Schammis Klassikwelt 33: Meisterkurse mit Barbara Frittoli in Luxemburg, Teil III

Schammis Klassikwelt 33: Meisterkurse Barbara Frittoli, Teil III  klassik-begeistert.de, 25 Juni 2025

Foto © Lucien Koneczny

 Auf Einladung von Sequenda Oper Studio Luxemburg gibt Barbara Frittoli auch dieses Jahr wieder eine Woche lang Meisterkurse in Operngesang in Luxemburg. Der letzte Teil meines Artikels berichtet vom abschließenden Galakonzert, das in Form eines Meisterkurses abgehalten wird. Das gewählte Format der Präsentation zeigt dem Publikum nicht nur das Endergebnis der Arbeitswoche, sondern auch die angewandte Arbeitsform. Es kann sich somit ein Bild von der akribischen und kompromisslosen Arbeit machen, die der Beruf des Opernkünstlers erfordert.

 von Jean-Nico Schambourg

Abwechselnd am Klavier begleitet von den Pianisten Francesco Manessi und Diego Mingolla, trägt jeder der acht Teilnehmer eine oder zwei Arien vor, an denen während der Woche gearbeitet wurde. Barbara Frittoli kommentiert die Darbietung auf ihre charmante Art und Weise und überarbeitet bei Bedarf mit ermutigender Herangehensweise einen Teil der Arie mit der Sängerin, um verschiedene Schwächen zu korrigieren und technische Schwierigkeiten zu lösen.

Zur Eröffnung des Konzerts führen die beiden Pianisten mit großer Virtuosität den “Tanz der Ritteraus Prokofjews Ballett Romeo und Juliain einer Version für Klavier zu vier Händen auf.

Den vokalen Teil des Abends eröffnet die sehr junge, in Luxemburg geborene Mezzosopranistin Nicole Adorno italienisch-georgischer Herkunft mit der Arie der Fenena aus Verdis Oper Nabucco”. Diese Arie, die gut zu ihrer derzeitigen Stimme passt, wurde ihr von Barbara Frittoli am Vorabend des Konzerts vorgeschlagen. Das erklärt auch, warum sie bei einigen Phrasen ein wenig zögerlich singt, was ihre gute Leistung jedoch nicht trüben kann. Barbara lässt sie einige Übungen durchführen, um der Phrasierung mehr Morbidezza, mehr Geschmeidigkeit zu verleihen. Später am Abend sang Nicole noch die Arie Non so più” aus Mozarts Nozze di Figaro”, wobei ihr jugendlicher Schwung gut zum Charakter des Cherubino passt.

Oben: Nicole Adorno mit Barbara Frittoli und Diego Mingolla am Klavier; Unten: Konstantina Thanopoulou / Marie-Claude Bottius mit Francesco Manessi am Klavier © Lucien Koneczny

Die französische lyrische Sopranistin Marie-Claude Bottius engagiert sich neben der Aufführung von Opern von Glück, Mozart, Strawinsky und Weill stets dafür, die lyrische Kunst mit der afro-deszendenten Kultur in der französischen Metropole und in Übersee zu verbinden. An diesem  Abend singt sie die Arie E Susanna non vien” aus Mozarts Nozze di Figaro” sowie die zweite Arie der Amelia aus Verdis Ballo in maschera” – Morrò, ma prima in grazia”. In beiden Stücken lässt sie eine gut platzierte Stimme und ein farbenreiches, persönliches Timbre hören. Mit Barbara arbeitet sie kurz am Rezitativ von Mozarts Arie, um die richtigen Akzente zu finden, die die Gefühle der Gräfin ausdrücken. Mit ihrem großen dramatischen Einfühlungsvermögen gelingt es ihr auch, die Emotionen der Figur in Verdis Oper überzeugend zu vermitteln.

Konstantina Thanopoulou ist eine griechische Sopranistin, die in Belgien lebt. Neben der Oper engagiert sie sich sehr für die Programme ihres Lied-Duos, in denen sie klassische griechische, ukrainische, portugiesische, spanische, russische und französische Melodien präsentiert. Heute Abend präsentiert sie Leïlas Arie “Comme autrefois” aus Bizets Perlenfischerund liefert eine sehr schöne Darbietung. Dies ist umso bemerkenswerter, da durch ihre Schwangerschaft das Zwerchfell nach oben gedrückt wird und ein flüssiges Singen eigentlich erschwert wird, was sie allerdings wunderbar meistert.

Taxiarchoula Kanati debütierte als Mezzosopranistin und trat 2022 als solche bei den Salzburger Festspielen unter der Leitung von Teodor Currentzis in der Rolle der Sybille aus Carl Orffs Werk De temporum fine comoedia auf. Inzwischen hat sie den Wechsel zum Sopran vollzogen. In der neuen Stimmlage debütierte sie als Ortlinde in Wagners Walküre an der Griechischen Nationaloper. An diesem Abend singt sie die Arie O patria miaaus Verdis Oper Aida”. Mit ihrer sehr bewegenden Interpretation dieser großen und anspruchsvollen Arie überzeugt sie das Publikum und bringt die Gefühle der unglücklichen Heldin eindrucksvoll rüber.

