Rising Stars 42: Raphaël Feuillâtre, Gitarre – mit einem Spielzeuginstrument begann die Erfolgsgeschichte

Rising Stars 42: Raphaël Feuillâtre, Gitarre  klassik-begeistert.de,  26. April 2023

© Stefan Höderath

Die Entwicklung und Karriere vielversprechender NachwuchskünstlerInnen übt eine unvergleichliche Faszination aus. Es lohnt sich dabei zu sein, wenn herausragende Talente die Leiter Stufe um Stufe hochsteigen, sich weiterentwickeln und ihr Publikum immer wieder von neuem mit Sternstunden überraschen. Wir stellen Ihnen bei Klassik-begeistert jeden zweiten Donnerstag diese Rising Stars vor: junge SängerInnen, DirigentInnen und MusikerInnen mit sehr großen Begabungen, außergewöhnlichem Potenzial und ganz viel Herzblut sowie Charisma.

von Dr. Lorenz Kerscher

Oftmals sind Klassikstars Kinder von Musikern und kennen die Praxis dieses Berufs und insbesondere das beharrliche Üben schon seit den ersten Tagen ihres Lebens. Mit dem entsprechenden Talent in den Genen folgen sie dem Vorbild der Eltern, häufig sogar mit demselben Instrument oder Stimmfach, und sind bald weit genug, um ihr Können zu präsentieren, vielleicht sogar schon als Wunderkinder zu Ruhm zu gelangen. Es muss aber nicht so sein: die Eltern von Raphaël Feuillâtre waren keine Musiker. Als er 1996 in Dschibuti an der Nordostküste Afrikas zur Welt kam, rechneten sie gewiss nicht damit, dass er 26 Jahre später einen Exklusivvertrag mit einem der weltweit angesehensten Schallplattenlabel, der Deutschen Grammophon, abschließen würde.

Er wuchs ganz unauffällig in einer westfranzösischen Kleinstadt auf, bis ihm zum siebten Geburtstag eine Plastikgitarre geschenkt wurde. Diese legte er nicht mehr aus der Hand und erhielt zwei Jahre später ersten Unterricht am örtlichen Konservatorium. Schon bald wurde er an das Repertoire für klassische Gitarre herangeführt. Seit 2012 studierte er am Konservatorium in Nantes bei Michel Grizard und von 2015 bis 2020 in Paris bei Roland Dyens und bei Tristan Manoukian, bei dem er 2019 den Mastergrad mit Auszeichnung erlangte. Ein wichtiger Mentor war ihm außerdem Judicaël Perroy, der ihn auch auf Wettbewerbe vorbereitete.

Astor Piazzolla: Lo que vendrá (Judicaël Perroy und Raphaël Feuillâtre)

Das gemeinsame Muszieren mit seinem Lehrer ist eher eine Ausnahme: in der Regel tritt Raphaël Feuillâtre alleine auf. Nun muss ich gestehen, dass die solistische klassische Gitarre auf mich eher spröde und trocken wirkt, eher kulturelle Pflichtübung als sinnliches Erleben ist. Doch diesem jungen Künstler attestieren die Rezensenten, dass er „auf der Gitarre singt“. Und auch ich lasse mich gerne von seiner Art faszinieren, die Melodien hervortreten und lebendig wirken zu lassen. Dies gelingt ihm in der ganzen Breite des Solorepertoires für von frühem Barock bis zu zeitgenössischer Musik und brachte ihm schon während seines Studiums bedeutende Wettbewerbserfolge ein. Dadurch ergaben sich auch CD-Aufnahmen und Auftrittsmöglichkeiten bei zahlreichen Festivals, außerdem Tourneen, die ihn u.a. monatelang durch die USA und Kanada führten.

https://www.youtube.com/watch?v=R71CKFIdKNk

2018 International Concert Artist Competition Rose Augustine Grand Prize: Raphaël Feuillâtre (France)

Besonders bedeutsam war Gewinn des Hauptpreises beim internationalen Wettbewerb der Guitar Foundation of America im Jahr 2018. Hier schauten auch Repräsentanten bedeutender Schallplattenverlage sehr genau auf die Preisträger. Und so kam es, dass die Deutsche Grammophon auf ihn aufmerksam wurde und im Jahr 2022 schließlich einen Exklusivvertrag mit ihm abschloss. Erstes Ergebnis dieser Kooperation ist sein im März 2023 erschienenes Soloalbum Visages Baroques. Schon im Vorfeld hat man dazu einige Videoaufnahmen publik gemacht.

https://www.youtube.com/watch?v=WxUGAEqElz0

Raphaël Feuillâtre – Rameau: Les cyclopes RCT 38 (Arr. Grizard for Guitar)

Damit reiht sich Raphaël Feuillâtre unter die Nachwuchskünstler ein, die die Deutsche Grammophon derzeit ganz offensiv als Rising Stars bekannt macht, um, wie man verlautbart, „ihr strategisches Engagement in die Zukunft der klassischen Musik und die Förderung der besten jungen Talente der internationalen Musikszene [zu] verstärken.“ Die sonst eher als Nischenangebot wahrgenommene klassische Gitarre ist mit diesem feinfühligen Klangzauberer auch auf das Allerbeste vertreten und man kann sich auf seine Tonaufnahmen ebenso freuen wie auf künftige Liveauftritte.

Dr. Lorenz Kerscher, 26. April 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Weiterführende Information:

Biografisch sortierte Playlist in Youtube

Biografie von Raphaël Feuillâtre bei Klassikakzente

Raphaël Feuillâtre in Wikipedia

Lorenz Kerscher, Jahrgang 1950, in Penzberg südlich von München lebend, ist von Jugend an Klassikliebhaber und gab das auch während seiner beruflichen Laufbahn als Biochemiker niemals auf. Gerne recherchiert er in den Internetmedien nach unentdeckten Juwelen und wirkt als Autor in Wikipedia an Künstlerporträts mit.

Dr. Lorenz Kerscher
„Musik ist Beziehungssache,“ so lautet mein Credo. Deshalb bin ich auch als Chorsänger aktiv und treffe mich gerne mit Freunden zur Hausmusik. Eine neue Dimension der Gemeinsamkeit eröffnet sich durch die Präsenz vieler, vor allem junger Künstler im Internet, wo man Interessantes über ihre Entwicklung erfährt, Anregungen zur Entdeckung von musikalischem Neuland bekommt und auch in persönlichen Kontakt treten kann. Man ist dann kein Fremder mehr, wenn man ihnen als Autogrammjäger begegnet oder sie sogar bei einem Konzertbesuch im Publikum trifft. Das ist eine schöne Basis, um mit Begeisterung die Karrieren vielversprechender Nachwuchskünstler mitzuerleben und bei Gelegenheit auch durch Publikationen zu unterstützen.“

Rising Stars 41: Jodie Devos, Sopran klassik-begeistert.de, 30. März 2023

Rising Stars 40: Andreas Begert, Komponist – ein bayerischer Dickschädel geht seinen eigenen Weg klassik-begeistert.de, 2. März 2023

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