Klein beleuchtet kurz Nr 36: Piano und String Quartett bilden einen jazzumschlungenen Salonabend

Klein beleuchtet kurz Nr 36: Piano und String Quartett bilden einen jazzumschlungenen Salonabend  klassik-begeistert.de, 9. Juni 2024

Leon Gurvitch Klavier, Melodica und André Böttcher Geige; Foto Patrik Klein

Im sechzehnten Hauskonzert von Leon Gurvitch groovt, swingt und jazzt es von Gurvitch nicht nur zu Gershwin

Die Salonkonzerte von Leon Gurvitch sind ja bereits Kult in der Hamburger Musikszene. Immer wieder begeistert er sein Publikum mit Themen, die ihm auf den Leib geschrieben sind und für die er musikalische und künstlerisch aufregende Partner gewinnt, die mit ihm dann gemeinsam verzaubern, begeistern und den Alltag vergessen lassen.

An diesem Abend lud er für seine Gäste ein Streichquartett mit Hamburger Musikern ein, das mit ihm gemeinsam auf eine beschwingte Reise ging.

Mit welchem Stück konnte man einen solchen Abend nur beginnen? Gershwins „The man I love“ lag auf der Hand bzw. die Noten auf den Ständern. Die Streicher begannen butterweich, bis das Klavier den Groove bestimmte. Immer wieder folgten beruhigende Elemente zwischen den aufregend flotten Phrasen.

Musik verbindet! Leon Gurvitchs Folk Suite folgte durchflochten mit scherzhaften Unterbrechungen. Eine Mischung aus klassischer Salonmusik und Clubatmosphäre einer Jazzkneipe machte sich mit rhythmischen, impulsiven, emotionalen, spielerisch kunstvollen auch mal frech und cool wirkenden Phrasen breit.

André Böttcher ist ein virtuoser und technisch versierter Geiger, der in einem Duett mit dem Pianisten seine Klasse zeigte. Das zum Free Jazz Duett mutierte Ensemble bestach mit abrupten Tempoveränderungen, die niemanden im Salon unberührt ließen.

André Böttcher, Geige; Foto Patrik Klein

Der emotionale Höhepunkt des Abends wartete dann auf mit Leons Klavierquintett über den polnischen Kinderarzt Janusz Korczak, der in Treblinka von den Nazis ermordet wurde. 2010 komponierte er das anspruchsvolle Stück voller Emotionalität, Dramatik, Ernsthaftigkeit aber auch überquellend von Hoffnung. Das Cello (ganz wunderbar Elisabeth Kogan) meldete sich hier besonders durch traurige und melancholische Anklänge, die aber in eine betörende Balance zwischen harmonischer Leichtigkeit und angenehm atonal wirkenden Phrasen schwang. Die Streicher spielten Pizzicato, klopften mit den Bögen auf ihre Instrumente und ließen das Stück schließlich in eine berauschende herzliche Melodie migrieren. Das ging unter die Haut!

Auch der Tango durfte an diesem Konzertabend aus den Instrumenten der Musiker fließen. Ein Ausflug nach Argentinien bahnte sich an, der mit einer Unterhaltung des Klaviers mit dem Cello begann. Hätte man doch nur seine Tanzschuhe mitgebracht, wäre ganz leise auf die Tanzfläche geschlichen, hätte sich eine feine Dame geschnappt, von denen reichlich im Publikum anwesend waren und hätte diese über das Parkett geführt.

Tango gibt es auch in Finnland, Russland oder der Mongolei, lernten wir in der folgenden Sequenz. Leon komponierte das Stück 2004, welches stark an Jazz angelegt war und verschiedene Stile miteinander kombinierte, ein virtuoses Klaviersolo inklusive.

Mit dem Song Swanee von Gershwin, den dieses Stück berühmt machte, folgte das Stück mit Geige und Klavier, arrangiert von Leon Gurvitch. Es klang zuerst heiter, lebendig und dann ging die Lok ab. Zwei technisch brillante und virtuose Musiker lieferten sich ein packendes Stelldichein.

Das begeisterte Publikum ließ die fünf Musiker aber noch lange nicht los, sondern forderte als Zugabe noch Gershwins „I got rhythm„.

Danach war die Hölle los.

Ensemble beim 16. Salonkonzert von Leon Gurvitch; Foto Patrik Klein

16Music Night by Gurvitch

From Gershwin to Gurvitch; Piano & String Quartett

Leon Gurvitch, Klavier
André Böttcher, Violine
Andrei Prokazin, Violine
Eytan Edri, Viola
Elisabeth Kogan, Cello

 

(c) Patrik Klein

Der klassik-begeistert-Autor Patrik Klein ist ein leidenschaftlicher Konzert- und Opernfreak, der bereits über 300 Konzerte (Eröffnungskonzert inklusive) in der Elbphilharmonie Hamburg verbrachte, hunderte Male in Opern- und Konzerthäusern in Europa verweilte und ein großes Kommunikationsnetz zu vielen Künstlern pflegt. Meist lauscht und schaut er privat, zwanglos und mit offenen Augen und Ohren. Die daraus entstehenden meist emotional noch hoch aufgeladenen Posts in den Sozialen Medien folgen hier nun auch regelmäßig bei klassik-begeistert – voller Leidenschaft, ohne Anspruch auf Vollständigkeit… aber immer mit großem Herzen!

Klein beleuchtet kurz Nr 35: Die Frauenpower geht weiter: Statt Christian Thielemann versetzt Mirga Gražinytė-Tyla den Saal in Verzückung klassik-begeistert.de, 2. Juni 2024

Klein beleuchtet kurz Nr 34: Jess Gillams Saxophonspiel glänzt im Zentrum des Konzerts klassik-begeistert.de, 1. Juni 2024

Klein beleuchtet kurz Nr 33: Roms Spitzenorchester trifft auf amerikanische Superstars klassik-begeistert.de, 14. Mai 2024

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert