BRSO Harding, Wien Konzerthaus (c) BR-Astrid Ackermann
Dieses Konzert stand eigentlich im Zyklus Franz Welser-Möst; der österreichische Dirigent ist bekanntermaßen an Krebs erkrankt und musste eben unter anderem dieses Konzert absagen. Aber mit dem „Einspringer“ Daniel Harding hat man einen exzellenten Ersatz gefunden. Der Brite ist aber viel mehr als ein Ersatz.
Ludwig van Beethoven
Klavierkonzert Nr. 5 in Es-Dur op. 73
Richard Strauss
Tod und Verklärung, Tondichtung für großes Orchester op. 24
Don Juan, Tondichtung nach Nikolaus Lenau op. 20
Tanz der sieben Schleier (aus „Salome“ op. 54)
Leif Ove Andsnes, Klavier
Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Daniel Harding, Dirigent
Wiener Konzerthaus, 15. Juni 2024
von Herbert Hiess
Daniel Harding hat einen Karriereweg hinter sich, den man getrost als „vorbildlich“ bezeichnen kann. Er war unter anderem auch Schüler von Claudio Abbado, was man aufgrund seiner Schlagtechnik bis heute noch sieht. Oft wirkt es fast wie eine Kopie des allseits beliebten italienischen Maestros und Ex-Direktor der Wiener Staatsoper.
An diesem Abend konnte man den grandiosen norwegischen Pianisten Leif Ove Andsnes erleben, der mit dem berühmten fünften Klavierkonzert von Beethoven sich einer großen Konkurrenz bei den Wiener Konzertveranstaltern stellt. Alles, was pianistisch und dirigentisch Rang und Namen hat, war schon mit diesem Konzert in Wien zu hören – also war es tatsächlich für Andsnes und Harding eine gewaltige Herausforderung, mit diesem Werk da zu brillieren.
Und sie schafften es tatsächlich; einerseits hatte man mit den Bayern ein grandioses Meisterorchester zur Verfügung und das Duo Andsnes/Harding waren phantastische Interpreten an diesem Abend. War der erste Satz noch eher „bodenständig“, begannen Pianist und Dirigent ab dem zweiten Satz aufzuleben. Unvergleichlich die Streicherkantilene des Adagios (mit Dämpfern gespielt) und daraufhin der zarte Einsatz von Andsnes. Es war ein kammermusikalisches Erlebnis. Das Rondo machte hier das Glück vollkommen; hinreißend die Pianissimoläufe der Variationen in diesem Satz. Dass das Orchester in allen Instrumentengruppen hervorragend war, braucht man nicht extra zu erwähnen. Und als Zugabe beglückte Andsnes das Publikum mit einem wunderschön subtil gespielten Intermezzo in E-Dur op. 116/6 von Johannes Brahms.
Nach der Pause gaben die Bayern unter Harding drei Werke ihres Landsmannes Richard Strauss; das Orchester hat ja schon fast die DNA des Komponisten intus, was man an diesem Abend wieder merkte.
„Tod und Verklärung“ und vor allem „Don Juan“ sind ja bekanntlich Orchester-Reißer, das die Qualitäten eines Ensembles deutlich hervorhebt. Und hier brillierte das Orchester in allen Instrumentengruppen; hervorheben kann man hier stellvertretend für alle die Oboe und auch die Pauken; Hörner usw. waren beispielhaft. Wenn die Interpretation nicht allzu geerdet gewesen wäre, wäre das Glück vollkommen gewesen.
Danach kam als „Rausschmeißer“ der Tanz der sieben Schleier aus „Salome“; ein äußerst wildes Orchesterwerk, das ebenso wild gespielt wurde; vielleicht hätte man sich da manchmal ein bisschen mehr das Auskosten des orientalischen Flairs gewünscht. Trotzdem waren die Orchesterleistung und Hardings dirigentische Leistung sehr beeindruckend.
Auf alle Fälle war Daniel Harding weit mehr als ein Ersatz; er hat einen beispielhaften Karriereweg hinter sich. Gemeinsam mit Abbado konnte er sich die wichtigsten Werke erarbeiten und man sieht und hört, wie er seriös die Dinge angeht.
Herbert Hiess, 17. Juni 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Klavierabend Grigory Sokolov Wiener Konzerthaus, Großer Saal, 22. Mai 2024