Viele der Schallplatten-Aufnahmen Lisa della Casas sind bis heute erhältlich, und haben ihren kristallklaren Sopran bewahrt. In manchen Partien wie der Arabella ist sie bis heute das Maß aller Dinge.
von Peter Sommeregger
Lisa della Casa wird am 2. Februar 1919 im schweizerischen Burgdorf als Tochter eines Augenarztes geboren. Die kunstsinnigen Eltern lassen die Tochter Gesang studieren, bereits 1941 debütiert sie am Theater Solothurn als Puccinis „Madame Butterfly“. Schon 1943 wechselte sie an das Stadttheater Zürich, wo sie bis 1950 unter Vertrag blieb. In den ersten Jahren ihrer Karriere trat die bildschöne della Casa auch in verschiedenen Schweizer Filmen als Schauspielerin auf.
Den Durchbruch erlebte sie 1947 bei den Salzburger Festspielen, wo sie in Richard Strauss’ „Arabella“ die Zdenka sang. Selbst der Komponist war von ihrer Leistung begeistert, der Salzburger Erfolg hatte auch eine Berufung an die Wiener Staatsoper zur Folge. Schnell erarbeitete sich die Sängerin ein umfangreiches Repertoire, wobei die Opern von Mozart und Richard Strauss anfangs im Vordergrund standen.
Anfang der 1950er Jahre trat della Casa bereits an nahezu allen führenden Opernhäusern der Welt auf, im Sommer 1952 kam es sogar zu einem Auftritt bei den Bayreuther Festspielen, wo sie die Eva in den „Meistersingern von Nürnberg“ sang. Von 1953 bis 1968 sang sie mehrfach an der Metropolitan Opera in New York, wo sie neben der Eva u.a. auch die Elsa in Wagners „Lohengrin“ sang, daneben aber auch viel Mozart und Strauss.
Die Rolle, mit der man della Casa aber am stärksten verband, war die Titelrolle in Strauss’ „Arabella“, die sie erstmals 1958 bei den Salzburger Festspielen an der Seite von Dietrich Fischer-Dieskau unter Joseph Keilberth sang. Die reife Schönheit della Casas in Verbindung mit ihrem silbrigen Timbre empfand man als ideal für diese trotzige höhere Tochter, die am Ende doch ihr Glück findet. In der Salzburger Besetzung wurde diese Oper auch nach Wien und München übernommen, wo sie ebenso begeistert aufgenommen wurde.
In erster Ehe war della Casa von 1944 bis 1949 mit Ernst Geiser verheiratet. Sie trennte sich von ihm, nachdem sie den serbischen Musikwissenschaftler Dragan Debeljevic kennengelernt hatte. Diesen heiratete sie 1949, 1951 wurde die gemeinsame Tochter geboren. Das Ehepaar erwarb das Schloss Gottlieben am Bodensee, wo sie zurückgezogen lebten.
Lisa della Casa beendete ihre Karriere überraschend im Jahr 1974. Der Grund dafür war die schwere Erkrankung ihrer Tochter Vesna, deren Pflege sich das Ehepaar von da an widmete.
Debeljevic wurde zum Biographen seiner Frau und veröffentlichte 1975 das Buch „Ein Leben mit Lisa della Casa“. Im Vorfeld ihres 90. Geburtstages gibt sie gemeinsam mit ihrem Ehemann dem Journalisten Thomas Voigt noch einmal ein Interview. Es wird ein eindrucksvolles Dokument einer Künstlerin, die stets ihren eigen Kopf hatte und unangepasst blieb. Auffällig dabei, dass die Sängerin lebenslang wie ihr Ehemann Kettenraucherin war. Sieht man dieses Fernsehinterview, so meint man förmlich die Rauchschwaden zu riechen, die das Paar umwehen.
Im gesegneten Alter von nahezu 94 Jahren ist Lisa della Casa am 10. Dezember 2012 gestorben. Die Liebe ihres Lebens, Dragan Debeljevic, überlebte seine Frau um zwei Jahre.
Viele der Schallplatten-Aufnahmen Lisa della Casas sind bis heute erhältlich, und haben ihren kristallklaren Sopran bewahrt. In manchen Partien wie der Arabella ist sie bis heute das Maß aller Dinge.
Peter Sommeregger, 30. Januar 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Danke für den Beitrag über LISA DELLA CASA! Es ist erfreulich und tröstlich, dass man sich auch 50 Jahre nach ihrem (abrupten) Karriereende noch an diese wunderbare Künstlerin erinnert. Ich konnte sie als Student in Wien in den späten Sechzigern/frühen Siebzigern in fast allen ihren großen Rollen, die sie konsequent bis zum Schluß sang (verabschiedet hat sie sich ja mit ihrer Glanzrolle, der „Arabella“), bewundern: Figaro Gräfin, Elvira, Pamina, Eva, Capriccio Gräfin, Ariadne, Arabella, Marschallin und Oktavian (!). Sie war damals bis zur schweren Erkrankung ihrer Tochter, wovon fast niemand wusste, in Top Form („die Della Casa klingt wie einst im Mai“) . Sie sang dann der Tochter zuliebe noch ein paar Jahre weiter, war aber selbst schwer belastet. Die Erinnerung an eine elegante, strahlend schöne Frau deren Sopran, nicht zuletzt dank einer außerordentlichen Technik, bis in die höchsten Höhen trug, deren Rollengestaltung von größtem Wissen und Geschmack zeugte, ist bis heute eine Bereicherung in meinem Leben geblieben.
FANTUR Gerd Alf