von Peter Sommeregger
Das Leben des am 7. Mai 1942 verstorbenen Felix Weingartner (bis 1918 Edler von Münzberg) war reich an künstlerischen Erfolgen, Begegnungen mit bedeutenden Zeitgenossen, und einem intensiven Privatleben mit insgesamt fünf Ehen. Die Aufzählung sämtlicher künstlerischer Tätigkeiten Weingartners würde Seiten füllen.
Weingartner wird 1863 in Zadar (Dalmatien), das damals noch zur Österreichisch-Ungarischen Doppelmonarchie gehörte, geboren. Er studiert nach der Übersiedlung der Familie in Graz, später in Leipzig, bereits als Student beginnt er zu komponieren. 1882 lernt er bei der Uraufführung des „Parsifal“ Richard Wagner in Bayreuth kennen. 1883 wird er Schüler von Franz Liszt in Weimar, mit dem ihn später eine enge Freundschaft verbindet.
An den Opernhäusern von Königsberg, Danzig und Mannheim sammelt er Erfahrungen als Kapellmeister und beginnt auch Opern zu komponieren.
Von 1891-1898 ist er Hofkapellmeister der Berliner Hofoper, später wird er als Nachfolger Gustav Mahlers auch die Leitung der Wiener Hofoper übernehmen.
Eine rege Konzert- und Reisetätigkeit führt ihn auch nach Übersee. Immer wieder bindet er sich auch an Orchester und Opernhäuser; so amtiert er in Darmstadt von 1914-1919 als Generalmusikdirektor. Von 1919-1924 ist er Leiter der Wiener Volksoper. 1935 übernimmt er ein zweites Mal die Wiener Staatsoper, zieht sich aber bereits nach einem Jahr wieder zurück und übersiedelt, des Austrofaschismus wegen, in die Schweiz. Dort bleibt er bis zu seinem Tod am 7. Mai 1942 in Winterthur.
Sein Werk als Komponist umfasst 7 Symphonien, mehrere Orchesterwerke, Kammermusik, über hundert Lieder und 8 Opern. Zu seinen Lebzeiten wurden Werke von ihm häufig aufgeführt, inzwischen sind sie kaum mehr im Repertoire zu finden. Das CD-Label cpo hat über die Jahre einige seiner Symphonien und Lieder veröffentlicht. Sein spätromantischer Stil kann heute noch durchaus gefallen, vielleicht wagt sich auch wieder einmal ein Opernhaus an eines seiner Werke. Als Dirigent hat er einige bedeutende Einspielungen hinterlassen, so einige Beethoven-Symphonien mit den Wiener Philharmonikern. Auch als Autor von musiktheoretischen Schriften machte sich Weingartner einen Namen. Eine zweibändige Ausgabe seiner Lebenserinnerungen ist eine hoch interessante Reflexion über sein an Erfahrungen und Begegnungen reichen Lebens.
Weingartner scheint ein Mann der Frauen gewesen zu sein. Von seinen insgesamt fünf Ehen wurden drei geschieden. Seine dritte Ehefrau, die Sopranistin Lucille Marcell, hatte eine bemerkenswerte Karriere als Opern-und Konzertsängerin; so sang sie in der Wiener Erstaufführung die Elektra von Richard Strauss, sie folgte Weingartner auch an das Opernhaus in Darmstadt. Die Künstlerin verstarb nach knapp zehnjähriger Ehe mit nicht einmal 44 Jahren. Eine kongeniale Partnerin fand Weingartner erst wieder in seiner fünften Ehefrau, der Dirigentin Carmen Studer, mit der er von 1931 bis zu seinem Tod verheiratet war. Carmen Weingartner-Studer überlebte ihren Ehemann um nahezu 40 Jahre. Sie verwaltete bis zu ihrem eigenen Tod 1980 seinen umfangreichen schriftlichen Nachlass.
Persönlichkeiten wie Weingartner, deren Leben im 19. und 20. Jahrhundert verortet ist, sind wichtige Zeugen der Epochen, die sie erlebt haben. Bedeutende Künstler hat er noch persönlich gekannt, Kriege und andere politische Katastrophen überlebt, für unzählige Studenten und Schüler war er Förderer und Vorbild.
Seine Lebenserinnerungen sind ein bedeutendes Zeitzeugnis, obwohl nicht einfach zu beschaffen, lohnt die Lektüre und vermittelt interessante kulturhistorische Verknüpfungen.
Peter Sommeregger, 4. Mai 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.
Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Barcelona, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen’. Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.
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