Foto: Anima Eterna Brugge © Jan Landau
Auditorium Grafenegg, 14. August 2022
Anton Bruckner: Symphonie Nr. 7 E-Dur
Anima Eterna Brugge
Pablo Heras-Casado, Dirigent
von Herbert Hiess
Man weiß ja nie, warum Musik mit Originalinstrumenten aufgeführt wird – ist es tatsächlich die Neugier nach dem historischen Originalklang oder bloß das Bedienen einer Marktlücke nach dem Motto „Schaut her, ich bringe euch was ganz Neues“.
Nikolaus Harnoncourt war der Apostel der Originalklangbewegung und machte diese in Musikerkreisen eigentlich salonfähig. Natürlich müssen sich die Musiker und das Publikum mit den akustischen und spieltechnischen Eigenheiten anfreunden; aber letztlich hat das durchaus seinen Reiz.
Bei dem Ensemble aus Brugge und Maestro Heras-Casado hat man tatsächlich den Eindruck, sie wollen große (und romantische) Werke dem Publikum näherbringen – und das mit Originalinstrumenten.
Sind schon bei der Barockmusik und der Klassik diese Klänge recht spröde; vervielfacht sich der Eindruck aber bei der Romantik. Und gerade bei dieser Matinee im Grafenegger Auditorium hörte man deutlich gewisse Problembereiche; vor allem bei den Hörnern und den Wagner-Tuben. Letztere finden in der siebenten Symphonie erstmals Eingang in Bruckners Werke; damit kommen sie bis zur neunten Symphonie vor. Der Klang der wunderbaren Instrumente ist so dominant, dass natürlich jede Unsauberkeit sofort hörbar ist.
Der spanische Dirigent Heras-Casado schlägt hier eine sehr forsche Gangart an. Er ist mit der ganzen Symphonie in beinahe 65 Minuten fertig gewesen. Das Werk begann zwar sehr beeindruckend phrasiert und abgestuft– wunderbar die Duette mit Celli, Streichertremolo und Holzbläsern. Da war der spanische Maestro voll in seinem Element und er führte mit Eifer und Verve durch dieses Werk. Leider ging das im Adagio etwas verloren; da hätte man sich mehr Kantilenen und Abstufungen gewünscht. Vor allem das Seitenthema war viel zu rasch genommen – da ging musikalisch einiges verloren.
Dafür war das Scherzo außerordentlich gut gelungen; das Trio davon exzellent. Bei dieser Gelegenheit muss das hervorragende Orchester besonders erwähnt werden; die Holzbläser waren einfach großartig. Schade, dass das Finale thematisch manchmal auseinanderfiel; offenbar gehört das zu einer modernen Interpretation, möglichst ohne Legati und Bögen zu spielen. Das wurde im Finalsatz fast zum Verhängnis. Man hörte nur viele Blöcke und danach die Coda. Und anstatt diese auszukosten wurde die noch extrem vorangetrieben.
Irgendwie war das Konzert eine Leistungsschau der hervorragenden Musiker auf allerhöchstem Niveau – so richtig hängen geblieben ist da leider recht wenig. Leider vermisste man die extrem verinnerlichten Gefühlsausbrüche bei früheren Interpretationen (zum Beispiel mit den Wiener Philharmonikern Carlo Maria Giulini und vor allem das legendäre Abschiedskonzert Herbert von Karajans im April 1989) von denen man oft noch tagelang zehren konnte.
Herr Pablo Heras-Casado ist ein hervorragender Dirigent und Organisator; da wäre es zu wünschen, dass das mit einer interpretatorischen Tiefe gleichziehen möge.
Herbert Hiess, 14. August 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Tonkünstler Orchester Niederösterreich Yutaka Sado, Dirigent Grafenegg, Wolkenturm, 24. Juni 2022