Fotos: Polina Osetinskaya © Shigeru Kawai Europa
Mit ihrem luftig-spaßigen Bach-Spiel holte die Pianistin Polina Osetinskaya die ganze leichte Energie dieser Musik aus den Tasten und brachte Orchester wie Publikum mächtig in Zugaben-Stimmung. So viel Barock-Begeisterung gab es in Hamburg schon lange nicht mehr zu hören!
Polina Osetinskaya, Klavier
Kammerorchester der Neuen Philharmonie Hamburg
Werke von Felix Mendelssohn Bartholdy, Johann Sebastian Bach und Pjotr Iljitsch Tschaikowski
Laeiszhalle Hamburg, 24. April 2024
von Johannes Karl Fischer
Eine grenzenlose Begeisterung erfasst die Laeiszhalle, wenn die Pianistin Polina Osetinskaya ihren Bach auf die Bühne bringt! Voller Enthusiasmus und mit viel flotter Energie stürzt sie sich in die ursprünglich für Cembalo geschrieben Klavierkonzerte, die Neue Philharmonie Hamburg reißt sie mit in die wunderbare Welt dieser Musik. Der Bass läuft wie ein Uhrwerk, auf dem sie die Melodie obendrauf mittanzen lässt. Auch 300 Jahre nach ihrer Schöpfung ist diese Musik eben zeitlos genial und bringt das Laeiszhallen-Publikum mächtig in freudige Abendstimmung.
Ein bisschen wie Pop-Musik, so würdigen einige Barock-Fans ihre Lieblingsgattung. Das war am heutigen Tag auch deutlich zu spüren, Frau Osetinskaya holte aus den Tasten des wunderbar klangschönen Flügels von Shigeru Kawai stets einen flockig-barocken Drive und brachte das Publikum an die Grenzen des Mitwippens. Die luftige Leichtigkeit der Melodik ließ sie dennoch keinesfalls auf der Stecke liegen, musikalisch lag immer eine frische Frühlingsstimmung in der Luft. Die Perfekte Musik zum Runterkommen und Aufheitern nach einem stressigen Arbeitstag…
Mit einem kurzen Zeichen an Publikum und Orchester stimmte die Pianistin auf das d-Moll Konzert BWV 1052 ein, wo sie ordentlich Dampf gab und das Publikum so richtig mitnahm. Wie ein musikalischer Vergnügungszug, der an einem sonnigen Sonntag freudig über eine grüne Wiese saust. Sie weiß das Instrument ganz und gar für sich zu beherrschen und die luftig-spaßige Energie dieser Musik auch aus dem zu Bachs Zeiten noch in weiter Ferne liegenden Flügel rauszuholen. Danach ebenso wunderbar: Das Konzert für Klavier, Streicher und Basso Continuo f-Moll BWV 1056.
Ach ja, drei Zugaben spielte sie auch noch. Das habe ich bislang nur bei Martha Argerich gesehen, die – übrigens auch in diesem traditionsreichen, in der Hansestadt mittlerweile leider an zweiter Stelle stehenden Konzertsaal – nach Beethovens 1. Klavierkonzert mal eben schnell das Prokofiev-Precipitato raus haute. Quasi noch ein Extra-Konzert nach dem Hauptprogramm. Die stürmischen und lautstarken Brava-Rufe wollten auch heute nach der dritten Zugabe nicht enden. Naja, auf ewig kann dieses Musikglück leider nicht weiter gehen…
Nach der Pause gab es dann noch die Streicherserenade von Tschaikowsky. Ein wunderbares, passioniertes Werk für sich, dessen Kräfte das Kammerorchester der Neuen Philharmonie Hamburg auch in der Laeiszhalle zum Strahlen und Schwingen brachte.
Die MusikerInnen unter Leitung von Konzertmeister Tigran Mikaelyan ließen mit einer ganz wunderbar klaren Darbietung der altbekannten Bach-Orchesterarie nochmal den ganzen Klangzauber ihrer Instrumente aufblühen. So bringt man auch mal diesen fast schon überspielten Zugaben-Schlager mal richtig zum Strahlen!
Die Krone des Abends ging also an die Bach’sche Musik… und Polina Osetinskayas federleicht spaßigen Klavierzauber.
So viel Barock-Begeisterung gab es in Hamburg schon lange nicht mehr zu hören!
Johannes Karl Fischer, 25. April 2024 für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
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