrach.

Kaum ein Elphi-Konzert würde mit so einem – der Musik zuliebe eigentlich berechtigtem – Anspruch an das Publikum ungestört zu Ende gehen. Auch heute leuchtete in einer der vorderen Reihen (!) ein Handybildschirm hell und klar in die Augen der dahinter sitzenden Gäste zu Beginn der zweiten Konzerthälfte. Ob der entsprechende Besucher gefilmt hat, ich weiß es nicht. Es wäre in diesem Saal aber nicht das erste Mal.

Frau Jansen nahm auch die zum vierten Mal klingelnden Telefontöne, welche die selige Ruhe ihrer zauberhaft gespielten Bach-Partita störten, mit einem Lächeln auf und hielt selbst durch alle Störgeräusche die Magie dieser Musik sensationell aufrecht!

Insgesamt wurde dieses Beethoven-Violinkonzert dennoch zu einem glorreichen Triumphzug der klassischen Geigenkunst. In semi-historischer Besetzung spielend legte das Orchester die kraftvolle Einleitung mit viel leichter Luft in den Saal, das Oboensolo strahlte wie eine holde Alpenaue über die Bühne. Ohne eine Spur der mit diesem Konzert oft herbeigebrachten fast schon überrollenden Romantikklänge trug die Solistin die zu Zeiten der Uraufführung als unspielbar geltende Solopartie ausdrucksvoll auf ihren Schultern. Ihr voller, passionierter Ton strahlte durch die Ränge und beflügelte Orchester wie Publikum. Stehende Ovationen waren die verdiente Folge!

Paavo Jarvi (c) Kaupo Kikkas

Paavo Järvis äußerst zurückhaltendes Dirigat wirkte da fast schon ein wenig überflüssig, Frau Jansen führt auch das Orchester unangefochten souverän durch das monumentale Beethoven-Werk. Umso souveräner gelang Herrn Järvi Schuberts Tragische Sinfonie nach der Pause. Mit einer nahezu Haydnhaften, humorvollen Leichtigkeit ließ er die emotional intensiven Melodien aus den Saiten springen, die Trompeten tönen und die Pauken schallen. Das Orchester federte mit sichtbarer Begeisterung durch diese gar nicht so tragische Musik – der Beiname ist wohl einer Hommage an sein großes Vorbild Beethoven – und ließ die frühromantischen Klänge sanft in die musikalische Seele sinken. Die Bläser spielten ihre Soli mit makelloser Präzision, die Streicher stürzten sich vor allem im kecken Menuetto eifrig in ihre Partien. So macht selbst Schubert Spaß!

Musikalisch war es ein umjubelter wie großartiger Abend! Vor allem Janine Jansen brillierte mit ihrer völlig einzigartigen packenden Geigenkunst, auch die Bremer Kammerphilharmonie habe ich noch nie so gut in Form gehört. Wären da nur nicht diese vier klingelnden Handys gewesen…

Johannes Karl Fischer, 12. Mai 2025 für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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