Foto: Andrew Manze und die NDR Radiophilharmonie © ndr.de
Hannover, Großer Sendesaal des NDR, 21. März 2019
NDR Radiophilharmonie
Andrew Manze Dirigent
Francesco Piemontesi Klavier
JOHANNES BRAHMS, Klavierkonzert Nr. 2 B-Dur op. 83
JEAN SIBELIUS, Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 43
von Leon Battran
Da hat der Pianist Francesco Piemontesi dem Hannoveraner Publikum ein wundervolles Geschenk gemacht. Dieses umfangreiche, anspruchsvolle zweite Klavierkonzert von Brahms mit seinem dichten und fein verwobenen musikalischen Material. Francesco Piemontesis Interpretation perlt bei aller Kunstfertigkeit mit einer beeindruckenden Leichtigkeit. Dieser Brahms erklang beseelt und erfüllt von Leidenschaft.
1200 Menschen lauschten andächtig im Großen Sendesaal, wie der Schweizer Pianist und die NDR Radiophilharmonie unter ihrem Chefdirigenten Andrew Manze auf Augenhöhe miteinander musizierten. Die Chemie stimmt. Bei Brahms geht es um das sinfonische Zusammenwirken von Klavier und Orchester, weit mehr als um das virtuose Zurschaustellen solistischer Perfektion.
Für Andrew Manze zählt vor allem eines: Leidenschaft. Der sympathische Brite gibt sich wie gewohnt energisch und fordert von den Spielerinnen und Spielern der NDR Radiophilharmonie volle Hingabe und Inbrunst ein. Bei einer solchen dramatischen Intensität mag der Klang auch schon mal ein wenig ins Schroffe abrutschen.
Beinahe unwirklich erscheint demgegenüber das fragile und sangliche Andante. Das Solo-Klavier bekommt hier Gesellschaft von einem beherzten Solo-Cello. Nikolai Schneider, Solocellist der NDR Radiophilharmonie, lässt sein Instrument sich in verliebter Innigkeit aussingen. Das ist Cellolyrik vom Feinsten.
Auch das Klavier sorgt hier für hautnahe musikalische Momente, die zum Träumen einladen. Francesco Piemontesi interpretiert dieses Andante wunderbar feinfühlig mit geschmeidiger Akzentuierung. Das Klavier lässt er aufs Schönste singen und macht so fast vergessen, dass es sich eigentlich um ein Schlaginstrument handelt.
Der 35-Jährige kennt die vielfältigen Facetten und Ausdrucksmöglichkeiten seines Instruments und weiß sie auf subtile Weise einzusetzen. So auch in der Zugabe, einer Image von Debussy: „Et la lune descend sur le temple qui fut“. Sein Publikum lässt er erfüllt von dem leidenschaftlichen Brahms-Konzert und verzaubert von Debussys fremdartig anmutender impressionistischer Klanglandschaft zurück.
Es ist noch Gelegenheit, Francesco Piemontesi und Andrew Manze mit Brahms‘ zweitem Klavierkonzert zu erleben: am 22. März im Theater Wolfsburg, am 24. März erneut im Großen Sendesaal in Hannover, sowie am 25. März im Muziekgebouw Eindhoven in den Niederlanden.
Als zweiter Programmpunkt des Abends folgte Jean Sibelius‘ zweite Sinfonie. Diese erscheint mit ihrer ganz eigenen etwas plumpen Eleganz nicht weniger bedeutsam als das Brahms-Konzert. Jedoch erweist sich Sibelius‘ sinfonische Tonsprache im Vergleich als eher zäh und weniger fließend als bei Brahms.
Das Orchester hat hier Gelegenheit, sein Können auf verschiedene Weise zu demonstrieren. Hier gibt es spannungsgeladene Pizzicato-Passagen und mächtige Blechbläsersätze. Krönender Abschluss dieser Sinfonie ist das hymnische Finale mit seinem ausladenden melodischen Gestus.
Eine ebenso eindrückliche wie treffende Beschreibung liefert Chefdirigent Andrew Manze himself: „Kurz vor dem Ende der Zweiten Sinfonie erklingt ein berühmter Moment in Sibelius‘ Musik: Nach all der Dunkelheit und den Wolken lässt Sibelius eine Melodie aus dem Dunkeln aufsteigen und kreiert am Ende seiner Sinfonie solch eine Lichtflut und Wärme – ein fantastischer Moment.“
Leon Battran, 22. März 2019, für
klassik-begeistert.de