So geht Oper, good voices make the world go round!
Bayerische Staatsoper (Nationaltheater), 12. Juli 2024
Pjotr I. Tschaikowski, Pique Dame (Pikowaja Dama)
Dirigent: Aziz Shokhakimov
Foto: Lise Davidsen © James Hole
von Andreas Schmidt
Nachdem der Noch-Tenor Jonas Kaufmann mit enger, knotiger, gepresster Stimme am Donnerstag im Nationaltheater in München enttäuscht hatte, erlebte der Opernfreund am Freitagabend ein Stimmenfestival der Extraklasse mit würdiger Inszenierung und einem energetischem Dirigat eines famosen Bayerischen Staatsorchesters.
Auf dem Programm: Pjotr I. Tschaikowski, Pique Dame.
Eine seelenschöne Oper.
Eine russische Oper.
Eine Oper, die das Herz berührt.
Alle 14 Solo-Sängerinnen und -Sänger boten, ein jeder, eine jede, eine formidable Leistung.
So geht Oper, good voices make the world go round.
Eine Weltklasse-Leistung mit Sternchen bot die Norwegerin Lise Davidsen als Lisa. Mein Gott, diese wunderbare Frau wird besser und besser. Jetzt ist sie schon eine Hochdramatische. Ihre makellose Stimme füllte mühlelos das Nationaltheaterrund. Was für Nuancen, was für Zwischentöne. Im Piano singt sie noch ganz weich, hoch gestützt. Jeder, der Oper liebt, kommt an dieser Jahrhundert-Sängerin nicht vorbei. Wann werden Sie Richard Wagners Brünnhilde im Ring des Nibelungen singen? Noch mehr Vibrato fügen Sie Ihrer Stimme nicht zu, liebe Lise….
Eine glatte 1 ersang sich der aus dem US-Bundesstaat Montana stammende Tenor Brandon Jovanovich als Hermann. Er ist für seine leidenschaftlichen Darstellungen in slawischen, französischen und deutschen Opern bekannt. Der 53-Jährige gab wirklich alles an Stimme, an Hingabe, an Schauspiel. In allen Lagen war er Herr seiner Stimme und bestach mit feurigen Höhen und einer männlichen tiefen Lage. Respekt, Respekt für diese Energieleistung.
Fürst Jelezki in persona Boris Pinkhasovich punktete unter anderem mit zwei wunderbar geführten Bariton-Arien, stolz, männlich, stark und dennoch wunderbar weich geführt. Wohlfühlstimme! Mindestens eine 1 ersang sich der Austro-Russe. Er erhielt seine Ausbildung in Dirigieren und Gesang am Konservatorium in seiner Heimatstadt St. Petersburg. Gleich nach Studienabschluss wurde er als Solist des dortigen Michailowski-Theaters engagiert.
Sehr sehr stark agierten auch die beiden Mezzosopranistinnen Violeta Urmana und Victoria Karkacheva. Urmana (Die Gräfin) riss zu großem Applaus hin mit ihrer Arie im zweiten Teil, nobel, ganz Frau, Erda-gleich – Brava! Die bildschöne Mezzosopranistin Victoria Karkacheva (Lisas Freundin Polina) stammt aus Wolgograd und schloss ihre Ausbildung als Mitglied im Programm für junge Künstler des Bolschoi-Theaters in Moskau ab, wo sie auch ihre ersten Auftritte absolvierte, so als Aglaja in Mieczysław Weinbergs Der Idiot. Ihre warme Mezzostimme hat höchsten Wiedererkennungswert und überzeugt durch Wärme und Brillanz.
Pique Dame in München: So geht Gesang! So geht Oper!
Andreas Schmidt, 13. Juli 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
P.I. Tschaikowskij, Pikowaja Dama/ Pique Dame Deutsche Oper Berlin, 15. März 2024
Pjotr I. Tschaikowski, Pique Dame Nationaltheater, München, 4. Februar 2024
Peter Tschaikowsky, Pique Dame, Philharmonie Berlin, konzertante Aufführung, 21. April 2022
Pjotr Iljitsch Tschaikowski, Pique Dame, Royal Opera House, London, 22. Januar 2019
Gebt der Davidsen noch ein wenig. Bitte nicht als Brünnhilde und Isolde verheizen, mit der man sie dann paar mal um den Globus hetzt, bis Schluss mit lustig ist. Kreischende Brünnhilden gibt es schon en masse.
Jürgen Pathy