Das Publikum will einfach nicht aufhören zu applaudieren: Lohengrin zum letzten Mal in blau in Bayreuth

Richard Wagner, Lohengrin  Festspielhaus Bayreuth, Bayreuther Festspiele, 22. August 2022

Festspielhaus Bayreuth. Foto: © Andreas Schmidt

Festspielhaus Bayreuth, Bayreuther Festspiele, 22. August 2022

Lohengrin
Musik und Libretto von Richard Wagner

Nanu, was ist das denn? Nach einer eher durchwachsenen Premieren-Serie – am Ring gab es wirklich einiges auszusetzen – jetzt die dritte Ausnahme-Aufführung in Folge. Der Titel des besten Wagner-Hauses der Welt stand lange auf der Kippe, jetzt nicht mehr!

von Peter Walter

Fast 20 Minuten nach Aktschluss waren die Saaltüren schon weit aufgerissen, das Personal ungeduldig, nur ein paar hundert Fans wollten einfach nicht aufhören zu klatschen. Und, siehe da, sie haben gewonnen, Vogt, Nylund und das Ensemble kamen bei hell erleuchtetem Saal tatsächlich nochmal vor den Vorhang!  

Mächtig Applaus gab es natürlich auch für Thielemann, und das absolut verdient. Schien sein Orchester vor zwei Wochen gar zu schwächeln, verteidigte er heute wieder seinen Titel als allmächtiger Wagner-Gott. Auch Kober hatte am Vortag grandios, perfekt dirigiert. Aber Thielemann hat so ein feines Fingerspitzengefühl für die Musik, greift zum richtigen Zeitpunkt zur richtigen Magie. Die Kraft der großen Chöre oder die fliegenden Fanfaren im dritten Aufzug, das waren Momente, an denen man im Saal nicht mehr stillsitzen konnte.

Foto: © Matthias Creutziger – Christian Thielemann

Der langjährige Musikdirektor steht nächstes Jahr übrigens nicht mehr auf dem Spielplan – war’s das? Wäre schade, nach 21 Spielzeiten und 183 Vorstellungen aber wenig überraschend. Der bisherige Rekordhalter in Sachen Spielzeiten hieß übrigens Peter Schneider und hat 20 Spielzeiten auf dem Konto – Barenboims Vorstellungsrekord (160) hatte Thielemann ja schon 2018 geknackt.

Die wohl kleinste Rolle – der Heerrufer – kommt generell zu kurz, deswegen einmal ein großes Lob an Derek Welton! In dieser Fassung hätte der Australier auch locker den König Heinrich singen können, so deutlich und stimmstark sein Bass-Bariton. Wenn er ruft, hört halb Bayreuth zu.

Derek Welton (Heerrufer), Martin Gantner (Telramund) und Georg Zeppenfeld (König Heinrich). Foto: Enrico Nawrath/Bayreuther Festspiele

Am Ende versammeln sich alle im Kreis um den Titelsänger. In der Lohengrin-Erzählung „In fernem Lande“ passiert mal wieder schlicht gar nichts auf der Bühne – Yuval Sharon überlässt die Regie den atemberaubenden Bühnenbildern von Neo Rauch und Rosa Loy. Das ist auch gut so, denn zwei Zeilen Klaus Florian Vogt-Monologe erzählen mehr als dreißig Absätze Regie-Anweisungen. Lohengrin steht da, und singt. Nicht mehr, nicht weniger. Die Krone seines Vaters – Parsifal – gehört eigentlich ihm, verlässt er die Bühne wieder mal als König der hohen As.

Camilla Nylund (Elsa) und Klaus Florian Vogt (Lohengrin). Foto: Enrico Nawrath/Bayreuther Festspiele

Lohengrin als Elektriker, Telramund und König Heinrich mit Insektenflügeln, kann das funktionieren? Stören tut es auf jeden Fall nicht, Zeppenfeld und Gantner konnten gewohnt glänzen. Dieser Telramund war ebenso mächtig wie sein Herrscher, nur halt unsympathisch. Ein Bösewicht im wahrsten Sinne des Wortes. Dagegen ist Zeppenfelds Bass viel runder, er singt einfach, fast schon wie Vogt. Von diesem König möchte man gerne regiert werden!

Das dürfte die hilflose Elsa ganz anders sehen, schließlich schaut der König zu, wie sie von Telramund in Angst und Bange versetzt wird. In dritten Akt ist ihr Glück beinahe erreicht, leider nicht sehr lange, am Ende ist alles dahin. Camilla Nylund ist für diese Rolle eine Idealbesetzung, verkörpert die weibliche Hauptfigur mit rührender und mitleiderregender Stimme, das Publikum trauert über ihr Schicksal. Petra Lang als Ortrud konnte mich zum dritten Mal nicht überzeugen, da kann sie noch so furios über die Bühne rennen, als ob sie die ZuschauerInnen alle in Schwäne verwandeln wolle. Sie singt einfach zu falsch, fast schon schmerzhaft.

Wenn es tatsächlich Thielemanns letzte Vorstellung auf dem Grünen Hügel gewesen sein sollte, war das ein edles Abschiedsgeschenk aller Beteiligten. Den dritten Abend in Folge hat Bayreuth seinen Namen mehr als verdient! Wenn jetzt der dritte Ring-Zyklus auch noch so gut werden würde… das wird aber ohne Umbesetzungen kaum zu schaffen sein.    

Peter Walter, 24. August 2022 für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Richard Wagner, Lohengrin Festspielhaus, 22. August 2022

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