Studienjahre in Berlin und Wien waren teilweise von unmäßigem Alkoholkonsum geprägt, ausgelaugt kehrte Sibelius in die Heimat zurück.
von Peter Sommeregger
Als der finnische Komponist Jean Sibelius am 20. September 1957 starb, war er 92 Jahre alt. Bei einem genaueren Blick auf seine Biographie verwundert einen das hohe Lebensalter, das er trotz seines zeitweise ausschweifenden Lebensstils erreicht hat.
Der am 8. Dezember 1862 in Hämeenlinna geborene Johan Julius Christian Sibelius kam noch im russischen Zarenreich zur Welt. Die Lösung Finnlands von Russland konnte erst nach der Oktoberrevolution 1917 vollzogen werden. Jean verlor bereits mit drei Jahren seinen Vater, als Schüler zeigte er erstes musikalisches Talent, das von Mutter und Tante gefördert wurde. Lange schwankte er, ob er Geiger oder Komponist werden sollte. Ein vergebliches Vorspiel bei den Wiener Philharmonikern brachte die Entscheidung für die Komponistenlaufbahn.
Studienjahre in Berlin und Wien waren teilweise von unmäßigem Alkoholkonsum geprägt, ausgelaugt kehrte Sibelius in die Heimat zurück.
Einen ersten Erfolg konnte der junge Komponist mit der Tondichtung „Kullervo“ verbuchen, die ihn schlagartig in seiner Heimat bekannt machte. Erst mit seiner zweiten Symphonie, die 1901/02 entstand, wurde er auch international erfolgreich. Dazwischen wurde Sibelius aber auch immer wieder von Selbstzweifeln geplagt.
Im Jahr 1892 heiratete er seine langjährige Verlobte Aino, die trotz seines komplizierten Charakters an ihm festgehalten hatte. Aus der Ehe gingen sechs Töchter hervor, von denen fünf das Erwachsenenalter erreichten. Finanziell lebte die größer werdende Familie stets unter Druck, was sich erst durch den wachsenden Erfolg von Sibelius Werken besserte. Eines seiner erfolgreichsten Werke war und blieb sein Violinkonzert, entstanden 1903/05, 1905 in Berlin unter der Leitung von Richard Strauss uraufgeführt, es ist bis heute im Repertoire aller ambitionierten Geiger.
Sibelius ließ sich durch die Legenden, Märchen und Sagen seiner Heimat musikalisch anregen, Volksmusik fand aber keinen Weg in seine Kompositionen. Stilistisch hielt er weitgehend am 19. Jahrhundert fest.
Neben einer einzigen, frühen Oper erlangte er seinen Ruhm hauptsächlich durch seine elf großen Tondichtungen, die zum Teil im Titel auf heimatliche Sagenstoffe hinweisen, und sieben Sinfonien. In späteren Jahren flossen die Tantiemen für Aufführungen seiner Werke reichlich, was ihm und seiner Familie endlich ein materiell sorgenfreies Leben ermöglichte. Erstaunlich ist, dass Sibelius bereits mehr als dreißig Jahre vor seinem Tod jede kompositorische Tätigkeit einstellte. In den Konzertsälen der Welt hat seine Musik ihren festen Platz gefunden.
Peter Sommeregger, 23. September 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at