Alte Musik voller Leben! –
Bei Anna Vinnitskaya funkelt und strahlt jeder Ton wie eine Perle im Sonnenlicht!

Kammerakademie Potsdam, Elbphilharmonie Hamburg, 9. Mai 2018

Foto: Marco Borggreve (c)

Kammerakademie Potsdam, Elbphilharmonie Hamburg, 9. Mai 2018

Kammerakademie Potsdam
Anna Vinnitskaya
Klavier
Ljupka Hadziegeorgieva, Klavier
Evgeni Koroliov, Klavier

»Bach für 2 & 3 Klaviere«

Johann Sebastian Bach
Konzert für drei Klaviere d-Moll BWV 1063
Konzert für Violine, Streicher und Basso continuo f-Moll BWV 1056
Konzert für zwei Klaviere c-Moll BWV 1060
Konzert für zwei Klaviere c-Moll BWV 1062
Konzert für Violine, Streicher und Basso continuo g-Moll BWV 1058
Konzert für drei Klaviere C-Dur BWV 1064

von Sebastian Koik

Es ist ein sehr schönes und seltenes Vergnügen, ein Bach-Konzert mit drei Flügeln zu erleben. Und erst recht, wenn solch‘ wunderbare Künstler auf der Bühne stehen wie an diesem Abend in der Elbphilharmonie.

Es beginnt mit dem Konzert für drei Klaviere d-Moll BWV 1063. Alle Musiker, die Kammerakademie Potsdam und die drei Hamburger Meisterpianisten Anna Vinnitskaya, Ljupka Hadziegeorgieva und Evgeni Koroliov an den Flügeln begeistern mit einem ungemein lebendigen und musikalischen Vortrag und einem hör- und fühlbar großen Verständnis für die Musik von Johann Sebastian Bach. Der zweite Satz wirkt ein wenig wie ein Fremdkörper in diesem Konzert, passt nicht so recht zum ersten und dritten Satz, Spaß macht er trotzdem! Selbst wenn dieses erste Konzert des Abends vielleicht gar kein echter Bach ist. Musikwissenschaftler vermuten, dass diese drei Sätze ursprünglich nicht als ein Werk geschaffen, sondern nachträglich zu einem Konzert zusammengebastelt wurden. Teile davon entstammen vielleicht nicht einmal Bachs Feder.

Der Verfasser dieser Zeilen glaubt jedenfalls nicht, dass Bach diesen zweiten Satz komponiert hat. Er wirkt romantischer und später komponiert.

Anna Vinnitskaya hat im dritten Satz ein ganz exzellentes Solo voller Virtuosität, Tiefe und Zauber und beweist wieder einmal, dass sie zur Speerspitze der besten Pianisten der Welt gehört.

Im Konzert für Violine, Streicher und Basso continuo f-Moll BWV 1056 ist Anna Vinnitskaya die einzige Solistin. Und sie spielt ganz herausragend! Nicht nur sie, sondern auch das Orchester glänzen mit wunderbarem Timing, Spritzigkeit und Spannung.

Sensationell gut der zweite Satz voller Zärtlichkeit, Tiefe und Schönheit. Bei Anna Vinnitskaya funkelt und strahlt jeder Ton wie eine Perle im Sonnenlicht! Alle Musiker liefern einen ganz wunderbaren und perfekten Aufritt.

Ljupka Hadziegeorgieva und ihr langjähriger musikalischer Partner und Ehemann Evgeni Koroliov sind die beiden Solisten im Konzert für zwei Klaviere c-Moll BWV 1060. Es ist ein herrliches, mitreißendes Spiel. Die Streicher, bei denen die Geiger und Bratschisten den ganzen Abend sehr lebhaft im Stehen spielen, sind wunderbar auf Zack! So macht Bach Spaß! So macht Alte Musik Spaß! Alte Musik voller Leben!

Im zweiten Satz ist große friedvolle Innerlichkeit in der Musik. Den dritten Satz, sehr schnell und technisch anspruchsvoll, meistern die Streicher makellos. Den Ohrwurm aus dem dritten Satz hat man noch die ganze Pause lang im Ohr.

Kammerakademie Potsdam Foto: Stefan Gloede

Die zweite Hälfte des Abends beginnen die beiden Damen als Solisten mit dem Konzert für zwei Klaviere c-Moll BWV 1062. Nach dem beschwingten ersten Satz, wird es im zweiten Satz extrem zart, luftig-leicht. Die Musik schwebt! Es ist himmlisch. Wie Perlen an einer endlosen Schnur wirken die einzelnen Töne. Die Musik wirkt hier voller Zauber, wirkt so, als könnte, als würde sie ewig so weitergehen. Johann Sebastian Bach und die wunderbaren Interpreten an diesem Abend bringen ein Stück Ewigkeit in den Saal!

Der dritte Satz ist mitreißend. Das ist wunderbar. Bach vom Feinsten.

Die Klavierkonzerte Bachs sind bekannt, man bekommt sie oft zu hören, selten allerdings in einer solchen Qualität wie an diesem Abend. Sehr, sehr selten zu hören sind allerdings die beiden Konzerte für drei Klaviere, mit denen das Konzertprogramm beginnt und schließt.

Im Konzert für drei Klaviere C-Dur BWV 1064 sticht auch wieder Anna Vinnitskayas funkelndes Spiel heraus. Auch hier wirkt die Musik, als könnte sie ewig dauern. Keinen Moment kommt Langeweile auf. Wunderbar auch hier der langsame, zweite Satz. Die Interpreten geben ihm genau die Zeit, die die Musik braucht. Es ist, als atmeten die drei Solisten die Musik Bachs im Einklang, als seien sie eins. Wie Drillinge, eineiige Drillinge.

Und sie haben auch etwas von einer Familie, diese drei großen Tastenkünstler. Sie kennen sich schon lange: Das Künstler- und Ehepaar Kroliov/ Hadziegeorgieva tritt bereits seit den 70er Jahren gemeinsam auf, das Duo war Preisträger mehrerer internationaler Wettbewerbe. Und Anna Vinnitskaya könnte man hier als musikalische Ziehtochter betrachten, sie war Meisterschülerin bei Evgeni Koroliov an der Hamburger Hochschule für Musik und Theater, dem Ort, an dem sie inzwischen selbst seit einigen Jahren als Professorin wirkt.

Auch in der Vivaldi-Zugabe zeigt der wunderbare Klangkörper der Kammerakademie Potsdam seine unbändige Spielfreude.

Ein Abend voller Alter Musik. Ein Abend voller Leben!

Sebastian Koik, 12. Mai 2018,
für klassik-begeistert.de

 

 

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