Tänzerinnen und Tänzer des Hamburg Balletts nach der Nijinsky-Aufführung vom 11.06.2025 (Foto: RW)
Beweise liefert Florian Zinnecker für seine Intrigen-Theorie nach wie vor nicht, er geht über Vermutungen, die taktisch zugunsten Volpis gedreht und gewendet werden, nicht hinaus.
Meinungskommentar von Dr. Ralf Wegner
Während das Hamburger Ballettpublikum die Demission von Demis Volpi offensichtlich begrüßt und der Zukunft freudig entgegen sieht – so wird aktuell noch zu den Ballett-Tagen statt Volpis Surrogate Cities John Neumeiers großartiges Ballett Die kleine Meerjungfrau wieder aufgenommen – , trauert Florian Zinnecker, Ressortleiter der ZEIT Hamburg, in einem aktuellen Podcast Volpi immer noch nach.
Volpi sei als „strahlender Hoffnungsträger“ angetreten, nur die Hamburger Tänzerinnen und Tänzer hätten nicht das Niveau gehabt, um mit Volpis Stil mithalten zu können. Und Zinnecker lässt deshalb auch nicht von seiner Vermutung ab, dass Volpi über eine Intrige gestürzt sei.
Beweise liefert er allerdings nach wie vor nicht, er geht über Vermutungen, die taktisch zugunsten Volpis gedreht und gewendet werden, nicht hinaus. Der Erste Solist Alexandr Trusch, der den Stein ins Rollen brachte und zu Recht auf den unter Volpi drohenden Absturz ins künstlerisch Bedeutungslose hinwies, habe, so wird ohne Namensnennung angedeutet, offenbar auf die anderen Tänzerinnen und Tänzer Druck ausgeübt, damit sich diese mit ihm solidarisieren. Denn er und die anderen Spitzentänzer des Hamburg Balletts, so wird insinuiert, seien nicht gut genug für Volpis Stil gewesen. Somit hätten die Spitzensolisten eine Revolte in Gang gesetzt, um ihr eigenes künstlerisches Versagen zu kaschieren.
Jedenfalls sind das die aus Zinneckers mehr oder minder gewundenem – Greifbares vermeidenden – Kommunikationsstil herausfilterbare Ansichten. Das ist dermaßen inkompetent und an den Haaren herbeigezogen, dass sich eine Diskussion darüber erübrigt.
Was Alexandr Trusch und die anderen Tänzerinnen und Tänzer des Hamburg Balletts können, haben sie erst jüngst bei der Wiederaufnahme des Neumeier-Balletts Nijinsky gezeigt. Seitens des Tänzers Trusch war das eine großartige, physisch bis an den Rand der Erschöpfung gehende, darstellerisch die Seele ergreifende und am Ende lang umjubelte tänzerische Leistung als Vaslaw Nijinsky.
Ich weiß nicht, woran Florian Zinnecker sich eigentlich beim Hamburg Ballett stört, warum er nachtritt und Kampnagel empfiehlt. Gewiss gibt es ein Publikum für Kampnagel, genauso wie es eines für das Hamburg Ballett und seine herausragenden Tänzerinnen und Tänzer gibt. Letzteres und letztere kennt der ZEIT-Autor aber offenbar nicht oder nicht genügend. Auch habe ich von Florian Zinnecker noch nie eine dezidierte, kenntnisreiche Ballett-Besprechung gelesen, selbst nicht von Kampnagel-Produktionen.
Florian Zinnecker entpuppt sich mit seinem Podcast selbst als fragwürdiger Machiavellist. Denn wie sonst ist seine auf John Neumeier bezogene Äußerung zu verstehen, „dass er gar nichts sagt, ist für sich schon eine Aussage“.
Dr. Ralf Wegner, 17. Juni 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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