William Guanbo Su (Publio), Kady Evanyshyn (Annio), Olivia Boen (Servilia), Oleksiy Palchykov (Titus), Ben Glassberg (musikalische Leitung), Tara Erraught (Vitellia), Angela Brower (Sesto) (Foto: RW)
Warum ging Mozarts Werk für mich baden? Ich sah diese Oper zum ersten Mal, und konnte der Geschichte und vor allem der Inszenierung wenig abgewinnen. Und nur die drei großen Arien für Sopran, Mezzosopran und Tenor am Ende der Oper blieben mir im Gedächtnis haften. Wahrscheinlich stand ich mit dieser Meinung nicht allein, jedenfalls sprachen der laue Beifall und die mehrfachen Buhrufe für sich selbst.
La clemenza di Tito, Opera seria in zwei Akten
Musik von Wolfgang Amadeus Mozart
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Leitung Ben Glassberg
Inszenierung Jetske Mijnssen
Bühne und Kostüme: Ben Baur
Staatsoper Hamburg, 16. Oktober 2024
7. Vorstellung seit der Premiere am 28. April 2024
von Dr. Ralf Wegner
Was soll das, zwei Frauen singen sich an wie Verliebte und Erzürnte. Bei zwei anderen Frauen dasselbe, und es gibt eine weitere Frauenrolle, aber nur zwei Männerpartien. Der eine soll den römischen Kaiser Titus darstellen, der andere eine Art Polizeichef des Kaisers. Mit der Zeit wird deutlich, dass es sich bei zwei der Frauenpartien um Männerrollen handelt, erkenntlich vor allem an den flachen Schuhen, während die Frauen hochhackig über die Bühne gehen. Warum sich eine der Sängerinnen in eine so unpassende Männerhose ohne Sakko zwängen und selbst Tara Erraught als Vitellia in einer Szene einen völlig unkleidsamen Hosenanzug tragen musste, blieb mir verborgen.
Was besonders ärgerlich ist, häufig wird in dieser Inszenierung von der Seite – des eines autokratischen Tyrannen würdigen neoklassizistischen Herrschersaals – gesungen, so dass man wichtige Passagen aus den ersten Logen nicht sehen konnte.
Worum geht es in dieser Oper entsprechend den Übertexten. Vorwiegend um Streitereien um das kaiserliche Bett. Was eine der als Männer verkleideten Frauen dazu veranlasst, den Palast in Schutt und Asche zu legen. Doch der Kaiser zeigt sich großzügig und verzeiht allen, die ihm ans Leben wollten. Am Schluss fuchtelt er mit der Pistole herum, unentschieden, ob er Tara Erraught oder die Dame in Männerbekleidung erschießen soll. Am Ende hält er die Pistole sich selbst an den Hals. Erschießt er sich? Es fiel kein Schuss, nur der Vorhang ging runter.
Das Publikum war von der Aufführung nicht sehr angetan, es gab allenfalls mäßigen, meist flauen Zwischenbeifall und am Ende etliche Buhrufe, wobei man nicht genau ausmachen konnte, wem die gelten sollten, der musikalischen Leitung unter Ben Glassberg, dem Chor oder den Sängern der Nebenpartien.
Dabei hatten letztere es am allerwenigsten verdient. Olivia Boen (Servilia) und Kady Evanyshyn (Annio) sangen gut, der chinesische Bass William Guanbo Su (Publio) sogar hervorragend. Mit seiner kräftigen, profunden Stimme füllte er den Raum. Was man von Oleksiy Palchykov (Titus) nicht behaupten konnte. Sein heller Tenor verflüchtigte sich im Rund des Saals, manchmal war er kaum noch zu hören. Nur im Forte erreichte er eine gewisse Strahlkraft bis in den Rang hinein (wir hatten uns umgesetzt), allerdings ohne raumfüllendes Volumen zu generieren.
Palchykovs Tenorpart in der Trionfi-Premiere (Carl Orff) hatte ich noch gelobt. Da sang er allerdings nicht wie in Clemenza di Tito aus dem Bühnenkasten heraus, sondern stand vorteilhaft vorn auf dem überdeckten Orchestergraben. Vielleicht sollte er zunächst eher an kleineren Häusern singen, bis sich seine Stimme auch akustisch weiter entwickelt hat. Ich könnte mir schon vorstellen, dass er dann als Wagnertenor, zum Beispiel als Siegmund, reüssieren könnte; denn seine Stimme hat im Ansatz durchaus etwas Heldenhaftes. In Hamburg gab es einmal einen Spieltenor, der nach Jahren, quasi über Nacht, einen ganz herausragenden Siegfried singen konnte. Sein Name: Heinz Kruse. Leider verstarb er sehr früh, so dass er eine richtige internationale Karriere nicht mehr aufbauen konnte. Die beiden Hauptpartien waren mit Tara Erraught (Vitellia) und Angela Brower als Sesto stimmlich dem Haus angemessen besetzt.
Warum ging Mozarts Werk für mich baden? Ich hörte diese Oper zum ersten Mal, und konnte der Geschichte und vor allem der Inszenierung wenig abgewinnen. Und nur die drei großen Arien für Sopran bzw. Mezzosopran und Tenor am Ende der Oper blieben mir im Gedächtnis haften. Wahrscheinlich stand ich mit dieser Meinung nicht allein, jedenfalls sprachen der laue Beifall und die mehrfachen Buhrufe für sich selbst.
Dr. Ralf Wegner, 17. Oktober 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Wolfgang Amadeus Mozart, La clemenza di Tito Großes Festspielhaus, Salzburg, 10. August 2024
Wolfgang Amadeus Mozart: La clemenza di Tito Wien, Museumsquartier Halle E, 24. Mai 2024
W. A. Mozart, La clemenza di Tito Haus für Mozart, Salzburg, 17. Mai 2024
Da hätten Sie mal die großartige Inszenierung von Peter Konwitschny sehen sollen ! Bezüglich des Tenors Oleksiy Palchykov stimme ich Ihnen voll zu. Ich verstehe überhaupt nicht, was viele an seiner Stimme so toll finden. Da lobe ich mir doch z.B. Dovlet Nurgeldiev aus dem Hamburger Ensemble.
Hartmut Funke
Ich verstehe nicht, wie irgendjemand diverse andere Tenöre auch nur anhören, geschweige denn gut finden kann.
Geschmäcker und Ohrfeigen sind eben verschieden…
Waltraud Becker
Den Kommentar von Frau Waltraud Becker verstehe ich nicht.
Hartmut Funke