Team Skandinavien tobt auf der Elphi-Bühne – Klaus Mäkelä entschlüsselt Bartók

Klaus Mäkelä und die Osloer  Elbphilharmonie, Hamburg, 1. November 2024

Oslo Philharmonic, Truls Mork, Klaus Mäkelä © Sophie Wolter

Ein musikalisches Dream-Team um Klaus Mäkelä und seinen Oslo Philharmonic sorgt für grenzenlose Begeisterung in der Hamburger Elbphilharmonie. Vor allem aus Béla Bartóks Konzert für Orchester entschlüsselt der finnische Shooting-Star-Dirigent alle Feinheiten und stellt die Klassik-Welt auf den Kopf!

Oslo Philharmonic

Leif Ove Andsnes, Klavier
Klaus Mäkelä, Dirigent

Werke von Ludwig van Beethoven und Béla Bartók

Elbphilharmonie, Hamburg, 1. November 2024

von Johannes Karl Fischer

Neulich in Salzburg: Ein Gast auf den günstigen Plätzen im Festspielhaus meint „Der Klaus Mäkelä, der wird vollkommen verheizt, das ist viel zu früh!“ So ein Schmarren! Natürlich dirigiert der 28-jährige finnische Shooting Star anders, eifriger, energetischer als ein mittlerweile recht etablierter, musikalisch weise klingender Andris Nelsons. Aber mal ganz ehrlich: Hat je ein Dirigent Béla Bartóks zwar genial tiefgründiges aber leider auch intellektuelles Konzert für Orchester so genial und mühelos entschlüsselt wie der jüngste Chefdirigent in der Geschichte gleich mehrerer Spitzenorchester?

Nun ja, dieses Werk gilt selbst für Fachkundige als Brocken. Also zum Hören, das ist schon echt harte Kost – selbst die größten und erfahrensten Klassik-Fans tun sich damit teils schwer. Einfach viele aufeinanderprallende Emotionen, meisterhaft in Noten gesetzt, aber einfach sehr intensiv für die musikalische Seele. An diesem Abend: Gelächter! Der Chef am Pult tobt sich voller Spaß durch diese Musik, lässt die Volksmusikmelodien frisch durch die Reihen tanzen und das Posaunenglissando jazzig über die Bühne schwingen.

Zum absoluten Highlight des Abends wurde der berühmte und von Instrumentalisten gefürchtete Orchester-Showstopper Gioco delle Coppie. Die Oboensoli ließ Herr Mäkelä mit keckem Klang durch die Partitur hoppsen, selbst die in eigentlich an der Grenze des Schrillen komponierten Septimparallelen in den Klarinetten schienen in bester Harmonie durch den Saal zu spazieren.

Auch die Musiker des Osloer Weltklasse-Klangkörpers schienen an ihren hammerschweren und omnipräsenten Einzelstimmen regelrecht Spaß zu haben, die heitere Freude strahlte von der Bühne ins Publikum. Als wären Bartóks ganze Trauer und Traumata wie weggezaubert und er würde freudestrahlend mit seiner Frau am New Yorker Broadway spazieren gehen… bekanntlich hat der den Big Apple nicht so wahrgenommen.

Begonnen hatte das Konzert allerdings mit einem Beethoven-Schlager, also mit seinem 5. Klavierkonzert. Auch hier setzte Mäkelä seine Marke, so ließ er alle Feinheiten der Orchesterbegleitung aus der Partitur schweben und das Orchester auch mit dem teils monumentalen, heroischen Solo-Part verschmelzen. Insbesondere im zweiten Satz blühte ein süßer Streicherklang voll kammermusikalischer Intimität auf, als würden Solist und Orchester die musikalische Zeit im Raum schweben lassen.

Leif Ove Andsnes © Gregor Hohenberg

Apropos Solo-Stimme: Der Pianist Leif Ove Andsnes erledigte dieses Meilensteinwerk der Klavierkonzertliteratur samt dessen prächtigen Akkorden und kräftigen, die Klaviatur auf und ab rollenden Läufen völlig mühelos. Zwar resonierte die ganze Energie seines Flügels rund im Saal, doch nahm er die ausgestreckte Hand des Orchesters mit Grandezza an und spielte eben mit anstatt gegen seine Musikerkollegen. Gutes gemeinsames Musizieren geht eben auch in spektakulären Klavierkonzerten!

Eigentlich ein quer durch die Bank musikalisches Dream-Team, doch am Ende gehörte der Abend vor allem Klaus Mäkeläs die Werke auf den Kopf stellendes Dirigat. Was er wohl mit der Alpensinfonie machen wird? Meine musikalische Wetterprognose lautet: Heftige Gewitter am Horizont, zu mindestens steht ihm da ein nochmal deutlich kräftigerer Klangapparat zur Verfügung.

Johannes Karl Fischer, 1. November 2024 für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Klaus Mäkelä und die Osloer Musikverein, Wien, 30. Oktober 2024

Johannes Brahms, Symphonie Nr.1 & Doppelkonzert für Violine und Cello, Oslo Philharmonic, Klaus Mäkelä, Dirigent Wiener Konzerthaus, 6. Juni 2024

Klaus Mäkelä, Dirigent, Truls Mørk, Violoncello, Oslo Philharmonic Elbphilharmonie, 1. Februar 2024

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