So sieht der erste Spielplan der Staatsoper Unter den Linden nach den Sparmaßnahmen aus

Pressekonferenz, Spielzeit 2025/26  Staatsoper Unter den Linden, 27. März 2025

STAATSOPER Unter den Linden © Peter Adamik

Intendantin Elisabeth Sobotka und GMD Thielemann zeigen sich bei der Spielplanpräsentation der Staatsoper unter den Linden 2025/2026 optimistisch und experimentierfreudig. Ideen zu Sparmaßnahmen bleiben aus.

Präsentation der Spielzeit 2025/26

Staatsoper Unter den Linden, 27. März 2025

von Arthur Bertelsmann

Für die Staatsoper unter den Linden war die bisherige Spielzeit ein Debakel.

Fast jede Premiere wurde von der Presse einhellig zerrissen, dazu kamen die brutalen Sparmaßnahmen: 15 Millionen Euro jährlich muss die Stiftung Oper einsparen, die Staatsoper ist am schwersten betroffen.

Bereits eine Premiere für die kommende Spielzeit wurde gestrichen.

Und doch lächeln Intendantin Elisabeth Sobotka und Generalmusikdirektor Christian Thielemann bei der Spielplanpräsentation 2025/2026 um die Wette.
Thielemann betont mehrmals die hervorragende Zusammenarbeit mit „seiner“ Staatskapelle, sowohl künstlerisch als auch menschlich passe es perfekt. Ein neues Pult habe er bekommen „mit schönem Messinggeländer“, sagt Thielemann freudestrahlend.

Auch Elisabeth Sobotka zeigt sich im Hinblick der neuen Spielzeit zuversichtlich.

Der Ausfall der Premiere klänge dramatischer, als es in Wirklichkeit sei, denn neben den finanziellen Problemen habe der eigentlich geplante Regisseur das Stück kreativ nicht realisieren können.

Als Ersatz dafür gibt es dann nochmal – die in dieser Spielzeit erstmals aufgeführte – Schweigsame Frau von Richard Strauss – beide Male dirigiert von GMD Thielemann.

Überhaupt ist der gebürtige Berliner in der kommenden Spielzeit öfter zu sehen als angenommen.

Zwei Ringzyklen, zwei Straussopern (Schweigsame Frau, Rosenkavalier) und die 2026 genau 100 Jahre alte Oper Wozzeck wird er dirigieren. Darüber hinaus sieben Konzerte: Von den Strauss’schen Osterliedern über das Klavierkonzert von Pfitzner (Klavier: Igor Levit) bis hin zu Operettenstücken von Franz Lehár zum Jahreswechsel 25/26.

Ansonsten finden sich überraschend wenige Dirigentenstars, Zubin Mehta dirigiert an seinem 90. Geburtstag Sinfonien von Mozart und Mahler, Rattle beendet mit der Prämiere des Schlauen Füchslein den nun vier Opern umspannenden Janáček Zyklus an der Staatsoper.

Ansonsten jedoch eher Routiniers wie Alexander Soddy oder John Fiore.

Das suggeriert keinesfalls Qualitätseinbußen, ist jedoch problematisch, da das Opernhaus plant – in Folge der Sparmaßnahmen – die Kartenpreise anzuheben.

Fällt nun ein wesentliches Verkaufsargument – der Name des Dirigenten – weg, wird es schwerer, die teuersten Karten loszuwerden.

Jedoch wird bei den Sängern in der kommenden Saison einiges aufgeboten:

Der nach einer Stunde ausverkaufte Ring des Nibelungen ist mit Andreas Schager (Siegfried), Anja Kampe (Brünnhilde) und Michael Volle (Wotan) hochkarätig besetzt.

Zu den Osterfestspielen singt Anna Netrebko in einer Neuinszenierung von Verdis Un Ballo in Maschera, und bei Liederabenden sind u.a. Asmik Grigorian und Renée Fleming zu hören.

