Was uns erwartet: Bühnendekoration zu Demis Volpis vorgezogenem Stück Surrogate Cities (Internet-Auftritt Hamburg Ballett)
Die politische Führung wird Demis Volpi wohl halten, zum einen, um nicht mit einer hohen Abfindung die Bürgerschaft aufzuschrecken, zum zweiten, um das fatale Versagen bei der Entscheidung der Neumeier-Nachfolge zu kaschieren und zum dritten, und das ist das Furchtbare, weil es offenbar von Seiten der Kulturpolitik genauso gewollt war.
Ein Meinungsbeitrag von Dr. Ralf Wegner
Demis Volpi braucht wohl nach den Erfahrungen bei der Ballett-Werkstatt IV noch deutlich mehr Zeit, um seine Interpretation von Hermann Hesses Roman Demian auf die Bühne zu bringen. Stattdessen wird es durch sein 2024 in Düsseldorf uraufgeführtes Stück Surrogate Cities ersetzt. Offenbar reichen fünf Wochen aus, um dieses handlungsfreie Stück über „das urbane Lebensgefühl einer Großstadt“ genügend aufzupolieren. In Düsseldorf wurde Surrogate Cities nach einer Saison abgesetzt, in Hamburg sind bis Anfang November 2025 insgesamt 11 (!) Vorstellungen vorgesehen.
Nach dieser Ankündigung ist kaum davon auszugehen, dass Demis Volpi von sich aus seine Intendanz aufgeben wird. Daran wird auch eine derzeit stattfindende anonyme Befragung des Ensembles nichts ändern. Denn Demis Volpi hat offenbar nichts getan, was nicht schon vorher der Findungskommission hätte auffallen müssen, wie die von vielen geäußerten mangelnden Führungsqualitäten als Ballett-Direktor.
Eines muss man Demis Volpi aber zu Gute halten, er wirkte bei seinem Antreten in Hamburg zunächst sympathisch und hinterließ einen kompetenten Eindruck. Dieser hat sich bei den Vorstandsdamen der Freunde des Ballettzentrums auch noch bis heute gehalten, trotz aller derzeit gegen Demis Volpis Intendanten-Qualifikation sprechenden Fakten. So schreiben sie in einer öffentlichen Stellungnahme zur aktuellen Situation beim Hamburg Ballett von einem verantwortungsvollen, empathischen und reflektierten Ballettintendanten, der seine Aufgaben mit großer Ernsthaftigkeit und künstlerischer Vision wahrnehme.
Eigentlich hätte man denken können, dass sich die Freunde des Ballettzentrums eher den dortigen Tänzerinnen und Tänzern und der an der Ballettschule nachfolgenden Generation verpflichtet fühlen als dem neuen Ballett-Intendanten. Auf die von der Mehrzahl der Hamburger Ensemblemitglieder geäußerten konkreten, auch die handwerklichen und choreographischen Qualitäten Volpis betreffenden Vorwürfe wurde in dem Statement aber überhaupt nicht eingegangen. Verkehrte Welt.
Dass Demis Volpi von sich aus nicht gehen will, lässt sich schon aus finanziellen Gründen nachvollziehen. Die politische Führung wird ihn wohl halten wollen, zum einen, um nicht mit einer hohen Abfindung die Bürgerschaft aufzuschrecken, zum zweiten, um das fatale Versagen bei der Entscheidung der Neumeier-Nachfolge zu kaschieren und zum dritten, und das ist das Furchtbare, weil es offenbar von Seiten der Kulturpolitik genauso gewollt war, wie es gekommen ist.
Geopfert wird damit die tänzerische Qualität des Hamburger Balletts und dessen internationaler Ruf, und vor allem das choreographische Erbe von John Neumeier. Die treuen Zuschauerinnen und Zuschauer werden sich an der Kasse rächen. Gibt es noch Hoffnung auf einen Wandel?
Ich hoffe es immer noch, vermutlich aber vergebens. Das Ganze wird wohl politisch ausgesessen, ganz zum Schaden des Rufs der Kulturmetropole Hamburg.
Dr. Ralf Wegner, 29. Mai 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Kommentar: Demis Volpi – wie soll es weitergehen? Hamburgische Staatsoper, 15. Mai 2025
Giselle, Ballett von Demis Volpi Deutsche Oper am Rhein, 19. November 2023