1. Aufzug: Michael Spyres (Siegmund), Georg Zeppenfeld (Hunding), Vida Miknevičiūtė (Sieglinde) Bayreuther Festspiele © Enrico Nawrath
Der Regisseur gibt mit seiner Sichtweise an diesem Abend dem Publikum einige Rätsel auf. Allerdings lassen sich diese, bei genauem Nachdenken und Reflektieren, sehr wohl in den Ring-Kontext einfügen. Immer vorausgesetzt, man lässt sich auf Neues ein und beschäftigt sich damit. Andererseits schafft er immer wieder geradezu magische Momente, in denen man den Atem anhält und deren Intensität überwältigt.
Richard Wagner
Der Ring des Nibelungen
Erster Tag: Die Walküre
Musikalische Leitung: Simone Young
Regie: Valentin Schwarz
Bühne: Andrea Cozzi
Kostüm: Andy Besuch
Dramaturgie: Konrad Kuhn
Lichtwiederaufnahme: Nicol Hungsberg nach Reinhard Traub
Video: Luis August Krawen
Orchester der Bayreuther Festspiele
Bayreuther Festspiele, 29. Juli 2024
von Axel Wuttke
Was beim „Rheingold“ so verheißungsvoll begann, setzt sich fort. Simone Young begeistert auch bei der Walküre durch ein spannungsgeladenes Dirigat, das alles an Schönheit und Dramatik aus der Partitur herausholt. Wieder folgt das Festspielorchester mit hochintensivem, in den dramatischen Phasen voluminösem Klang. Die stimmigen Tempi und die genaue Reaktion auf die Sänger zeugen von einer großen Liebe zur Musik Richard Wagners. Die Festspielstimmung beim Ring hält an.
Großes Augenmerk lag auf dem Debüt von Vida Miknevičiūtė und Michael Spyres als Wälsungen-Paar. Und die Debüts sind mehr als gelungen.
Vida Miknevičiūtė überzeugte mit ihrer leicht herben, geradezu glühenden Soptran-Stimme und einem intensiven Spiel als Sieglinde. Die Seelenzustände und die Härte ihres Lebens gestaltet sie, gepaart mit einer perfekten Durchdringung des Textes, mitreißend.
Michael Spyres gibt mit seinem dunkel grundierten Baritenor einen heldischen, geradezu überrumpelnden Siegmund. Ist aber auch zu zarten, lyrischen Momenten fähig. Einzig die textliche Durchdringung ist noch nicht auf dem Stand seiner Partnerin. Aber hier spielt vielleicht auch Nervosität eine Rolle. Sicherlich steht hier schon ein zukünftiges Bayreuther Traumpaar auf der Bühne. Die Entwicklung bleibt abzuwarten.
Der Hunding wird von Georg Zeppenfeld nicht nur als gefährlicher Gegenspieler Siegmunds, sondern auch als brutaler Ehemann, gesanglich und darstellerisch, äußerst intensiv gestaltet.
Christa Mayer ist als Fricka ganz in ihrem Element. Mit weit ausstrahlender, klangschöner Stimme gibt sie eine selbstbewusste, nie zickige, aber umso unbarmherzige Göttergattin. Die genaue Diktion und Gestaltung ergeben ein faszinierenden Rollenportrait.
Leider fallen die Manierismen von Tomasz Konieczny als Wotan auch hier stark auf. Die Textunverständlichkeit und die Überzeichnung der Rolle führen immer wieder zu Ungenauigkeiten, die von der Dirigentin aufgefangen werden müssen. Wotans Abschied hingegen gerät zum wirklich großartigen Moment. Hier gestaltet er, sowohl was die Diktion und die Gesangslinie betrifft, wunderbar eindringlich. Unterstützt durch sein eindringliches Spiel entsteht ergreifendes Musiktheater.
Catherine Foster beglückt als Brünnhilde durch die Schönheit Ihres klaren, in der Höhe sich klangvoll öffnenden Soprans. Die intensive Durchdringung der Partie überzeugt auf ganzer Linie. Die Wandlung von der übermütigen, verwöhnten Tochter zur Ausgestoßenen und Verdammten gelingt ihr packend.
Die Walküren waren von wunderbarer stimmlicher Homogenität und herrlich exaltiert im Spiel. Nicht immer hört man den Beginn des dritten Aktes so klangschön und rhythmisch genau.
Der Regisseur gibt mit seiner Sichtweise an diesem Abend dem Publikum einige Rätsel auf. Allerdings lassen sich diese, bei genauem Nachdenken und Reflektieren, sehr wohl in den Ring-Kontext einfügen. Immer vorausgesetzt, man lässt sich auf Neues ein und beschäftigt sich damit. Andererseits schafft er immer wieder geradezu magische Momente, in denen man den Atem anhält und deren Intensität überwältigt.
Unabhängig davon überzeugt auch bei der Walküre das genaue, der Musik folgende Reagieren der handelnden Personen auf ihre Umgebung und die sie rigoros zermalmenden Umstände. Im großformatigen, wandlungsfähigen Bühnenbild ergeben sich immer wieder zartesten Momente, unterbrochen von der harten „Realität“ und den Machtbedürfnissen der einzelnen Figuren des Wotan-Clans. Bedrückend der Moment, wenn sich der Vorhang am Ende langsam über einer einzigen „Toten“-Kerze schließt.
Wie beim Rheingold gab es am Ende der Walküre für alle Beteiligten frenetischen Applaus.
Axel Wuttke, 30. Juli 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.de
Besetzung:
Siegmund Michael Spyres
Hunding Georg Zeppenfeld
Wotan Tomasz Konieczny
Sieglinde Vida Miknevičiūtė
Brünnhilde Catherine Foster
Fricka Christa Mayer
Gerhilde Catharine Woodward
Ortlinde Brit-Tone Müllertz
Waltraute Claire Barnett-Jones
Schwertleite Christa Mayer
Helmwige Dorothea Herbert
Siegrune Alexandra Ionis
Grimgerde Marie Henriette Reinhold
Rossweisse Noa Beinart
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