Nixon in China © Thomas Aurin
Aber auch der Rest des Ensembles lieferte souveräne Leistungen. Das Resultat war eine bemerkenswert konzentrierte und stimmige Realisierung von Adams’ Partitur, die eindeutig den Sieg über eine unsinnige und destruktive Regie davontrug.
John Adams
Nixon in China
Musik von John Adams
Libretto von Alice Goodman
Uraufführung am 22. Oktober 1987 an der Houston Grand Opera
Premiere an der Deutschen Oper Berlin am 22. Juni 2024
Musikalische Leitung: Daniel Carter
Künstlerische Leitung: Hauen und Stechen
Regie: Franziska Kronfoth, Julia Lwowski
Bühne: Yassu Yabara
Kostüme: Christina Schmitt
Video, Live-Kamera: Martin Mallon
Licht: Henning Streck
Deutsche Oper Berlin, 4. Juli 2024
von Peter Sommeregger
Die den Staatsbesuch Richard Nixons 1972 in Peking schildernde Oper, 1987 in Houston uraufgeführt, hat sich seither die Opernbühnen der Welt erobert, und ist eines der wenigen neueren Werke des Musiktheaters, das sich nachhaltig im Repertoire etablieren konnte.
Nach einer konzertanten, halb szenischen Aufführung in der Berliner Philharmonie hat das Werk nun endlich auch den Weg auf eine der Opernbühnen der Stadt gefunden. Die Freude darüber schlägt aber schnell in Ärger um, da man die Oper zwar zu hören bekommt, aber mit einer Inszenierung konfrontiert ist, die alle negativen Klischees über das aktuelle Musiktheater bestätigt, ja noch weit übertrifft.
Mit einer bemerkenswerten Überheblichkeit äußert sich das Theater- Kollektiv Hauen und Stechen in Person der beiden Regisseurinnen Franziska Kronfoth und Julia Lwowski im Programmheft in einer Weise, die Schlimmes befürchten lässt. Dass diese Befürchtungen dann noch weit übertroffen werden, wirft einmal mehr die grundsätzliche Frage auf, was Regie eigentlich darf. Werktreue und Verfremdung bilden die Gegenpole, aber Letzterer sollte man vielleicht Grenzen setzen.
Es ist Mode geworden, Opern so stark zu verändern, dass die ursprüngliche Handlung und der gesungene Text nichts mehr mit dem zu tun haben, was man auf der Bühne sieht. Das führt unweigerlich zu einer Beliebigkeit der theatralischen Aktionen, die einem die jeweilige Aufführung verleidet.
Im Fall von John Adams’ Oper wird die historisch korrekt erzählte Handlung mit einem Overkill abstruser Einfälle illustriert, die schnell zu nerven beginnen. Im Verlauf des Abends empfand ich die teilweise verstellte Sicht auf die Bühne durch einen Sitzriesen in der Reihe vor mir mehr als Segen denn als Fluch. Nicht wenige Zuschauer verfolgten den Abend mit geschlossenen Augen, um der penetranten Selbstdarstellung des Regieteams zu entgehen.
In krassem Gegensatz zum Scheitern der Regie stand die hervorragende musikalische Realisierung. Unter Daniel Carters musikalischer Leitung lieferte das Orchester der Deutschen Oper eine große, überzeugende Leistung. Äußerst klug ging man bei der Besetzung der Rollen vor.
Die Deutsche Oper hat mehrere amerikanische Sänger in ihrem Ensemble, die für die englisch gesungene Aufführung prädestiniert waren. So konnten Thomas Lehman und Heidi Stober als Richard und Pat Nixon voll überzeugen, auch Seth Carico als Henry Kissinger gefiel mit authentischer Darstellung. Als Mao Tse-tung war der Chinese Ya Chung-Huang zu hören, als seine Frau Hye-Young Moon.
Aber auch der Rest des Ensembles lieferte souveräne Leistungen. Das Resultat war eine bemerkenswert konzentrierte und stimmige Realisierung von Adams’ Partitur, die eindeutig den Sieg über eine unsinnige und destruktive Regie davontrug.
Peter Sommeregger, 6. Juli 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
John Adams, Nixon in China, Staatsoper Stuttgart, 3. Mai 2019
Richard Wagner, Tristan und Isolde Deutsche Oper Berlin, 30. Juni 2024