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Kongress & TheaterHaus Bad Ischl, 14. Juli 2018
Paul Abraham, Die Blume von Hawaii
von Mirjana Plath
Endlich ist Sommerzeit! Überall in Österreich eröffnen Festivals ihre Saison; ein besonders reizvolles Kleinod ist dabei das Lehár Festival in Bad Ischl. Umgeben von malerischen Bergen erhält die Stadt das Andenken an ihren Ehrenbürger Franz Lehár aufrecht, der hier Teile seines Lebens verbrachte. Als erste Premiere 2018 präsentiert das Festival jedoch kein Lehár-Stück, sondern Paul Abrahams Jazzrevue Die Blume von Hawaii, die 1931 in Leipzig uraufgeführt wurde.
Mit bunten Blumenketten begrüßt das Festival bei strahlendem Sonnenschein seine Gäste und stimmt sie auf eine quietschbunte Vorstellung mit Südsee-Flair ein. Regie führt Thomas Enzinger, der Intendant des Festivals. Er verwandelt die Operette in ein reizvolles Bühnenstück. Mit dem Märchen um die hawaiianische Prinzessin Laya verflicht er die Lebensgeschichte von Paul Abraham. Der jüdische Komponist erzählt im Rückblick, wie er vom gefeierten Operettenstar zum Flüchtling vor den Nazis wurde. In Amerika konnte er nicht Fuß fassen, er wurde in geistiger Umnachtung in eine Nervenklinik eingewiesen – Realität und Fiktion verschwimmen im Kopf des Protagonisten und auch in der Inszenierung. Enzinger holt das Stück damit aus seiner (aus heutiger Sicht) zuckersüßen Belanglosigkeit heraus und ergänzt sie um einen Aspekt, der die Zuschauer zum Nachdenken bringt. Das gelingt wunderbar.
Musikalisch kann die Operette in der ersten Hälfte nicht sonderlich überzeugen. Die Sängerinnen und Sänger werden größtenteils von den Instrumenten übertönt, aber auch das Orchester setzt keine spannenden Akzente. Darunter leidet die Textverständlichkeit. Dabei ist die Komposition so gut angelegt! Sie steht ganz im Zeichen des Musicals, jazzige Nummern bieten viele Möglichkeiten zur Stimmenentfaltung. Immerhin werden diese Möglichkeiten tänzerisch gut ausgeschöpft. Ramesh Nair, der die Choreografien gestaltet hat, bringt viel Stepptanz in die Inszenierung ein, der von den Darstellern toll umgesetzt wird. Dabei brilliert vor allem Nina Weiß (Soubrette) in ihrer Rolle als Bessie Worthington.
Optisch ist diese Blume von Hawaii schön anzusehen. Die Tanzformationen nutzen den Bühnenraum voll aus und schaffen ein abwechslungsreiches Bühnenspektakel. Die Kostüme, die wie die gesamte Ausstattung von dem gebürtigen Magdeburger Toto gestaltet wurden, sind fantasievoll darauf abgestimmt. Das Bühnenbild strahlt in glitzernden Flower-Power-Farben und verbreitet exotische Urlaubsgefühle.
Gesanglich sticht die Sopranistin Sieglinde Feldhofer in der Doppelrolle als Prinzessin Laya und Sängerin Suzanne Provence hervor. Als einzige Darstellerin bringt sie die Emotionen ihrer Rolle durch die Stimme zum Ausdruck. Sie kann auch die Texte klar verständlich von der Orchesterbegleitung absetzen und gemeinsam mit den Instrumenten ein schönes Gesamtbild erschaffen. Das gelingt sonst wenig.
In der zweiten Hälfte nach der Pause erhält die Aufführung eine darstellerische Steigerung. Zu Beginn wirkte die Handlung etwas gekünstelt, die Gags erzwungen und das Schauspiel aufgesetzt. Mit der Zeit scheinen sich die Darsteller wohler zu fühlen, sie leben zunehmend ihre Rollen aus und können überzeugender auf der Bühne agieren.
Ramesh Nair übernimmt neben der Choreografie auch die Partie des Sekretärs John Buffy, der unglücklich in Bessie Worthington verliebt ist. Wenn er aber nicht gerade einen seiner einfallsreichen Tänze aufführt, witzelt er sich mit penetranten Scherzen aus den Herzen der Zuschauer heraus. Stellenweise kann Clemens Kerschbaumer gesanglich mit Sieglinde Feldhofer mithalten. Der Tenor übernimmt die Rolle des Prinzen Lilo-Taro, der am Ende glücklich mit seiner hawaiianischen Prinzessin Laya vereint wird.
Mark Weigel überzeugt mit seiner schauspielerischen Darbietung. Er verkörpert sowohl den amerikanischen Gouverneur Lloyd Harrison als auch Paul Abraham und ist damit beinahe ununterbrochen auf der Bühne. Sehr einfühlsam trifft er den Ton des wehmütigen Komponisten, der auf sein leidgeprägtes Leben zurückblickt. Am Ende führt sein Psychiater den verwirrten Abraham von der Bühne. Thomas Enzinger lässt die Inszenierung damit sehr emotional enden. Wie bei einem Filmabspann zeigt er dann noch Aufnahmen von Paul Abraham, die Stationen seines Lebens Revue passieren lassen.
Mirjana Plath, 15. Juli 2018, für
klassik-begeistert.de
Marius Burkert, Musikalische Leitung
Thomas Enzinger, Regie
Toto, Ausstattung
Ramesh Nair, Choreografie
Sabine Wiesenbauer, Lichtgestaltung
Gerald Krammer, Choreinstudierung
Antonia Mathie, Regieassistenz
Astrid Nowak, Choreografische Assistenz
Nicole Eckenigk, Dance Captain
Susanne Marik, Inspizienz
Martón Kiss, Korrepetition
Sieglinde Feldhofer, Suzanne Provence / Prinzessin Laya
Clemens Kerschbaumer, Prinz Lilo-Taro
Susanna Hirschler, Raka
René Rumpold, Kapitän Reginald Harold Stone
Gaines Hall, Jim Boy
Nina Weiß, Bessie Worthington
Ramesh Nair, John Buffy
Mark Weigel, Paul Abraham / Lloyd Harrison
Stefan Jovanovic, Kanako Hilo
Franz Lehár-Orchester
Musicalenemble mit Nicole Eckenigk, Jonas Kägi, Nicolas Lugstein, Melanie Oster, Thomas Karl Poms und Lisa Tatzber
Chor des Lehár Festivals Bad Ischl