Juan Diego Flórez (Foto HH)
Den Abend beschloss er mit der mitreißenden und halsbrecherischen Stretta des Tonio mit neun hohen C; damit bewies er, dass er hier ein würdiger Nachfolger des unvergessenen Alfredo Kraus ist.
Solistenkonzert
Wiener Staatsoper, 12. Dezember 2023
Juan Diego Flórez, Tenor
Vincenzo Scalera, Klavier
Werke von Giordani, Händel, Scarlatti, Mozart, Rossini, Tosti, Donizetti, Ponce, Massenet und Verdi
von Herbert Hiess
Der sympathische Tenor, der dieses Jahr seinen 50. Geburtstag feiern konnte, steht heute fast allein an der Spitze der lyrischen Tenöre. Seine Hauptdomäne ist das italienische, französische und spanisch-lateinamerikanische Fach, was er an diesem Abend in der Wiener Staatsoper glänzend bewies.
Das Programm war richtig historisch angelegt; vom Barock bis hin zum 19. Jahrhundert. Sein Einstieg mit Tommaso Giordanis „Caro mio ben“ war so richtig glänzend; es zeigte schon seine perfekte Stimmführung, seine Wortdeutlichkeit und Phrasierung – jede Verzierung wie beispielsweise Triller waren richtig an ihrem Platz.
Im ersten Teil kam dann der Block mit beiden Don Ottavio-Arien aus Mozarts „Don Giovanni“, die vielleicht nicht so ganz seine Stärke waren. Aber beim Rossinis Arie des Florville aus „Il signor Bruschino“ war Flórez ganz in seinem Element. Da ließ er gekonnt seine bekannt-eindrucksvolle Höhe glänzen und da geriet das Publikum aus dem Häuschen.
Der zweite Teil begann mit drei Liedern von Francesco Paolo Tosti, von denen Flórez bei „Ideale“ die träumerische Stimmung mehr als gekonnt servierte. Hier war er voll in seinem Element.
Das offizielle Programm endete mit zwei Arien des Des Grieux aus Jules Massenets „Manon“, die recht eindrucksvoll waren und dann mit der Arie des Rodolfo aus Verdis „Luisa Miller“. Vor allem bei der Cabaletta hörte man deutlich, dass dieses Werk nur von einem Tenor mit dramatischem Einschlag gesungen werden sollte. Da war Flórez doch eindeutig etwas überfordert.
Vincenzo Scalera ist ein verlässlicher Begleiter am Klavier. Bei den drei Solostücken hätte man sich gewünscht, dass er mehr gestaltet und nicht bloß gespielt hätte.
Im Zugabenteil bewies Flórez dann seine absolute Weltklasse. Schon Salvatore Cardillos „Core ’ngrato“ war unbeschreiblich in Stimmführung und Diktion – Gänsehaut pur.
Als danach ein Mitarbeiter der Oper einen Sessel auf die Bühne stellte, wussten die Flórez -Aficionados, was kommen würde. Denn der sympathische Peruaner ist auch ein Könner auf der Gitarre, was er mit einigen Latino-Songs bewies. Vor allem das Lied „Paloma“ des mexikanischen Komponisten Tomás Méndez war der Höhepunkt des Abends. Hier tauchte der sympathische Sänger voll in seine Latino-Welt ein; Gefühl gab es hier in Hülle und Fülle.
Den Abend beschloss er mit der mitreißenden und halsbrecherischen Stretta des Tonio mit neun hohen C; damit bewies Flórez, dass er hier ein würdiger Nachfolger des unvergessenen Alfredo Kraus ist.
Herbert Hiess, 13. Dezember 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Jules Massenet, Manon, Juan Diego Flórez, Nino Machaidze, Wiener Staatsoper, 1. Juni 2019