ART’N’VOICES in der Elbphilharmonie, © Marcus Hartelt (Dresden)
Liederabend
Polnisches Vokalensemble ART’N’VOICES
„Christmas at See“
Art’n’Voices Vokalensemble:
Małgorzata Priebe Sopran
Maria Krueger-Milej Sopran
Anna Rocławska-Musiałczyk Alt
Marta Jundziłł Alt
Mateusz Warkusz Tenor
Szymon Duraj Tenor
Rafał Brzeziński Bass
Tomasz Chyła Bass
Elbphilharmonie, Kleiner Saal, 3. Dezember 2025
von Jolanta Łada-Zielke
Acht junge Sänger versetzen das Hamburger Publikum nicht nur in vorweihnachtliche Stimmung, sondern regen sie auch zum Nachdenken an.
Das Konzert wird durch die sympathische und witzige Moderation der Altistin Marta Jundziłł und des Tenors Szymon Duraj bereichert, die ziemlich gut Deutsch sprechen.
Zu Beginn erzählt ihr Manager Christian Hacker, wie er nach dem Sieg von ART’N’VOICES beim A-Capella-Wettbewerb Leipzig im Jahre 2023, bis nach Danzig hinterhergefahren ist, um ihnen eine Zusammenarbeit anzubieten.
Die ART’N’VOICES fangen mit dem von Tomasz Chyła arrangierten, polnischen Volkslied „Uwoz mamo roz” an. Der Text ist eine Ermahnung an die Mutter, ihre Tochter nicht an einen zufällig ausgewählten Mann zu verheiraten, weil das ihrer Schönheit schaden würde. Dieses Stück ist in vielen Regionen Polens bekannt, aber das Ensemble führt es im kaschubischen Dialekt auf.
Auf dem Programm stehen ebenfalls die Sätze der „Suita Kaszubska“ (Kaschuben-Suite) von der Komponistin Anna Rocławska-Musiałczyk, die in dem Ensemble als eine der zwei Altistinnen singt. Die Sopranistinnen Małgorzata Priebe und Maria Krueger-Milej führen die Melodie im Volksstil als einen sogenannten „weißen“ Gesang. In dem Wiegenlied „Bibi synku, bi” zeigt das Ensemble seine Fähigkeiten in der aleatorischen Improvisation.
Die Sänger imitieren mit ihren Stimmen die Meeresgeräusche, wie das Rauschen der Wellen und das Pfeifen des Windes. Der Bariton Tomasz Chyła, der auch Jazzgeiger ist, improvisiert auf seinem Instrument, indem er nicht nur traditionell spielt, sondern auch mit dem Bogen auf die Saiten und mit den Fingern auf den Geigenkorpus schlägt.

Der polnische Teil des Publikums nimmt das Weihnachtslied „Lulajże Jezuniu” mit großer Rührung auf, außerdem erklingt das ukrainische „Szczedryk” in seiner Originalfassung von Mykoła Łeontowycz. Aus dem deutschen Liedgut singt das Ensemble „Leise rieselt der Schnee” und – als Uraufführung – ein eigenes Arrangement des Adventschorals „Es kommt ein Schiff geladen”. Anna Rocławska-Musiałczyk bereicherte ihre Version mit den Rufen der Seeleute „Heja, hej”.
In jeder Stimme singen zwei Personen, die sich in ihrer Klangfarbe leicht unterscheiden, was bei den Soli zu hören ist. Malgorzata Priebe verfügt beispielsweise über einen helleren dramatischen Sopran, während die Stimme von Maria Krueger-Milej dunkler ist und über eine gewisse Wärme verfügt. Deshalb passt die erste Sängerin zur „Rolle” der Tochter in den vorgestellten Stücken („Uwoz mamo roz”), während die zweite als Mutter („Bibi synku, bi”) auftritt.
Dennoch ist es ART’N’VOICES gelungen, einen einheitlichen Klang zu entwickeln. Jede Phrase ist durchdacht, jede Endsilbe ausgefeilt. Ihr Gesang schwingt wie das Meer, mal sanft, mal stürmisch und dramatisch.
Das Ensemble kreiert sein Repertoire größtenteils selbst. Neben der Bearbeitung traditioneller kaschubischer Musik, behandelt es auch zeitgenössische, schwierige Themen. Dies betrifft ihr neuestes Album „Pieces of Myself“, aus dem sie in Hamburg die Stücke „Triumph“ und „Isolation“ präsentierten. Während der Darbietung des letzten Stückes steht Marta Jundziłł, Texterin und Solistin (Alt), als einzige mit dem Gesicht zum Publikum, und ihre melodiöse Rezitation hebt sich deutlich vom harmonisch einheitlichen Hintergrund ab, den der Rest des Ensembles vorträgt. Dies verstärkt den Eindruck der Entfremdung der Protagonistin.
Der Abend endet mit Stings „Shape of my Heart”, und als Zugabe sang das Ensemble „And So It Goes” von Billy Joel in der Bearbeitung von Bob Chillcot.
Nach dem Konzert stehen die Zuschauer Schlange, um CDs zu kaufen und Autogramme der Sänger zu bekommen.
Jolanta Łada-Zielke, 10. Dezember 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
ART’N’VOICES, 2010 in Danzig gegründet, sind einer der bedeutendsten zeitgenössischen Vokalensembles. Seit ihrem ersten Preis beim A-cappella-Wettbewerb Leipzig 2023 treten sie bei renommierten Festivals und in Konzertstätten Europas auf. Zu ihren Erfolgen zählen die zahlreichen Auszeichnungen und Sonderpreise bei nationalen und internationalen Wettbewerben, darunter beim renommierten Internationalen a-capella-Wettbewerb Leipzig (2023), beim Tolosako Abesbatza Lehiaketa in Spanien (2019), Polifonico Guido di Arezzo in Italien (2017), dem 11. Internationalen Chorfestival Mundus Cantat in Sopot (2015) sowie dem National Contemporary Choral Music Festival „Music Everywhere” in Danzig (2014).
ART’N’VOICES organisieren jährlich das ArteFonie Festival in Wejherowo mit innovativen Ideen und Programmen für klassische und zeitgenössische Musik, kombiniert mit anderen Kunstbereichen. Ihr erstes Album „Midnight Stories“ wurde im Jahre 2021 mit dem Frederic Award – so genanntem „Polnischer Grammy“ – in der Kategorie „Album des Jahres“ ausgezeichnet. Kürzlich ist ihre neuste CD „Pieces of Myself“ erschienen.
Festspiel-Liederabend Gerald Finley Prinzregententheater, München, 15. Juli 2025
Liederabend mit Jakub Józef Orliński und Michał Biel Staatsoper Hamburg, 29. April 2024