Fotos Wikipedia, Hochzeitsbild Pinterest
von Peter Sommeregger
Der 26. Januar ist der Geburtstag Jacqueline du Prés, die allerdings bereits 1987 verstorben ist. In Oxford geboren, wurde ihr musikalisches Talent schon früh von ihrer Mutter, die Pianistin war, erkannt. Die Mutter begann auch Jacqueline im Cellospiel zu unterrichten, später erhielt sie auch professionellen Unterricht und nahm an Meisterklassen von Pablo Casals, Paul Tortelier und Rostropowitsch teil.
Früh erreichte sie Konzertreife, als ihren Durchbruch kann man einen Auftritt in der Londoner Royal Festival Hall mit Edward Elgars Cellokonzert im Jahr 1962 bezeichnen. Dieses speziell in England populäre Werk wurde zu einem Schlüsselwerk in du Prés Karriere, ihre Schallplatteneinspielung dieses Konzerts unter Sir John Barbirolli wurde zum Bestseller. Es war der Auftakt zu einer regen Aufnahmetätigkeit, die als Vermächtnis ihrer tragisch früh beendeten Karriere die Erinnerung an sie bis heute wachhält.
Im Jahr 1966 lernte du Pré den jungen Pianisten Daniel Barenboim kennen. Als dieser aus Solidarität mit seinen Israelischen Landsleuten während des Sechstagekriegs 1967 spontan nach Israel reiste, um dort für sein Land zu kämpfen, folgte ihm du Pré und heiratete ihn am 15. Juni 1967 nach jüdischem Ritus an der Jerusalemer Klagemauer. Barenboims Familie hatte auf einer jüdischen Hochzeit bestanden, was für die Katholikin du Pré zwingend den Übertritt zum Judentum bedeutete, der nur wegen der Prominenz des Paares in zeitlich geraffter Form vollzogen wurde.
In der Folge avancierte das gut aussehende junge Ehepaar zum medialen Liebling der Klassikwelt. Gemeinsam mit den befreundeten Musikern Zubin Mehta, Itzhak Perlman, Pinchas Zukerman entstanden Schallplattenaufnahmen, man trat auch häufig gemeinsam auf. Ein besonders anrührendes Dokument dieser Zeit ist der Film „The Trout“, der während Proben für Schuberts Forellenquintett in London 1969 entstand und den künstlerischen Ernst und die jugendliche Begeisterung aller Beteiligter widerspiegelt.
Ab 1971 stellten sich bei der Cellistin gesundheitliche Probleme ein. Die Sensibilität ihrer Finger ließ deutlich nach, für du Pré und ihr Spiel eine Katastrophe. Bis 1973 trat sie noch im Konzertsaal auf, danach beendete sie ihre Karriere, nachdem bei ihr Multiple Sklerose diagnostiziert worden war. Für eine Weile konnte sie noch einer Lehrtätigkeit nachgehen, aber auch das war bald nicht mehr möglich.
Die Tänzerin Margot Fonteyn stellte der Künstlerin ihr Londoner Haus zur Verfügung, das für Fonteyns Ehemann behindertengerecht umgestaltet worden war, da dieser nach einem Attentat querschnittgelähmt war. Daniel Barenboim, der inzwischen hauptsächlich als Dirigent arbeitete, übernahm 1975 das Orchestre de Paris und verlegte seinen Wohnsitz in die französische Hauptstadt, während Jacqueline du Pré allein in London zurückblieb.
Es blieb ihr nicht verborgen, dass Daniel Barenboim in Paris in der Pianistin Elena Bashkirova eine neue Partnerin gefunden hatte, die für Barenboim ihren Ehemann Gidon Kremer verlassen hatte. Aus der Verbindung gingen zwei Söhne hervor, auch das dürfte der todkranken Cellistin nicht verborgen geblieben sein. Du Pré engagierte sich in ihrer letzten Lebenszeit für andere Leidensgenossen und nutzte ihre Popularität für ein besseres Verständnis ihrer Krankheit. Am 19. Oktober 1987 wurde sie von ihrem Leiden erlöst und starb. Bestattet wurde sie auf eigenen Wunsch auf dem jüdischen Friedhof von Golders Green in London. Barenboim und Bashkirova heirateten im folgenden Jahr.
Jacqueline du Prés Virtuosität ist in zahlreichen Schallplatten und Videos festgehalten, die heute noch interpretatorische Maßstäbe setzen. Dokumentiert ist ein Konzert von 1968, bei dem ihr während des Cello-Konzertes von Dvořák eine Saite reißt, und sie daher den Saal verlassen muss, aber danach den Spannungsbogen sofort gekonnt wieder aufnimmt. Man muss für solche Dokumente dankbar sein, die auch Jahrzehnte nach ihrem Tod an die große Künstlerin erinnern.
Peter Sommeregger, 24. Januar 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.
Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Barcelona, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen’. Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.
Ich fand es immer sehr traurig, dass Barenboim seine kranke Frau im Stich lies. Er hätte nicht nach Paris gehen dürfen, sondern seiner Frau zur Seite stehen sollen, denn dadurch verschlechterte sich ihre Krankheit noch mehr und schneller.
Sehr, sehr traurig.
Doris Zach