Joyce DiDonato vergoldet mit der Arie der Dido von Purcell einen wunderbaren Abend in der Philharmonie in Luxemburg

Joyce DiDonato: Dido and Æneas  Luxemburg, Philharmonie, 31. Januar 2024

Joyce DiDonato © Salva López

Joyce DiDonato ist seit Jahren ein regelmäßiger und gern gesehener Gast in der Philharmonie in Luxemburg. In einem kurzweiligen Abend verweilt sie dieses Mal mit der Oper “Dido and Æneas” von Henry Purcell. Im ersten Teil des Abends wird das Oratorium “Jephte” von Giacomo Carissimi aufgeführt. Orchester und Chor “Il Pomo d’Oro” stehen unter der fulminanten Leitung von Maxim Emelyanychev.

Giacomo Carissimi (1605 – 1674)
Jephte

Andrew Staples Jephte
Carlotta Colombo Filia

Henry Purcell (1659 – 1695)
Dido and Æneas
Oper in drei Akten (Libretto: Nahum Tate)

Andrew Staples Æneas
Joyce DiDonato Dido
Rowan Pierce Belinda
Beth Taylor Sorceress
Hugh Cutting  Spirit
Carlotta Colombo Second Woman
Massimo Altieri Sailor
Alena Dantcheva  First Enchanteress
Anna Piroli Second Enchanteress

Musikalische Leitung & Cembalo: Maxim Emelyanychev

Il Pomo d’Oro
Il Pomo d’Oro Choir

Konzertante Aufführung

Luxemburg, Philharmonie, 31. Januar 2024

von Jean-Nico Schambourg

Zentrales Thema dieses Abends ist, neben dem Auftritt von Joyce DiDonato, “das Lamento als zentraler Moment dramatischen Singens” (vgl. Programmheft-Silke Leopold). Beide Werke vereint an diesem Abend der Klagegesang zweier Frauen, die dem Tode geweiht sind: eine aus Treue zu ihrem Vater, die andere aus Verzweiflung über die verlorene Liebe, aber auch vielleicht aus Treue zur dieser.

Das halbstündige, auf Latein gesungene Oratorium von Giacomo Carissimi erzählt die Geschichte von Jephta, der Gott geschworen hat, im Falle eines Sieges gegen die Ammoniter, ihm als Dank den ersten Mensch zu opfern, den er nach der Heimkehr von der Schlacht erblickt. Zu seinem Entsetzen ist dies seine Tochter. Diese will sich dem Opfer nicht entziehen, erbittet aber von ihrem Vater die Gunst, sich zwei Monate in die Berge ziehen zu dürfen, um ihre Jungfräulichkeit zu beweinen.

Andrew Staples gibt mit klagender Stimme den Jephta. Seine Tochter wird gesungen von Carlotta Colombo, die den Klagegesang der Tochter, den Lamento, auf berührende Art und Weise dem Zuhörer vermittelt.

Im Hauptteil des Abends, Purcells Oper “Dido and Aeneas”, tritt dann Joyce DiDonato in Erscheinung. Vom ersten Ton an zieht sie das Publikum in ihren Bann. Mit berührendem Klang drückt sie Didos Ängste gegenüber den Liebesbekundungen von Aeneas aus (“Ah Belinda, I’m pressed with torments”). Dabei schwebt ihre Stimme mühelos durch den großen Saal der Philharmonie. Später, beim Abschied von Aeneas, weist sie diesen mit fester, gebieterischer Stimme schroff zurück, auch als dieser, gegen den Willen der Götter, bei ihr bleiben will: Er hat gewagt an eine Trennung von ihr zu denken!

Aber natürlich ist die berühmte Arie der Dido “When I am laid in earth” am Schluss der Oper der Höhepunkt des Abends. Und hier kommen die Zuhörer voll auf ihre Kosten: herrlich wie die Stimme von Joyce DiDonato daher fließt und Didos Lamento mit ergreifender Traurigkeit ausfüllt. In diesen fünf Minuten vergoldet sie einen, bis dato schon, außergewöhnlichen Konzertabend.

An diesem Erfolg haben aber auch die anderen Interpreten alle großen Anteil. An erster Stelle sei Rowan Pierce genannt. Eingesprungen für die erkrankte Fatma Said, singt sie mit reiner, frischen Sopranstimme eine anmutige Belinda. Andrew Staples drückt mit klarer, heller Stimme die Zerrissenheit Æneas zwischen Liebe und Pflicht aus. Beth Taylor legt die ganze Bosheit der Zauberin in ihre üppige Mezzostimme. In ihrer großen Szene wird sie dabei schauspielerisch und gesanglich toll unterstützt von den beiden Chorsängerinnen Alena Dantcheva und Anna Piroli. In seiner kurzen Intervention läßt Hugh Cutting mit prächtigem Countertenor aufhorchen. Wie schon im ersten Teil überzeugt Carlotta Colombo in ihrer kurzen Rolle als “Second Woman”, genauso wie Chorsänger Massimo Altieri als Seemann.

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Vlnr: Carlotta Colombo, Rowan Pierce, Joyce DiDonato, Maxim Emelyanychev, Andrew Staples Foto Jean-Nico Schambourg

Die musikalische Leitung des Abends liegt in den Händen von Maxim Emelyanychev, der vom Cembalo aus das Ensemble “Il Pomo d’Oro” mit viel Schwung und Präzision leitet. Dieses, auf historische Aufführungspraxis geschulte Orchester, besticht durch seine Dynamik und authentischen Klangfarben. In kleiner Besetzung für das Oratorium von Carissimi, trumpft das ganze Ensemble gleich in der Ouverture zur Oper von Purcell mit viel Power auf. Diese Dynamik begeistert den Zuhörer auch Anfang des zweiten Aktes, wo im “Prelude for the witches” ein regelrechtes orchestrales Gewitter aufzieht (großartig hier Koen Plaetinck an der Perkussion). In den lyrischen Momenten, wie zum Beispiel der Schlussarie der Dido, unterlegt das Ensemble den Sängern einen feinen, zarten Klangteppich.

Noch mehr begeistert mich allerdings der Chor “Il Pomo d’Oro Choir”. Wunderbar homogener Chorklang, außergewöhnlich klare Diktion sind nur zwei Attribute die man von diesem Chor hervorheben kann. Auch die Qualität der einzelnen Stimmen ist beeindruckend, was man zuerst im Oratorium von Carissimi in den vielen solistischen Einlagen der Choristen bewundern kann. Auch wenn es sich um eine konzertante Aufführung handelt, nimmt der Chor aktiv an der Handlung teil und tritt auch schauspielerisch in Erscheinung, in Einzel- und Gruppenszenen.

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