Foto: Ferruccio Busoni © britannica.com
von Peter Sommeregger
Der am 1. April 1866 in der Nähe von Florenz geborene Ferruccio Busoni war das einzige Kind eines italienischen Klarinettisten und einer deutschstämmigen Pianistin. Seine Eltern bestimmten ihn schon früh für eine musikalische Laufbahn. Der zweisprachig aufwachsende Ferruccio wurde anfangs von seinen Eltern im Klavierspiel unterrichtet, schon mit sieben Jahren komponierte er kurze Stücke für das Instrument. Bereits 1873 trat er in Triest erstmals als Konzertpianist öffentlich auf. Am Wiener Konservatorium studierte er von seinem 9. bis 11. Lebensjahr, bereits mit 20 Jahren nahm er in Leipzig eine Lehrtätigkeit am dortigen Konservatorium auf. Ab 1888 unterrichtete er in Helsinki, wo er Freund und Förderer des Komponisten Jean Sibelius wurde.
In Moskau lernte er 1891 seine spätere Ehefrau Gerda, eine gebürtige Schwedin, kennen. Mit ihr lebte er bis 1894 in Boston, wo auch der erste Sohn des Paares, Benvenuto, geboren wurde. Ab 1894 lebte die Familie in Berlin, wo ein zweiter Sohn, Raffaello, zur Welt kam.
Busoni blieb italienischer Staatsbürger, was ihn nach dem Kriegseintritt Italiens 1915 zum „feindlichen Ausländer“ machte. Die Familie übersiedelte daraufhin nach Zürich, kehrte aber 1920 nach Berlin zurück. Bis zu seinem Tod unterrichtete Busoni an der Akademie der Künste Komposition im Rahmen einer Meisterklasse. In der Inflation nach dem ersten Weltkrieg verlor der Komponist sein gesamtes Vermögen, dies und auch seine ungesunde Lebensweise ließen ihn frühzeitig altern. Der reichliche Alkoholkonsum in Verbindung mit dem Genuß zahlreicher Zigarren schädigte seine Gesundheit nachhaltig, so dass er Freunden bereits mit 56 Jahren als weißhaariger Greis erschien. Mit nur 58 Jahren starb Busoni am 27. Juli 1924 in seiner Schöneberger Wohnung. Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof an der Stubenrauchstraße, gestaltet hat es der Bildhauer Georg Kolbe, der es auch mit einer seiner Plastiken schmückte.
Ferruccio Busoni hinterließ ein umfangreiches kompositorisches Werk verschiedener Gattungen. Regelmäßig gespielt wird bis heute seine vierte und letzte Oper, Doktor Faust, die er nicht mehr selbst vollenden konnte und die 1925 in Dresden uraufgeführt wurde. Der Pianist Busoni schrieb bevorzugt für sein Instrument, neben Sonaten und einem Violinkonzert auch Orchesterwerke. Ein besonders reizvolles Werk ist sein Konzert für Klavier, Orchester und Männerchor, das er 1904 selbst in Berlin zur Uraufführung brachte. Stilistisch bewegt sich Busoni in der romantischen Tradition etwa von Mendelssohn und Chopin, später näherte er sich dem Stil von Johannes Brahms an.
Darüber hinaus verfasste der Komponist auch musiktheoretische Schriften, seine „Neue Ästhetik der Tonkunst“ von 1907 erlebt immer wieder neue Auflagen. Unter seinen zahlreichen Schülern befanden sich auch der Komponist Kurt Weill und der später weltberühmte Dirigent Dimitri Mitropoulos. Ein seit 1949 jährlich veranstalteter Klavierwettbewerb in Bozen trägt seinen Namen. Im Druck erschienen sind neben anderen auch seine Briefwechsel mit Arnold Schönberg und seinem Leipziger Verleger Breitkopf & Härtel.
Der Name Busonis ist in weiten Kreisen nach wie vor bekannt, nur die Aufführungszahlen seiner Werke sind leider überschaubar. Kürzlich machte in Berlin eine Aufführung seines monumentalen Klavierkonzertes Furore, vielleicht sollte man sich hier öfter an den Wahlberliner erinnern.
Peter Sommeregger, 5. Oktober 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.
Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Barcelona, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen’. Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.
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