Sommereggers Klassikwelt 160: Giuseppina Strepponi, Verdis zweite Ehefrau

Sommereggers Klassikwelt 160: Giuseppina Strepponi, Verdis zweite Ehefrau  klassik-begeistert.de 16. November 2022

Foto: Portrait of Giuseppina Strepponi Verdi, soprano (1815-1897). Photo by Pilotti e Poysel, before 1897.

Lange bevor die Opernsängerin Giuseppina Strepponi die zweite Ehefrau des Komponisten Giuseppe Verdi wurde, gehörte sie bereits zu den erfolgreichsten italienischen Opernsängerinnen ihrer Zeit.

von Peter Sommeregger

Geboren am 8. September 1815 in Lodi, einer kleineren Stadt in der Lombardei, als Tochter eines Kapellmeisters, erhielt sie ersten Klavierunterricht von ihm. Nach seinem frühem Tod setzte sie ihre Studien am Mailänder Konservatorium fort und erhielt am Ende ihrer Gesangsausbildung einen ersten Preis im Fach Belcanto. Bereits mit 19 Jahren debütierte sie an dem kleinen Theater in Adria, schnell folgten Engagements in Triest, im Frühjahr 1835 auch an das Kärtnertor-Theater in Wien, wo sie als Adalgisa in Bellinis „Norma“ auftrat.

Nächste Stationen waren das Teatro La Fenice in Venedig und Rom. In den folgenden Jahren war die Strepponi an nahezu allen wichtigen Opernbühnen Italiens zu hören. Mit ihren Gagen unterstützte sie die verwitwete Mutter, finanzierte die Ausbildung ihrer zwei Schwestern und ermöglichte dem Bruder ein Medizinstudium in Pavia.

Giuseppe Verdi dürfte sie erstmals 1839 in Mailand begegnet sein, als dieser an der Scala die Aufführung seiner ersten Oper „Oberto“ vorbereitete, die dann aber nicht zustande kam. In den ersten Jahren ihrer Karriere hatte die Strepponi mehrere Liebesaffären, aus denen zwischen 1838 und 1841 zwei Töchter und ein Sohn hervorgingen. Die Vaterschaften sind jeweils nicht bekannt.

Foto: wikipedia.com

Zur ersten Zusammenarbeit mit Verdi kam es, als er 1841 mit ihr die Rolle der Abigaille in seiner neuen Oper „Nabucco“ einstudierte, die sie bei der Uraufführung kreierte.

Anfang der 1840er Jahre entwickelte Strepponi erhebliche Probleme mit ihrer Stimme. Drei Schwangerschaften und ihr extrem häufiges Auftreten bis zu sechsmal pro Woche hatten der Stimme irreparable Schäden zugefügt. Anfang 1846 trat sie endgültig von der Bühne ab und gründete eine Gesangsschule in Paris, wozu ihr Verdi geraten hatte. In den Folgejahren scheint sich die Beziehung zwischen dem Komponisten und der Sängerin intensiviert zu haben, zwischen 1847 und 1849 verbrachte Verdi längere Zeit bei Strepponi in Paris. Als Verdi im Sommer 1849 nach Italien zurückkehrte, folgte ihm Giuseppina. Mehr und mehr wurde sie für den Komponisten eine unentbehrliche Mitarbeiterin. Sie übersetzte die literarischen Vorlagen seiner Opern, führte Korrespondenzen mit Verlegern und Opernhäusern.

Das Paar ließ sich auf dem Gut Sant’Agata nieder, unternahm aber weiterhin viele Reisen und hielt sich auch immer wieder für längere Zeit in Paris auf.

Am 29. August 1859 legitimierten Verdi und Strepponi ihre Beziehung durch eine kirchliche Trauung in der Nähe von Genf. Verdi hatte möglicherweise mit der Heirat lange gezögert, nachdem er seine erste Frau und seine beiden Kinder aus dieser Ehe kurz hintereinander durch Krankheit verlor, was wohl ein Trauma bei ihm ausgelöst hatte.

In eine Krise geriet die Ehe, als Giuseppe Verdi eine intensive Freundschaft mit der Sängerin Teresa Stolz pflegte, die für ihn künstlerisch ungemein wichtig war und die Rolle der Aida und das Sopran-Solo im Requiem kreiert hatte. Bis heute ist ungeklärt, ob es tatsächlich nur ein freundschaftliches Verhältnis war, jedenfalls erregte die Beziehung die Eifersucht Giuseppinas.

Spätestens Ende der 1870er Jahre söhnte sich das Ehepaar aber endgültig aus.

Giuseppina Strepponi starb nach langer Krankheit am 14. November 1897 in Sant’Agata, Verdi folgte ihr am 27. Januar 1901 in Mailand. Ihre endgültige Ruhestätte fand das Ehepaar im Innenhof des von ihm gestifteten Altersheims für Künstler, der Casa di Riposo in Mailand. Das Institut besteht bis heute und wird aus dem hinterlassenen Vermögen des Ehepaares Verdi finanziert.

Peter Sommeregger, 14. November 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.

Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Barcelona, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen’. Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.

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