Elbphilharmonie Hamburg, 9. Juli 2021
Foto: © Thies Rätzke
NDR Elbphilharmonie Orchester
Rudolf Buchbinder, Klavier
Manfred Honeck, Dirigent
Werke von Edvard Grieg und Felix Mendelssohn Bartholdy
von Johannes Fischer
Eigentlich sollte der Saisonabschluss des NDR Elbphilharmonie Orchesters schon vor drei Wochen gefeiert werden. Uneigentlich schließt die Saison aber mit diesem „Corona-Bonus-Konzert“, also mit einem zweiten Saisonabschlusskonzert. Ein Geschenk für alle Musikliebhabenden wie auch für all die Corona-Helden, die für dieses Konzert Ehrenkarten erhalten hatten.
Leider mussten gleich zwei prominente Künstler des Abends absagen. Erst Dirigent Semjon Bytschkow, dann Pianist Leif Ove Andsnes. Dass mit Manfred Honeck und Rudolf Buchbinder für beide so hochkarätiger Ersatz gefunden werden konnte, ist ein kleines Wunder. Und dann auch noch, ohne das Programm zu ändern. Besonders das Grieg’sche Klavierkonzert gilt als sehr anspruchsvoll. Dafür so kurzfristig jemanden zu finden, der das mit solcher einer Bravour meistert, das muss man erst mal hinkriegen.
Rudolf Buchbinder hat an diesem Abend einmal wieder bewiesen, dass er eine der besten Pianisten der heutigen Zeit ist. Es gibt kaum einen Klang, den er nicht zu Gehör brachte: Läufe, die wie Champagner sprudelten, sanft singende Melodien, alles war dabei. Am aller beeindruckendsten war die Kraft, die er an einigen Stellen aus dem Instrument rausholte. Das Ende des letzten Satzes: Majestätisch wie die Fjorde Norwegens. Musikalische Landschaftsmalerei vom Allerfeinsten. Ja, Leif Ove Andsnes hätte es vermutlich etwas anders gespielt. Vielleicht noch etwas entspannter. Aber das ist trotzdem kein Grund, für Herrn Buchbinder Buh zu rufen.
Das NDR Elbphilharmonie Orchester musste sich in der Begleitung scheinbar erst mal zurechtfinden. Die Einleitung im ersten Satz wirkte etwas stramm, sehr konzentriert und fokussiert. Spätestens im zweiten Satz kamen dann aber singenden Geigenmelodien zum Vorschein und im Finale war nur noch ein Orchester statt 68 Musizierenden zu hören. Maßgeblich verantwortlich hierfür war vor allem Manfred Honecks glasklares Dirigat. Interessant, dass er an einigen Stellen, wo das Klavier ohne Orchesterbegleitung spielte, weiterdirigiert hat. Anscheinend war es für alle Musizierenden eine sehr spontane Situation.
Dann kam die Zugabe: Das pianistische Highlight des Abends. Eine Fantasie nach Themen von Johann Strauß. Ob von Buchbinder selbst oder von wem auch immer, ich weiß es nicht. Buchbinder selbst sagte nur, dass er etwas von Johann Strauß spielen würde. Aber was war das für ein Wiener Kaffeehaus-Klang! Als säße man im Schwarzenberg mit einer Frittatensuppe und einem Almdudler. Fast noch Straußiger als die Orchesterfassungen seiner Walzer. Denn beim besten Willen gibt es in ganz Wien kein Kaffeehaus, in dem die Wiener Philharmoniker in voller Besetzung Wiener Walzer spielen könnten.
Zuletzt noch die 4. Sinfonie – besser bekannt als die „Italienische“ – von Mendelssohn. Nach dem kalten a-Moll des Klavierkonzerts nun ein warmes, heiteres A-Dur. Besonders der Bläserklang im ersten Satz erinnerte an sonnige Tage in der Toskana. Die Kirchenchoralklänge im zweiten Satz waren vielleicht ein wenig zu eilig. Dafür war der letzte Satz – der übrigens wieder in a-Moll steht – umso energetischer. Sehr selten, dass man das so flott und tänzerisch hört. Keine Spur von dem Grieg’schen a-Moll, das das Publikum eine gute halbe Stunde vorher in den Ohren hatte. Sehr schön so.
Insgesamt ein sehr schöner zweiter Saisonabschluss mit zwei herausragenden Einspringern und einer fantastischen Zugabe. Das Einzige, was nicht funktioniert hat, waren die Programmhefttexte, denn diese haben in den Programmheften gefehlt. Offiziell „aufgrund eines Fehlers im Produktionsablauf“.
Johannes Karl Fischer, 10. Juli 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Richard Wagner, Tristan und Isolde Bayerische Staatsoper, Nationaltheater, 8. Juli 2021