Sommereggers Klassikwelt 135: Maria Staders ungewöhnliche Karriere

Sommereggers Klassikwelt 135: Maria Staders ungewöhnliche Karriere

von Peter Sommeregger

Lebensweg und Karriere der am 5. November 1911 in Budapest geborenen, und am 27. April 1999 in Zürich verstorbenen Sopranistin Maria Stader, weichen stark von vergleichbaren Biographien anderer Künstler der Zeit ab.

Allgemein wird Maria Stader bis heute als Schweizerin wahrgenommen, was nur bedingt richtig ist. Sie kam als Kind 1919 im Rahmen der Kinderhilfe nach dem 1. Weltkrieg durch die Heilsarmee in die Schweiz zu Pflegeeltern, im Jahr 1928 wurde sie schließlich vom Ehepaar Stader adoptiert und legte ihren Geburtsnamen Molnár ab.

Schon früh wurde ihre Stimme als ausbildungswürdig erkannt, sie studierte bei verschiedenen schweizerischen Gesangspädagogen und debütierte 1940 am Zürcher Stadttheater als Olympia in „Hoffmanns Erzählungen“. Bald stellte sich aber heraus, dass ihre Stimme, wenn auch von großer Schönheit und technischer Qualität, vom Volumen her nicht für eine Bühnenkarriere ausreichte. Ihre Körpergröße von nur 144 cm  bildete ein weiteres Handicap. So blieben Bühnenauftritte seltene Ausnahmen, aber ihre Karriere als Konzertsängerin führte sie über viele Jahre durch die ganze Welt.

Besonders geeignet war der glockenhelle und reine Sopran Staders für die Musik von Mozart. Fast alle namhaften Dirigenten der Zeit verpflichteten sie für Konzerte, so bei den Salzburger Festspielen, deren Gast sie regelmäßig bis zum Anfang der 1960er Jahre war. Auch für Schallplatten-Aufnahmen wurde sie vielfach herangezogen, dieses Medium ermöglichte es ihr, Partien zu singen, die ihr auf der Bühne verwehrt gewesen wären.

Eine besonders intensive Zusammenarbeit entwickelte sich mit dem ungarischen Dirigenten Ferenc Fricsay, der sie für seinen heute legendären Zyklus von Aufnahmen der Opern Mozarts mit dem RIAS-Symphonieorchester jeweils in Hauptrollen einsetzte: so war sie seine Pamina in der Zauberflöte, Gräfin im Figaro, Donna Elvira im Don Giovanni und Konstanze in der Entführung aus dem Serail. Mit der Reinheit ihrer Tongebung verlieh sie diesen Rollen ein eigenes, persönliches Profil. Mit Fricsay gastierte Stader auch in Israel und sang dort in insgesamt 22 Konzertaufführungen Donizettis „Lucia di Lammermoor“.

Aber auch als Sängerin des klassischen Lied-Repertoires machte sich Stader einen Namen. Ihre Einspielung von „Der Hirt auf dem Felsen“ von Schubert ist eine der schönsten Aufnahmen dieses populären Werkes.

Schon vor dem Ende ihrer Karriere unterrichtete Maria Stader bis 1971 am Zürcher Konservatorium und leitete verschiedene Meisterklassen.

Verheiratet war die Sängerin seit 1939 mit dem Chordirektor Hans Erisman, mit dem sie zwei Söhne hatte. Bis zu ihrem Tod im Jahr 1999 lebte Maria Stader in der Zürcher Altstadt.

Ihre Bedeutung für die Gesangskultur, speziell der Zeit nach dem 2. Weltkrieg, kann gar nicht hoch genug gewürdigt werden. Ihre Opern- und Konzertaufnahmen haben uns ihre stets „jungfräulich“ klingende Stimme bewahrt, sie seien der jungen Sängergeneration wärmstens zu Studienzwecken empfohlen!

Peter Sommeregger, 27. April 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.

Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Barcelona, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen’. Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.

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