Grafenegg Festival-Tagebuch: Honeck und Grafenegg präsentieren einen neuen Stern am Geigenhimmel

Maria Dueñas, Violine, Pittsburgh Symphony Orchestra, Manfred Honeck, Dirigent   Wolkenturm, Grafenegg, 26. August 2024 

Manfred Honeck © Felix Broede

Man glaubt gar nicht, dass die Andalusierin Maria Dueñas erst 22 Jahre alt ist; nach Ihrer Biographie und der musikalischen Reife müsste sie schon viel älter sein. In diesem Konzert bewies die junge Frau, die auch in Wien studierte, dass sie künstlerisch weit reifer ist als viele ihrer  Instrumentalkollegen. Und Manfred Honeck bereitete mit seinem Pittsburgh Orchester dazu ein wahres Fest.


John Coolidge Adams:
„Short Ride in a Fast Machine”

Max Bruch: Konzert für Violine und Orchester Nr. 1 in g-moll op. 26

Igor Strawinski: Suite aus dem Ballett „Feuervogel“ (Fassung 1919)

Giacomo Puccini: „Turandot-Suite“ (arrangiert von Manfred Honeck, orchestriert von Tomás Ille)

Maria Dueñas, Violine
Pittsburgh Symphony Orchestra

Manfred Honeck, Dirigent

Wolkenturm, Grafenegg, 26. August 2024

von Herbert Hiess

Das erfreuliche ist, dass der Dirigent Manfred Honeck mit diesem Konzert bewies, dass er völlig „zu sich gefunden“ hat. Ursprünglich Bratschist bei den Wiener Philharmonikern (und in der Wiener Staatsoper) war er ab 1987 eine Zeit lang Assistent von Claudio Abbado, von dem er bis hin zu den Bewegungen vieles übernahm. Anfänglich war Antonín Dvořáks Symphonie Nr. 8 in G-Dur eines seiner Lieblingswerke, wo er automatisch immer im Schatten von Herbert von Karajan lag und nie darüber hinaus kam.

Seit 2008 ist er Chef des amerikanischen Pittsburgh Orchestras, das  eines der führenden Orchester in den USA ist. Im Laufe der vielen Jahre fanden Dirigent und Orchester zu einer gemeinsamen Sprache und mittlerweile liefern sie authentische Spitzenleistungen, wie in diesem Konzert fulminant bewiesen wurde.

Das Konzert begann mit einer Art Fanfare von John Adams, die eher wie eine Art Marsch klang. Dicht und effektvoll instrumentiert ließ das Werk doch die Hörer etwas ratlos zurück. Aber es war zumindest erfreulich anzuhören.

Danach kam das wunschkonzertmäßige Violinkonzert von Max Bruch zum Erklingen; gemeinsam mit der jungen Dueñas hörte man ein seltenes Ereignis. Die junge Spanierin, die seit 2016 in Wien lebt, studierte unter anderem an der Kunst Privatuniversität der Stadt Wien (das ehemalige Konservatorium) bei dem legendären Geigenprofessor Boris Kuschnir, der beispielsweise auch Julian Rachlin unterrichtete.

© Tam Lan Truong

Die Geigerin verzauberte mit einem satten, silbrigen Klang und kostete wunderbar jede Phrase aus. Und das legendäre Adagio begann mit einem beispielhaften Pianissimo von Solistin und Orchester, das man so selten hört. Übrigens bediente sich Richard Strauss bei seiner „Alpensinfonie“ auch an diesem Adagio. Da gibt es die legendäre Anekdote, wo Strauss bei einem Spaziergang einen Komponistenkollegen traf und ihn fragte, wie ihm die „Alpensinfonie“ gefallen hätte. Der sagte sinngemäß „Ausgezeichnet, nur kurz vor dem Gipfel haben Sie sich einen Bruch geholt“.

Auf alle Fälle hat sich Maria Dueñas mit diesem Konzert rasch an die Weltspitze katapultiert – und das völlig zu Recht.

Nach der Pause kam Strawinskis „Feuervogel“Suite zum Erklingen, wo man deutlich die hohe Schule Lorin Maazels hörte, der legendär beim Ballett „Feuervogel“ und Ravels „Daphnis et Chloé“ aufführte. Da konnte Manfred Honeck als Bratschist viel lernen, was man bei diesem Konzert mehr als erfreulich hören konnte. Phantastisch das Orchester, vor allem Solovioline und Cello und vor allem der Hornist, der im Finale mit dem geisterhaften, fast unhörbaren Streichertremolo Gänsehaut erzeugte.

Und als ob das nicht noch genug gewesen wäre, hörte man die von Maestro Honeck arrangierte „Turandot“-Suite. Interessant gestaltet und instrumentiert war das ein interessantes Panoptikum dieser Oper. Wenn man die Oper sehr genau kennt, wunderte man sich manchmal über das musikalische „Tempelhüpfen“ quer durch die Szenen und Akte. Es war trotzdem ein exzellenter Klangrausch, der kaum die Sänger vermissen ließ.

Und auch hier hörte man die Schule von der unvergesslichen „Turandot“-Produktion unter Maazel an der Oper, wo Honeck als Bratschist noch mitspielte. Darüber hinaus war er auch bei der Plattenaufnahme unter Herbert von Karajan im Musikverein dabei. Mit diesem Rüstzeug war der Grundstein für dieses hervorragende Konzert gelegt.

Und als Zugabe gab es „Tybalts Tod“ aus Sergej Prokofjews „Romeo und Julia“ und danach sogar eine wunderschöne und stimmungsvolle „Morgenstimmung“ aus Edward Griegs „Peer Gynt“-Suite.

Mit diesem Konzert bewies Maestro Honeck dort angekommen zu sein, wo man ihn immer hinwünschte!

Mag. Herbert Hiess, 26. August 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Rising Stars 55: María Dueñas, Violine – der gute Musikgeschmack der Eltern wies einer Blitzkarriere den Weg klassik-begeistert.de, 4. Juli 2024

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