Sommereggers Klassikwelt 199: Der Vorzeige-Wiener Robert Stolz stammt aus Graz

Sommereggers Klassikwelt 199: Der Vorzeige-Wiener Robert Stolz stammte aus Graz

Foto: wikipedia.org

Der Name Robert Stolz ist für viele Menschen ein Synonym für Wiener Operette und Revuen. Dabei ist der erfolgreiche Komponist am 25. August 1880 in Graz zur Welt gekommen. Sein Musikstudium absolvierte er in Graz, Wien und Berlin.


von Peter Sommeregger

Bereits 1897 wurde er als Korrepetitor am Stadttheater Graz angestellt. Danach wirkte er als Kapellmeister in Marburg an der Drau und am Stadttheater in Salzburg. Bereits an diesen frühen Wirkungsstätten brachte Robert Stolz erste eigene Werke zur Aufführung. Seine nächste Station war das Stadttheater in Brünn, bevor er 1907 die Leitung des Theaters an der Wien übernahm. Bei der Uraufführung der Operette „Der Graf von Luxemburg“ von Franz Lehár am 12. November 1909 stand er dort am Pult.

Unterbrochen wurde seine schnelle Karriere durch den ersten Weltkrieg. Er leistete von 1914 bis 1918 unter anderem als Kapellmeister beim legendären K.u.K. Infanterie-Regiment Hoch- und Deutschmeister Nr.4 seinen Militärdienst. Nach den Kriegsjahren wollte Robert Stolz sich mit einem eigenen Theater selbständig machen, dieser Plan scheiterte allerdings an unlösbaren materiellen Problemen. Nach einem kurzen Intermezzo in Berlin kehrte Robert Stolz wieder nach Wien zurück, wo er Operetten und Schlager wie am laufenden Band produzierte. Seiner Inspiration schienen keine Grenzen gesetzt, bis heute sind Kompositionen wie „Im Prater blüh’n wieder die Bäume“, „Adieu mein kleiner Gardeoffizier“ oder „Wien wird schön erst bei Nacht“ populär, seine Operetten „Venus in Seide“, „Zwei Herzen im Dreivierteltakt“ und etwa zwei Dutzend weitere hielten und halten sich bis heute auf den Spielplänen. In späteren Jahren schuf er die Musik für insgesamt 19 Wiener Eisrevuen, auch die Musik zu zahlreichen Filmen stammte aus seiner Feder.

Neben seinen großen musikalischen Erfolgen gestaltete sich sein Leben allerdings kompliziert. Hatte er nach 1933 eine größere Zahl von befreundeten jüdischen Menschen und andere von den Nazis Verfolgte in seiner Limousine nach Wien geschmuggelt, so geriet er nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich in Konflikt mit den neuen Machthabern und emigrierte nach Paris, wo der zum vierten Mal verheiratete Stolz seiner späteren fünften Ehefrau „Einzi“ begegnete, die sich zu dieser Zeit vieler verarmter emigrierter Künstler annahm, was ihr durch den Reichtum ihres Ehemannes möglich war. Mit dieser Frau emigrierte Robert Stolz schließlich in die USA, nach der Scheidung der jeweiligen Ehen heiratete das Paar 1946. Einzi Stolz fungierte auch als Managerin ihres Ehemannes, die beiden bildeten ein perfekt eingespieltes Team.

Grab von Robert Stolz auf dem Wiener Zentralfriedhof © wikipedia.org

Robert Stolz blieb bis ins hohe Alter produktiv, als er am 27. Juni in Berlin mit 94 Jahren (wieder nicht Wien!) starb, hinterließ er ein kaum überschaubares musikalisches Erbe, das von seiner Witwe engagiert verwaltet wurde. Einzi überlebte ihren Ehemann um beinahe dreißig Jahre und fand ihre letzte Ruhe an seiner Seite in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof. Wenn auch Grazer von Geburt, und in Berlin verstorben, für viele Menschen ist Robert Stolz DER Repräsentant des musikalischen Wien.

Peter Sommeregger, 23. August 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.

Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Barcelona, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen’. Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.

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