Arena di Verona, 25. August 2022
Plácido Domingo in „Verdi Opera Night“
Die Erwartungen waren hoch – und für viele Domingo-Fans war der Besuch dieser voll inszenierten Verdi-Gala zu Ehren von Plácido Domingo insgeheim von der leisen Vorahnung überschattet, dass ihr inzwischen 81-jähriges Idol an diesem heißen August-Abend in der Arena von Verona zum letzten Mal auf einer großen Bühne zu sehen sein könnte. Diese Vermutung bestärkte sich: Während Domingo sich als Amonasro im ersten Teil dieses Abends, einem Auszug aus „Aida“, noch standhaft geschlagen hatte, streikte seine Stimme nach dem Duett mit Lady Macbeth. In einer Lautsprecherdurchsage wurde dies taktvoll als „Versagen der Stimme“ erklärt und der russische lyrische Bariton Roman Burdenko als Ersatz angekündigt. Beim Schlussapplaus trat dann Domingo, sichtlich geschwächt aber von allen Kollegen und Kolleginnen liebevoll eskortiert, wieder auf. Vielleicht das letzte Mal, zumindest in Verona, wo er 1969 als Calaf in der „Turandot“ sowie als Don Carlo erstmals aufgetreten war. Die „Verdi Opera Night“ am 25. August war eine Hommage an jene Vorstellung.
von Dr. Charles E. Ritterband (Text und Fotos)
Die Arena di Verona gab an diesem Abend ihr Bestes: drei Ausschnitte aus drei der berühmtesten Verdi-Opern, „Aida“, „Don Carlo“ und „Macbeth“ in voller Inszenierung (Stefano Trespidi) mit großartig kostümierter Statisterie und Ballett: Der Triumphzug, im Gegensatz zu vergangenen Zeiten längst ohne Elefanten oder auch „nur“ Pferde, aber mit üppig goldenem Gepränge, zehn Trompeter mit ihren speziellen Verdi-Trompeten und das gesamte Personal, ägyptische Krieger und äthiopische Kriegsgefangene.
Dann trat Domingo auf in dieser prachtvoll-bunten Masse, aufwendig und fast nicht mehr erkennbar als Amonasro, äthiopischer Heerführer und Herrscher hergerichtet – neben der mit subtil-melodiöser Stimme singenden Aida der uruguayischen Sopranistin María José Siri. Das Orchester „della Fondazione Arena di Verona“ unter der souveränen Stabführung von Maestro Jordi Bernàcer beherrscht seinen Verdi wie nur wenige – entsprechend überwältigend die Klangwolken, welche dieses Orchester über die zweitausendjährigen Steinstufen der Arena ausbreitete.
Im zweiten Teil war Domingo im inhaltlich zwar spannungsreichen aber musikalisch nicht sehr aufregenden Dialog mit König Philipp II. zu sehen. In dieser Rolle, besonders im bewegenden Studienzimmer-Monolog („Ella giammai m’amò“ – sie hat mich nie geliebt), glänzte der russische Bassist Ildar Abdrazakov mit einer virilen, warmen Stimme. Danach das Duett mit der Königin Elisabetta, welche einmal mehr von María José Siri verkörpert wurde.
Im dritten Teil, in dem diese Sopranistin ebenfalls mit klarer, kraftvoller, raumfüllender Stimme – die Arena di Verona verzichtet nach wie vor, im Gegensatz zu Bregenz und St. Margarethen, auf Mikrofone und Lautsprecheranlagen, sodass die Stimmen der Sängerinnen und Sänger in ihrer ganzen Kraft und unverfälschten Reinheit genossen werden können – nach dem Duett mit Lady Macbeth musste Domingo dann vor dem stimmlichen Versagen kapitulieren.
Dr. Charles E. Ritterband, 25. August 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Giacomo Puccini „Turandot” Arena di Verona 03. September 2021
Giuseppe Verdi, La Traviata, Arena di Verona, 02. September 2021
For your information: Domingo will sing again at the Arena on 06-08-2023 and I have my ticket already!
Neeltje
Offensichtlich war der Kritiker nicht bis zum Schluss in der Vorstellung oder war nicht ganz bei der Sache, da Plácido Domingo sehr wohl Macbeth gesungen (den ersten von zwei Auftritten) hat und zwar ohne das geringste Zeichen von Schwäche oder Trübung, er hat sich lediglich in den letzten 15 Minuten des 3-Stunden-Abends von dem genannten Kollegen vertreten lassen. Auch beim Schlussapplaus war er so fit und agil, wie man ihn seit Jahren kennt. Das Tragische des Abends war das einschläfernde Dirigat des spanischen Nichtskönners Jordi Bernàcer, der spannungslos und Verdi-unkundig die Ohren malträtierte. Was man auch daran erkennen kann, dass dem Rezensenten wohlwollend die Kostüme der Statisten auffielen.
von Specht