Walküre neu © Stephan Walzl
Die Walküre
Richard Wagner (1813 — 1883)
Erster Tag des Bühnenfestspiels „Der Ring des Nibelungen“
In deutscher Sprache mit Übertiteln
Musikalische Leitung Vito Cristofaro
Inszenierung Paul Esterhazy
Bühne und Kostüme Mathis Neidhardt
Licht Ernst Engel/ Regina Kirsch
Dramaturgie Stephanie Twiehaus
Szenische Wiedereinstudierung Mathilda Kochan
Besetzung:
Siegmund Martin Iliev
Hunding Sami Luttinen
Wotan Kihun Yoon
Sieglinde Ann-Beth Solvang
Brünnhilde Nancy Weißbach
Fricka Kathrin Göring
Gerhilde Joo-Anne Bitter
Ortlinde Susanne Serfling
Waltraute Maren Engelhardt
Schwertleite Maiju Vaahtoluoto
Helmwige Martha Eason
Siegrune Nana Dzidziguri
Grimgerde Sarah Alexandra Hudarew
Roßweiße Hanna Larissa Naujoks
Oldenburgisches Staatstheater, 14. Januar 2024
von Axel Wuttke
Im Februar 2017 startete das Oldenburgische Staatstheater mit dem Rheingold die erste Inszenierung des kompletten Ringes des Nibelungen.
Beendet wurde der Ring dann im September 2019. Nachdem vorherige Projekte nicht zu Ende geführt werden konnten, ist es dem unermüdlichen Einsatz des scheidenden Generalintendanten Christian Firmbach zu verdanken, dass nicht nur endlich alle Teile aufgeführt werden konnten, sondern dass dieser Ring auch überregional für Begeisterung und Zustimmung sorgte.
Die Inszenierung von Paul Esterhazy, in der Ausstattung von Mathis Neidhardt, verlegt die Handlung in ein einsames Bergdorf in der Schweiz, in Anlehnung an die Tatsache, dass Wagner große Teile des Rings in der Schweiz geschrieben hat. Der Gedanke geht auf, durch klare Charakterisierung der Personen und einer lebhaften, von der Drehbühne unterstützten Bewegungs-Choreographie, entspinnen sich persönliche Dramen durch die Machtgier des Dorf-Patriarchen Wotan.
Die Regie bleibt weder dem Stück noch der Musik etwas schuldig, sie verdeutlicht, ohne über zu inszenieren und sorgt dafür, dass der Zuschauer mit Spannung die Handlung verfolgt und mit den Personen mitgeht. Die wunderbar gestaltete Bühne aus Naturholz mit immer wechselnden Räumen ermöglicht es den Darstellern, voneinander- aber auch durch verschiedene Räume aufeinander zuzugehen. So entspinnt sich eine Deutlichkeit, die sowohl die Bestrebungen der Personen als auch ihre Gefühlswelten eindrücklich hervorbringt.
Es geht also auch ohne intellektuelle Fehlinterpretationen. Direktheit und Anteilnahme an den Personen bescherten diesem Ring einen riesigen Erfolg.
Die geplanten drei Zyklen des Rings mussten wegen der Corona-Pandemie verschoben werden und fanden erst 2022 statt. Nur ungern verabschiedete man sich von diesem Ring und so setzte das Oldenburgische Staatstheater für Januar 2024 nochmal drei Vorstellungen der Walküre an. Vor einem begeisterten Publikum, das schon nach dem ersten Akt in Jubelstimmung in die Pause ging, entfaltete diese Produktion nochmal ihre ganze Wirkung.
Unter der Leitung des ersten Kapellmeister Vito Cristofaro gestaltete das Orchester einen warmen, durchsichtigen und an den expressiven Stellen auch lautstark zupackenden Klang, einzig die Blechbläser hatten einige sehr unschöne Momente, was den Gesamteindruck etwas schmälert.
Seine Sänger begleitete er vorbildlich mit genauem Augenmerk auf die Bühnensituation und ihre Bedürfnisse, immer auf das Zusammenspiel achtend. Eine starke Leistung.
Ann-Beth Solvang singt eine warmtimbrierte, im positiven Sinn frauliche und zutiefst bewegende Sieglinde. In den vorherigen Teilen hat die Sängerin die Erda, 3. Norn und Flosshilde gesungen und erweitert ihr Fach mittlerweile um Sopranpartien. Die weiche Mittellage öffnet sich ganz ohne Registerbrüche zu jubelnden Höhen, bei denen die Stimme nichts von Ihrem Klang einbüßt. Das „Hehrste Wunder“ im dritten Akt hatte eine Intensität, die unmittelbar zu Herzen ging.
Gekrönt wird diese außergewöhnlich schöne gesangliche Leistung durch eine große Bühnenpräsenz und natürliches, lebhaftes, nie aufgesetzt wirkendes Spiel. Ein Glücksfall!
Ganz anders geartet und doch genauso beglückend die Brünnhilde von Nancy Weissbach. Zu ihrer großen, schlanken Erscheinung kommt ein erhabener, nobler Ausdruck und ein zurückhaltendes Spiel, das bei großer Bühnenpräsenz die Tochter Wotans immer wieder erkennen lässt. Mit ihrer durchschlagskräftigen, nie forcierten, klaren und hellen Stimmgebung bleibt sie der Rolle nichts an Ausdruck und Intensität schuldig. Auch sie ist eine ideale Besetzung in dieser Produktion.
Als Siegmund war Martin Iliev, der die Rolle für den angekündigten Zoltan Nyary gesungen hat, eine gute Wahl mit zwar manchmal etwas kehligem Klang, aber dafür mit heldischem Timbre und kräftigen Spitzentönen.
Bedrohlicher und gewalttätiger kann man den Hunding nicht spielen, trotzdem bleibt Sami Luttinen stimmlich immer kantabel und stilsicher.
Etwas klein vom Stimmvolumen die Fricka von Kathrin Göring, für die diese Partie einen Grenzbereich darstellt. Allerdings machte sie durch ausdrucksstarkes Spiel dieses Manko durchaus wett.
Homogen, klangschön und ausdrucksstark, alle Sängerinnen der Walküren.
Ein wenig enttäuschend war der Wotan von Kihun Yoon, der trotz schönem und starkem Stimmmaterial durch unklare Diktion, verschleppte Notenwerte und veristischen Manierismen der Rolle einiges schuldig blieb. Mit dem Wotan sollte sich der Sänger noch Zeit lassen. Das Rüstzeug dazu hat er sicherlich.
Am Ende einhelliger Jubel für alle Beteiligten und ein bisschen Wehmut beim Gedanken an die Tatsache, dass dieser Ring jetzt wirklich Geschichte ist.
Axel Wuttke, 17. Januar 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Rückblick: DER RING DES NIBELUNGEN >br> Oldenburgisches Staatstheater, September/Oktober 2022
Richard Wagner: Das Rheingold & Die Walküre Theater Basel, 23. & 24. September 2023
Die Walküre, Musik und Libretto von Richard Wagner Bayreuther Festspiele, 27. Juli 2023