Kirill Petrenko © Stephan Rabold
Arnold Schönberg
Kammersymphonie Nr. 1
Die Jakobsleiter, Oratorium
Gabriel Wolfgang Koch
Ein Berufener Daniel Behle
Ein Aufrührerischer Wolfgang Ablinger-Sperrhacke
Ein Ringender Johannes Martin Kränzle
Der Auserwählte Gyula Orendt
Der Mönch Stephan Rügamer
Der Sterbende Nicola Beller Carbone
Die Seele Liv Redpath, Jasmin Delfs
Rundfunkchor Berlin
Kirill Petrenko
Philharmonie Berlin, 25. Januar 2024
von Peter Sommeregger
Der Komponist Arnold Schönberg, 1874 in Wien geboren, gehört zu den prominenten Jubilaren des Jahres 2024. Aufführungen seiner Werke finden zwar auch sonst nicht selten statt, aber in seinem Fall muss man die verstärkte Präsenz auf den Konzertprogrammen begrüßen, so kommen doch auch selten gehörte Stücke Schönbergs zur Aufführung.
Kirill Petrenko setzt an den Beginn des Konzertes die Kammersymphonie Nr. 1, ein Werk in dem Schönberg erstmals seinen neuen, komplexen Stil darlegt. Die kammermusikalische Vernetzung der 15 Instrumentalsolisten ist ein äußerst delikates Konstrukt, das bei seinen ersten Aufführungen in Wien zu Kontroversen und Skandalen führte. Heute trifft dieses einsätzige, äußerst dichte Stück auf bedeutend geneigtere Ohren, wie der intensive Applaus am Ende bewies.
Deutlich seltener zu hören ist das Fragment gebliebene Oratorium „Die Jakobsleiter“, das Schönberg auf einen eigenen Text 1915 zu schreiben begann, die Arbeit aber 1922 abbrach. Versuche einer späteren Vollendung des Werkes scheiterten, so ist das Werk Torso geblieben.
Schönbergs Text spiegelt seine intensive Beschäftigung mit dem Glauben wider, der Komponist wechselte vom Atheisten seiner Jugend erst zum Protestantismus, in späteren Jahren zum Judentum. Das Oratorium spiegelt diese Brüche durchaus wider.
Für das Konzert wurde eine ganze Reihe prominenter Sänger auch für die kleinen Partien aufgeboten. Wolfgang Koch führte sie als Gabriel mit sonorem Bass an. Den stärksten vokalen Eindruck hinterließ der Bariton Gyula Orendt als Auserwählter und die beiden Sopranistinnen Liv Redpath und Jasmin Delfs als Seele.
Die äußerst komplexe Partitur, die erst zehn Jahre nach Schönbergs Tod 1961 in Wien uraufgeführt wurde, sieht mehrere im Saal verteilte Fernorchester vor, der große Saal der Berliner Philharmonie bietet mit seinen verschachtelten Rängen dafür reichlich Gelegenheit.
So spröde sowohl Text als auch Musik des Werkes erscheinen, Schönberg gelang es, einen reizvollen, dichten Klangteppich zu schaffen, auf dem der vorzügliche Rundfunkchor Berlin, die Solisten und die verteilten Orchester ein raffiniertes Hörerlebnis möglich machten. Das Publikum geriet mehr und mehr in den Bann dieser doch sehr speziellen Musik, am Ende bescherte es Petrenko, dem Orchester und Chor, sowie den Solisten stürmischen Applaus. Einmal mehr bewies Kirill Petrenko seine Vielseitigkeit und Stilsicherheit, die dem Berliner Konzertpublikum immer neue, spannende Erlebnisse beschert.
Peter Sommeregger, 26. Januar 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Berliner Philharmoniker, Kirill Petrenko, Reger und Strauss Frankfurt, Alte Oper, 7. November 2023
Musikfest Berlin, Kirill Petrenko und Christian Gerhaher Philharmonie Berlin, 14. September 2023