Stefan Bonev © Shigeru Kawai
Mit einer Trilogie an musikalischen Feuerwerken von Beethoven, Chopin und nicht zuletzt Liszt setzt der rapide aufsteigende Ausnahmepianist Stefan Bonev ein dickes Ausrufezeichen in der Hamburger Alfred Schnittke Akademie. Fazit nach einem Feuerproben-Programm: Flügel und Pianist haben mit Bravour bestanden!
Alfred Schnittke Akademie Hamburg, 12. Juli 2024
im Rahmen der Kawai-Konzertserie 2024
Stefan Bonev, Klavier
Werke von Ludwig van Beethoven, Pjotr Iljitsch Tschaikowski/Пётр Ильич Чайковский, Frédéric Chopin, Claude Debussy und Franz Liszt
von Johannes Karl Fischer
Draußen erinnern einzig die in einem sommergrünen Garten der Alfred Schnittke Akademie zwitschernden Vögel an die aktuelle Jahreszeit – im Hamburg bleibt auch dieser Sommerfreitag nicht unverregnet – bringt in deren Räumlichkeiten der jungen Ausnahmepianist Stefan Bonev eine bunte, breit gefächerte musikalische Urlaubsreise zum Klingen.
Wie Weintrauben lässt der Ausnahmepianist der Nachwuchsgeneration die Läufe auf dem vielseitig klingenden Kawai-Flügel perlen, die Debussy-Prélude „Les collines d’Anacapri“ scheint einen klanglich in die süditalienische Insellandschaft zu versetzen. Mit der ganzen bunten Farbpalette des musikalischen Impressionismus malt er auf der Klaviatur drei ganz wunderbare Debussy-Vorspiele und lässt die lauwarmen Klänge im Raum umherschweben.
Was auf anderen Programmen das Highlight eines Klavierabends darstellen könnte, fungiert hier nur als musikalisches Amuse-Bouche vor den deftigen Klängen. Spektakulär stemmt der junge, preisgekrönte Klaviervirtuose Liszts h-Moll Klaviersonate aus den Tasten und lässt dieses hochtechnische Meisterwerk in all dessen Pracht erklingen. Mit beispielloser Brillanz stellt er die majestätischen Akkorde und blitzenden Arpeggi in den Saal und bringt die volle Kraft seines Instruments zum Strahlen. Auch die vielen melodischen Passagen dieser Musik zogen wie die kräftige Wassermasse eines reißenden Flusses durch den Saal, als würde ein auferstandener Franz Liszt hier seine Mammutwerke wie einen türmenden Baum aus dessen Wurzeln emporsteigen lassen.
Solch ein Werk stellt jeden Pianisten und jeden Flügel vor eine Feuerprobe: Beide erledigten diese mit Bravour und verabschiedeten sich siegessicher von der Bühne!
Ganz wunderbar steuerte das Programm auf diesen klangtechnischen Kraftakt hinzu und führte das Publikum von einem musikalischen Höhepunkt zum anderen. Schon mit Chopins Polonaise-Fantasie schien der Pianist seine Liebe zu dieser Musik in den Tasten auszutoben, als würde er seinen Flügel zu einem bewegten, leidenschaftlichen Tanz einstimmen.
Als Zwischenspiel glänzten zwei Sätze von Tschaikowskis Jahreszeiten, mit viel Ausdruck und Emotion ließ er die lyrischen Melodien aus den Saiten des Flügels singen. In der Ruhe liegt eben die Kraft… Für Pianist und Publikum eine wohltuende Ruhe zwischen zwei Spitzenwerken von Beethoven und Chopin.
Stichwort Beethoven… dessen Waldstein-Sonate an den Beginn eines solchen Abend zu positionieren, würde selbst die größten aller Pianisten vor eine musikalische Mutprobe stellen. Doch Stefan Bonev servierte auch diese Sonate mit viel Liebe zum Detail und Feingespür für jede einzelne der sehr zahlreichen Noten federleicht wie auf einem musikalisch Silbertablett. Den oft nahezu überwältigend energetisch gespielten Kopfsatz verwandelte er in zuckersüße Beethoven-Melodik, ehe er im Schlusssatz mit ebenfalls viel Gespür die ganze furiose Energie eines triumphierenden Klavier-Meisters aufblühen ließ. Ein kleiner Vorgeschmack auf das musikalische Feuerwerk to come…
Mit diesem äußerst ausgewogenen Programm hat sich Stefan Bonev einen Platz in der allerersten Spitzenklasse der pianistischen Nachwuchsspitzenliga verdient. Gleich mehrere musikalische Feuerwerke präsentierte er ebenso souverän wie die fein gewählten pianistischen Zwischengänge.
Diesem Pianisten steht hoffentlich eine ganz große Karriere bevor!
Johannes Karl Fischer, 13. Juli 2024 für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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