Gedulden müssen sich leider weiterhin die Barockfans, denn bereits ein zweites Mal sind die beliebten Barocktage aus dem Programm gestrichen, Sobotka verspricht jedoch ein Comeback Ende 2026.

Die Repertoireaufführungen bieten wenig Außergewöhnliches; viel Verdi, Mozart und Puccini (alleine 14-mal Tosca), jedoch sind die Premieren erstaunlich nischig.

STAATSOPER Unter den Linden © Peter Adamik

Neben Verdi und Janáček gibt es eine Neuinszenierung von Mozarts kniffliger Entführung aus dem Serail, die Uraufführung Das kalte Herz vom zeitgenössischen Komponisten Mathias Pintscher und die in Berlin fast nie aufgeführte Les contes d’Hoffmann von Offenbach unter Regie von Lydia Steier.

Überhaupt scheint es so, dass die Sparmaßnahmen in Berlin mehr oder weniger von der Staatsoper ignoriert wurden. Bis auf die „moderaten“ Preiserhöhungen der Karten bleibt unklar, wo denn überhaupt Geld eingespart wird.

Sobotka und Thielemann sagen, sie wollen nicht an der Qualität des Hauses sparen. Recht so, aber die Sparmaßnahmen sind nun mal beschlossene Sache und einfach so weiter zu machen und zu hoffen, dass ein Macht- oder Richtungswechsel der Politik erfolgt, ist naiv. Viele Kosten sind durch Tarifverträge und lange Vorbereitungen bis 2028 fix und werden bis dahin aus Reserven der Staatsoper bezahlt, doch was passiert in drei Jahren?

Eine langfristige Kosteneinsparung sei unmöglich, so Sobotka, das amerikanische Modell (sprich, Sponsoren und Mäzene) ist in Deutschland aufgrund von Steuerrecht und grundlegend anderer Organisation der Opernhäuser nicht umsetzbar. Eine andere Idee als zu hoffen, dass doch noch alles gut werde, scheint dem Opernhaus nicht einzufallen.

Zum Schluss der Pressekonferenz schlägt eine Journalistin vor, den Korridor der Klassik zu öffnen, mehr Menschen aus breiteren Schichten sollen die Oper besuchen, sie unterstützen und dadurch gesamtgesellschaftlich relevant machen.

Thielemann stimmt zu, deswegen gibt es auch einen Abend mit Jazz und Salonmusik mit dem GMD als Dirigent.

Eine rührende, aber anachronistische Idee, vielleicht interessieren sich im gutbürgerlichen Berliner Steglitz Menschen über Sechzig für Jazzmusik aus den 1920ern, aber mit Sicherheit nicht die Kassiererin aus Marzahn oder der Schüler aus Wedding.

Eine gute Idee, die in diese Kerbe schlägt, war die im Jahr 2024 erstmals öffentliche Generalprobe für alle unter 30-Jährigen für 5 Euro. Das Haus war voll und ein anderes Publikum zeigte sich. Nicht nur, dass für wenig Geld Klassik zu hören war, dort konnte man auch anschaulich sehen, wie Dirigent und Orchester arbeiten, bestimmte Stellen der Partituren hervorheben und polieren.

Auch nächste Spielzeit soll vor der Premiere zu Entführung aus dem Serail eine öffentliche Generalprobe stattfinden. Bitte mehr davon – und nicht nur für U30 – denn solche Aktionen machen die Klassik mit Sicherheit zugänglicher als pseudo-lockere Unterhaltungsmusik, bieder gespielt von der Staatskapelle.

Arthur Bertelsmann, 27. März 2025 für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Leoš Janáček, Die Ausflüge des Herrn Brouček Staatsoper Unter den Linden, Premiere, 16. März 2025 PREMIERE

Christian Thielemann, Felix Mendelssohn Bartholdy Staatsoper Unter den Linden, 24. Februar 2025

Richard Strauss, Der Rosenkavalier Staatsoper Unter den Linden, 1. Februar 2025

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