Junge Deutsche Philharmonie, Stefan Dohr © Daniel Dittus
Junge Deutsche Philharmonie Stefan Dohr Horn
Andreas Becker Horn
Florian Gamberger Horn
Daniel Schimmer Horn
Jonathan Nott Dirigent
PROGRAMM György Ligeti
Hamburgisches Konzert für Horn und Kammerorchester
Antonín Dvořák
Sinfonie Nr. 8 G-Dur op. 88
– Pause –
Minas Borboudakis
Z Metamorphosis für Orchester
Robert Schumann
Konzertstück für vier Hörner und großes Orchester F-Dur op. 86
Elbphilharmonie, 29. März 2023
von Harald Nicolas Stazol
Verständnisvoll, liebevoll, fast zärtlich dirigiert Jonathan Nott – er selbst kein gerade unbeschriebenes Blatt rein musiktechnisch – die „Junge Deutsche Philharmonie“, das Stück des György Ligeti seinem „Hamburgischen Konzert für Horn und großes Orchester“, das auch dem hervorragenden Hornisten Stefan Dohr Höchstleistung abverlangt. Allein, man hofft eben, dass sie alles richtig machen, denn es liegt nicht in meinem Ermessen, herauszuhören, ob sie falsch spielen, das ganze Werk ist ja dann doch sehr dissonant…
Aber halt, da ist ja die 8. von Dvořák, dieses von Bauernweisen und Volksliedern so überströmende Stück, das der mit Tschaikowsky innig Befreundete für die ihm avisierte Russland-Tournee einfach mal neu zu Papier bringt, ja, damals war die Welt noch in Ordnung – „Ich habe ein Violinkonzert, eines für Cello, 7 Symphonien, aber das ist ja alles nichts neues?“
Ach die Verve, die Hingabe, die Energie der Jugend, unverdorben, aufs Äußerste trainiert, auch unschuldig, dieses eben so jungen Symphonieorchesters, allein die Konzertmeisterin Bodam Lee, die ja bei dem Tschechen manchen Solopart hat, aber auch die Flöten, Minjin Cho, Sonia Pais und Chaeyeon You, ganz lyrisch allesamt, man kann mit Fug und Recht behaupten, die jungen Laute haben sich nicht zu verstecken, außer vor dem Tschechischen Nationalorchester, und das ist ja mitnichten Schande?
„Obermodern, der Mann lebt ja noch“, raunt mir meine Nachbarin zu, ach was, sie muss es fast schreien, trampelt doch schon das ganze Orchester und wir alle vor Begeisterung, steht er doch auf inmitten des ausverkauften Hauses, Minas Bourboudakis, Jahrgang 1974, und ich schreie zurück, „Es müssen doch nicht nur Tote zur Aufführung kommen?“ Der Hintergrund des Ganzen, der „Z Metamorphosis“, ist seine Suite zu seiner Oper Z, im gesprochenen „Zi“ im griechischen, das „Er lebt!“ bedeutet. Erkennungszeichen der Opposition als Grußformel, da hat die Militärdiktatur der Hellenen von 1967-1974 – man fliegt auch die Mutter des Prinzen Philip aus, nur ganz nebenbei, so prekär und gefährlich ist die Lage – als der Oppositionelle Grigoris Zambrakis ’63 von der Junta nach einer liberalen Rede einfach mal zu Tode gefahren wird.
Dann Schumann, das „Konzertstück für vier Hörner“, von der Neuerung der Hörner mit Ventilen war der Komponist derart begeistert, dass er die Skizzen dazu in nur drei Tagen niederschreibt, zur Freude unser aller nun, er selbst nennt es hält es gewissermaßen nur für eine Grille.
Und dann geht der Dirigent, erfüllt von Hingabe an die Jugend, mitten durch die Darbietenden, um die einzelnen Virtuosen, oder die, die es noch werden, zum Applaus einzeln oder als Grüppchen aufstehen zu lassen.
Im Ganzen, trotz der Reserviertheit, die ich der „Berliner Morgenpost“ entnehmen muss, dort gastierte man Vorabends, nun, ich kann mich der Meinung des geschätzten Kollegen einfach nicht anbequemen.
Ich jedenfalls fand’s super.
Harald Nicolas Stazol, 30. März 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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