Tugan Sokhiev © Tobias Hase
Johann Strauss – Festkonzert zum 200. Geburtstag des Komponisten
Werke von Johann Strauss (Sohn) und Georg Breinschmid
Nikola Hillebrand, Sopran
Barbara Laister-Ebner, Zither
Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien
Wiener Philharmoniker
Dirigent: Tugan Sokhiev
Musikverein Wien, 25. Oktober 2025
von Herbert Hiess
Am 25. Oktober 1825 wurde Johann Strauss (Sohn) in Wien im 8. Bezirk, in der Lerchenfelder Straße 15, geboren. Und am Tag genau 200 Jahre später konnte man im Musikverein eine phantastische Referenz zu seinem Geburtstag erleben. Und so nebenbei erlebte man Maestro Sokhiev als idealen Dirigenten der Wiener Walzer- und Polkamusik, der sich damit die Eintrittskarte für die Neujahrskonzerte ausstellt.
Dieses Geburtstagskonzert schaffte auch die Möglichkeit, die Wiener Philharmoniker bei einem Strauss-Konzert Abend abseits des Neujahrskonzertes zu erleben; und das mit einer speziellen Programmauswahl, die man so bisher noch nicht am 1. Jänner erleben konnte.
Angefangen mit einer exzellent gespielten und dirigierten Ouvertüre zur Operette „Indigo und die 40 Räuber“. Da bewies Maestro Sokhiev schon seine Affinität zu der Strauss’schen Musik. Hier schöpfte er von dem großartigen Klangpotential der ebensolchen Philharmoniker.
Bewundernswert die Rubati und Übergänge, die diesen Werken ihre Würze verleihen. Und ebenso bewundernswert mit welcher Freude und Hingabe das Orchester des Maestros Zeichen folgen – da spürte man die märchenhafte Erzählung dieser fast abstrusen Geschichte.
Danach „Lob der Frauen“ – die Polka Mazur zur Huldigung der Damenwelt, deren teilweise Schwermut die Philharmoniker berückend hören ließ.
Und danach der erste Hit; nämlich der Walzer „Geschichten aus dem Wienerwald“, deren symphonische Einleitung schon ein Ereignis war – und natürlich das berühmte Zithersolo, hervorragend gespielt von Barbara Laister-Ebner, das einen direkt in einen „Schanigarten“ an einem Sommerabend versetzte (Anm. „Schani“ ist die wienerische Bezeichnung des Namens Johann) – Johann Strauss wurde und wird auch oft mit diesem Namen bezeichnet. Das Stück besteht aus fünf Walzern, wo man viele berühmte Melodien hören kann. Unter anderem auch „S’gibt nur a Kaiserstadt, s’gibt nur a Wien“. Sehr berührend auch der elegische Schluss des Walzers.
Und danach als Besonderheit der Walzer „Wein, Weib und Gesang“; deswegen besonders, weil man den Walzer diesmal mit Männerchor hören konnte. Inhaltlich ist der Text fast entbehrlich; aber beeindruckend der Chorsatz, welchen der Chor exzellent interpretierte. Und ebenso aufschlussreich, wie Maestro Sokhiev genau auf die Diktion und Transparenz achtete.
Nach der Pause inspirierte die „Festquadrille“ das Publikum, um danach die Hommage „Schani 200“ als Uraufführung zu hören.

Ein interessantes Werk, das vielleicht nicht immer das sogenannte „Wienerische“ vermittelte, wie der Komponist Breinschmid im Interview im Programmheft erzählte. Aber ausgezeichnet instrumentiert; es begann mit einem intensiven Pizzicatoteil, der sich immer mehr zu einem symphonischen Opus entwickelte. Strauss war recht selten zu hören; vielmehr natürlich die Musik des Komponisten. Das Werk war mit vielen Violinsoli versehen, die von Konzertmeister Volkhard Steude wie gewohnt hochvirtuos gespielt wurden.
Breinschmid war von 1996 – 1998 selbst Mitglied als Kontrabassist bei den Philharmonikern. 1996 gab es (natürlich subjektiv gemeint) unter Lorin Maazel eines der besten Neujahrskonzerte überhaupt. Das hätte für den Komponisten auch ein Anknüpfungspunkt sein können.

Danach der „Frühlingsstimmenwalzer“ mit der entzückenden Koloratursopranistin Nikola Hillebrand, die mit intensiver Musikalität silberne Töne versprühte.
Danach der musikalische Scherz „Perpetuum Mobile“ und als Zuckerl der „Donauwalzer“ in der Fassung für gemischten Chor und Orchester.
Wie beim „Wein, Weib und Gesang“ auch ein eher belangloser Text – der hervorragende Chorsatz und philharmonische Goldklang unter Sokhiev jedoch ließ diesen Walzer als krönenden Abschluss (des offiziellen Teils) erklingen.
Deswegen weil das Orchester als Zugabe NICHT den „Radetzkymarsch“ spielte, sondern die Polka schnell „Vergnügungszug“, die ein idealer „Rausschmeißer“ für das Publikum war.
Über die Wiener Philharmoniker braucht man nicht viel erzählen; aber hier zeigte sich wieder der Beweis, warum das Orchester verstärkt mit dem Dirigenten Sokhiev zusammenarbeitet.
Er ist ein grundsolider, hochmusikalischer und intensiver Musiker, dem man seine Freude an der Musik anmerkt. Und vielleicht besteigt Maestro Sokhiev in absehbarer Zeit das Podium am 1. Jänner zum Neujahrskonzert!
Herbert Hiess, 28. Oktober 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Martha Argerich, Wiener Philharmoniker, Tugan Sokhiev Musikverein Wien, 23. September 2025
Auf den Punkt 30: Tugan Sokhiev klassik-begeistert.de, 1. November 2024