Nach ihrer Ausbildung am Konservatorium von Tiflis nahm die georgische Sopranistin Mariam Sharashenidze an verschiedenen internationalen Gesangswettbewerben wie dem Ottavio-Ziino-Wettbewerb und dem Leyla-Gencer-Wettbewerb teil. Heute Abend verblüfft sie das Publikum mit einer majestätischen Interpretation der Arie Caro nomeder Gilda aus Verdis Rigoletto. Ihr leuchtendes Timbre und ihre klaren, präzisen Vokalisen bringen ihr den wohlverdienten großen Applaus ein.

Vlnr: Alexandra Kodes / Alice Paroissien mit Barbara Frittoli / Taxiarchoula Kanati / Mariam Sharashenidze © Lucien Koneczny

Alice Paroissien, leichter lyrischer Sopran, in der Nähe von Paris geboren und derzeit in Bern lebend, wo sie ihr Gesangsstudium fortsetzt, hat in der Saison 2023/24 die Rolle der Papagena aus Mozarts Oper Die Zauberflötean der Oper in Bern gesungen. Sie präsentiert die berühmte “Air des clochettes aus “Lakmé”, der Oper von Léo Delibes, die nach der Hauptfigur benannt ist. Ihre Stimme, die in den extremen Höhen manchmal noch etwas gebrechlich klingt, verfügt über ein helles, charmantes und jugendliches Timbre. Nach einigen Tipps von Barbara gelingt es ihr, die Schlussvokalise mit einem sicheren hohen E abzuschließen.

Die italienisch-russische Mezzosopranistin Alexandra Kodes ist in Deutschland vor allem in Nordrhein-Westfalen als Solistin aktiv. In ihrer Arie als Sesto Parto, parto, ma tu ben mioaus Mozarts Oper “La Clemenza di Titound in der Arie der Leonora O mio Fernandoaus Donizettis Oper La Favorita” lässt sie ein farbenreiches Timbre und einen Gesang voller Morbidezza”, voller Süße, hören. Die Cabaletta aus Donizettis Arie singt sie temperamentvoll und krönt sie mit einer gut gesetzten Schlussnote. Nach ihrem Auftritt zeigt Barbara, wie sie ihr Legato noch weiter verbessern kann. Von allen Sängerinnen an diesem Abend ist sie sowohl technisch als auch darstellerisch am weitesten fortgeschritten. Das Publikum war von ihren beiden Auftritten begeistert.

Am Ende der Aufführung überreicht Barbara Frittoli jedem Teilnehmer ein Teilnahmediplom. Das Publikum zeigt sich begeistert von den Darbietungen und der Präsentationsform, die ihm einen außergewöhnlichen Abend beschert haben. Es spendet den Interpreten und ihren Lehrern eine wohlverdiente Ovation.

P.S.:

Dem aufmerksamen Leser wird aufgefallen sein, dass ich in meinem Artikel nur sieben Sängerinnen erwähne. Ja, denn die achte Person, die am Unterricht und am Schlusskonzert teilnehmen darf, ist der Verfasser dieses Artikels. Es wäre doch unangebracht, wenn ich mir selbst eine gute Kritik schreiben würde!

Barbara Frittoli, Diego Mingolla, Jean-Nico Schambourg © Lucien Koneczny

Während des ganzen Meisterkurses kann ich nicht nur hören, wie sich meine Kolleginnen im Laufe der Woche stimmlich weiterentwickeln, sondern ich kann auch selbst von den persönlichen Ratschlägen dieser großartigen Musiker und Lehrer profitieren und die Auswirkungen auf meine eigene Stimme erleben. Jeder Opernkritiker müsste einmal im Leben die Chance auf eine solche Erfahrung haben, um die enorme Arbeit zu verstehen, die ein klassischer Sänger leisten muss, um dieses wunderbare Instrument, die menschliche Stimme, zu beherrschen!

Jean-Nico Schambourg, 25. Juni 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at 

                                                                                                       Jean-Nico SchambourgJahrgang 1959. Gehört einer weltlichen Minderheit an: Er ist waschechter Luxemburger! Und als solcher war es normal, Finanzwirtschaft zu studieren. Begann seine berufliche Karriere bei der Kriminalpolizei, ehe er zur Staatsbank und Staatssparkasse Luxemburg wechselte. Seit jeher interessiert ihn jede Art von Musik, aber Oper wurde seine große Liebe. Er bereist ganz Europa, um sich bekannte und unbekannte Opern und Operetten anzuhören. Nebenbei sammelt der leidenschaftliche Hobbykoch fleißig Schallplatten über klassischen Gesang (momentan ungefähr 25.000 Stück). Sang in führenden Chören in Luxemburg, verfolgt seit einigen Jahren aber ausschließlich eine Solokarriere als Bass. Sein Repertoire umfasst Lieder und Arien in zwölfSprachen. Unter der Bezeichnung “Schammilux Productions” organisiert er selbst jährlich zwei bis drei Konzerte. Perfektionierte sein Singen in Meisterkursen mit Barbara Frittoli, Jennifer Larmore sowie Ramón Vargas, organisiert von “Sequenda Luxembourg”, einer Organisation zur Förderung junger Sängertalente, geleitet von seiner Gesangslehrerin Luisa Mauro. Neu auf klassik-begeistert.de: Schammis Klassikwelt, regelmäßig am Sonntag.

Schammis Klassikwelt 31: Meisterkurse mit Barbara Frittoli, Teil I klassik-begeistert.de, 12. Juni 2025

Schammis Klassikwelt 32: Meisterkurse mit Barbara Frittoli, Teil II klassik-begeistert.de, 18. Juni 2025

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert