Klein beleuchtet kurz 64: Wenn der Pfau tanzt, dann kann die Klarinette nicht weit entfernt sein

Klein beleuchtet kurz 64: Wenn der Pfau tanzt… Elbphilharmonie, 12. Oktober 2025

Martin Fröst, NDR Elbphilharmonie Orchester; Foto Patrik Klein

Das NDR Elbphilharmonie Orchester Hamburg unter seinem Chefdirigenten Alan Gilbert besticht erneut mit einfallsreichem Programm und atemberaubender Qualität – ein berauschendes Konzert mit einem brillanten Solisten und einem sich in bester Spiellaune befindenden Orchester beendete das vergangene Herbstwochenende.

von Patrik Klein

Man schaut ja als Abonnent manchmal nur auf das Programm, überfliegt es und denkt sich, nun, was wird das schon geben? Den ersten Teil kennt man nicht, den zweiten schon eher, obwohl, hat man die Siebente von Dvořák überhaupt schon mal gehört? Eher selten oder gar nicht.

Dann lauschte man in der Einführung dem großartig gehalt- und humorvollen Beitrag von Julius Heile, und wird neugierig, sehr neugierig sogar.

Dass das nur vierminütige Intro von Anna Clyne „Restless Oceans“ einen gleich sozusagen hinreißt, mit den mehrstimmig singenden Musikern, mit dem gegen den Takt trampelnden Orchester und der Melodie von trotziger Kraft durch aufmuckende Frauen, manchmal an Strawinskys Frühlingsopfer erinnernd, lässt einen dann auf des Sessels Kante dem weiteren Verlauf des Konzerts hochkonzentriert lauschen.

Einer der weltbesten Klarinettisten, Martin Fröst aus Schweden, hat sich dann mit den „Peacock Tales“, einem auf seinen eigenen Leib geschriebenen Stück vom Landsmann Anders Hillborg, wohl selbst übertroffen, denn hier konnte er seine Instrumenten- und Tanzkunst unter Beweis stellen. Mit der Hilfe von zwei Choreographen erarbeitete er die furiosen Bewegungen, die voller Harmonie in das musikalisch höchst anspruchsvolle und etwas verrückte Stück passten. Maske und Beleuchtung taten ihr Übriges. Die Hütte war verzaubert, als das Stück nach knapp 20 Minuten endete.

Als Zugabe gab es noch von Johannes Brahms den „Ungarischen Tanz Nr. 5“ in einem Arrangement des Bruders von Martin Fröst. Stark mischten sich hier die Klänge aus Romantik und Moderne.

Martin Fröst, NDR Elbphilharmonie Orchester mit Alan Gilbert; Foto Patrik Klein

Nach der Pause sorgten dann Alan Gilbert und seine Musiker für einen weiteren Höhepunkt mit Dvořáks Siebenter Sinfonie, der Lieblingssinfonie des NDR Chefs. Der tönende Freiheitskampf vornehmlich in schmerzvollen und aggressiven d-Molltonfällen und archaischen Rhythmen, schließlich doch in einem trotzigen Dur-Finale endenden Werk, zeigte wieder einmal, wie stark sich das Orchester in den letzten Jahren zu einem Klangkörper in der allerersten Liga entwickelt hat.

Riesenjubel – zu recht!

Patrik Klein, 13. Oktober 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Elbphilharmonie, Konzert am Sonntag, 12. Oktober 2025

NDR Elbphilharmonie Orchester
Martin Fröst, Klarinette
Dirigent: Alan Gilbert

Anna Clyne
Restless Oceans

Anders Hillborg
Peacock Tales / Konzert für Klarinette und Orchester

Zugabe: Johannes Brahms Ungarischer Tanz Nr. 5 arrangiert von G. Fröst

Antonín Dvořák
Sinfonie Nr. 7 d-Moll op. 70

(c) Patrik Klein

Der klassik-begeistert-Autor Patrik Klein ist ein leidenschaftlicher Konzert- und Opernfreak, der bereits über 300 Konzerte (Eröffnungskonzert inklusive) in der Elbphilharmonie Hamburg verbrachte, hunderte Male in Opern- und Konzerthäusern in Europa verweilte und ein großes Kommunikationsnetz zu vielen Künstlern pflegt. Meist lauscht und schaut er privat, zwanglos und mit offenen Augen und Ohren. Die daraus entstehenden meist emotional noch hoch aufgeladenen Posts in den Sozialen Medien folgen hier nun auch regelmäßig bei klassik-begeistert – voller Leidenschaft, ohne Anspruch auf Vollständigkeit… aber immer mit großem Herzen!

Klein beleuchtet kurz 63: Gern gesehene Gäste von der Insel/LSO Elbphilharmonie, 6./7. Oktober 2025

Concertgebouworkest Víkingur Ólafsson, Klavier, Martin Fröst, Klarinette, Alain Altinoglu, Dirigent Essen, Philharmonie, 10. September 2022

Klein beleuchtet kurz 62: Richard Wagner, Tristan und Isolde Teatro Cervantes, Málaga, 25. September 2025

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