Foto: Friedrich Burgmüller
von Peter Sommeregger
Doppelbegabungen sind in musikalischen Familien keine Seltenheit. Im Fall der beiden komponierenden Brüder Friedrich und Norbert Burgmüller fielen die Lebensläufe aber doch sehr unterschiedlich aus.
Friedrich, der ältere der Brüder, kam 1806 in Regensburg zur Welt, bereits ein Jahr später übersiedelte die Familie nach Düsseldorf. Der als Musiklehrer und später als Kapellmeister tätige Vater hatte wohl bei Friedrich und dem 1810 in Düsseldorf geborenen Norbert den Grundstein für eine musikalische Ausbildung und spätere kompositorische Tätigkeit gelegt.
Friedrich verließ nach dem Tod des Vaters im Jahr 1824 Düsseldorf und ließ sich erst in Basel, später Straßburg und schließlich 1834 in Paris nieder, wo er 1842 auch die französische Staatsbürgerschaft erhielt.
Friedrich Burgmüllers Werke sind fast ausschließlich eher leichte Klavierstücke, beliebt waren vor allem seine Etüden für Klavierschüler, die bis heute verwendet werden. Für die Pariser Oper schuf er die Musik für einige Ballett-Szenen und Pantomimen. 1874 starb er in Beaulieu bei Marolles-en-Hurepoix als angesehener Musiker.
Der Jüngere, Norbert, konnte durch die Unterstützung eines adeligen Gönners in Kassel bei Louis Spohr Violin-Unterricht nehmen. Während er seine musikalischen Studien weiter vorantrieb, verdiente er in Kassel seinen Lebensunterhalt als Korrepetitor, Pianist und Dirigent. Sein 1830 von ihm selbst uraufgeführtes Klavierkonzert gilt als bedeutendstes Werk seines naturgemäß schmalen Oeuvres. Burgmüller hatte sich in Düsseldorf mit Felix Mendelssohn-Bartholdy angefreundet, der damals als Musikdirektor der Stadt tätig war. In einem Abonnementkonzert führte dieser 1834 Burgmüllers Klavierkonzert auf, das bis heute immer wieder erklingt.
Privat gestaltete sich das Leben des jüngeren Burgmüller eher tragisch. Nach einer wieder gelösten Verlobung mit der Sängerin Sophia Roland, die unmittelbar danach verstarb, geriet er zeitweilig in eine Alkoholabhängigkeit, auch eine zweite Verlobung führte zu keiner Verheiratung.
Schließlich beschloss Norbert Burgmüller, seinem erfolgreichen Bruder nach Paris zu folgen. Davor wollte er aber seine angeschlagene Gesundheit stabilisieren und reiste zu einer Bäderkur nach Aachen. Dort ertrank er am 7. Mai 1836, ausgelöst wohl durch einen epileptischen Anfall, in der Badewanne. Für seine Beisetzung vier Tage später in Düsseldorf komponierte Felix Mendelssohn-Bartholdy einen Trauermarsch als letzte Ehrung für den Freund.
Norbert Burgmüllers Musik orientiert sich stilistisch durchaus an Beethoven und Spohr, auch ein Einfluss des Freundes Mendelssohn ist nicht zu leugnen, aber die Werke haben durchaus eigenständigen Charakter. Man kann nur vermuten, dass der früh Vollendete noch Bedeutendes geschaffen hätte, aber so bleibt nur das Jugendwerk zur Beurteilung, das aber doch regelmäßig aufgeführt wird.
Peter Sommeregger, 2. November 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.
Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Barcelona, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen’. Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.