Sommereggers Klassikwelt 224: Der balsamische Bariton Josef Metternichs hält bis heute allen Vergleichen stand

Sommereggers Klassikwelt 224: Der balsamische Bariton Josef Metternichs hält bis heute allen Vergleichen stand

von Peter Sommeregger 

Der 1915 in der Nähe von Köln geborene Rheinländer entschied sich bereits früh für den Sängerberuf, sein Gesangsstudium verdiente er sich als Geiger bei Tanzveranstaltungen. Auch als Chorsänger war Metternich tätig, ehe er aus gesundheitlichen Gründen sein Studium für zwei Jahre unterbrechen musste. Während des Zweiten Weltkrieges schloss er seine Studien in Berlin ab, und wurde 1940 an das Deutsche Opernhaus Berlin verpflichtet, wo er zunächst kleinere Rollen übernahm. Ein Engagement an das Staatstheater Wiesbaden wurde durch die Schließung der Deutschen Bühnen gegen Ende des Krieges schnell beendet.

Unmittelbar nach Kriegsende sang er wieder an der inzwischen Städtischen Oper Berlin, ab 1946 auch an der Berliner Staatsoper im Ostteil der Stadt. Sein Rollenspektrum teilte sich zwischen dem italienischen und deutschen Fach, das verlieh ihm eine Vielseitigkeit und Flexibilität der Stimme, die zu seinem Markenzeichen wurde.

Bereits ab 1952 war er auch Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper, wo er in Opern von Richard Strauss, Richard Wagner und Giuseppe Verdi wahre Triumphe feierte. In Paris gastierte er 1959 und 1962 als Alberich in Wagners „Siegfried“ und „Götterdämmerung“, Gastspiele in Marseille und London folgten. 1962 sang er in Osaka bei der Japanischen Erstaufführung der „Salome“ von Richard Strauss den Jochanaan. Die Metropolitan Opera in New York verpflichtete ihn von 1953 bis 1956 für Partien von Verdi und Wagner, auch hier konnte er wieder mit seiner stilistischen Vielfalt punkten.

Ab den späten 1950er Jahren war Metternich Ensemblemitglied der Opernhäuser in Hamburg und München. Neben seinen Opernauftritten war Metternich auch ein erfolgreicher Konzertsänger.

Sein ansprechendes Timbre, gepaart mit seiner vorzüglichen Technik, machte ihn zu einem der bedeutendsten Sänger seiner Generation. Seine fulminante Höhe, die beinahe die Tessitura eines Tenors erreichte, war ein absolutes Alleinstellungsmerkmal. Dazu kam ein großes schauspielerisches Talent, das seine Rollengestaltung besonders glaubwürdig machte. Die damals noch junge Vinyl-Schallplatte machte ihn auch bei einem breiten Publikum populär. Häufig war sein Partner auf Schallplatten der Tenor Rudolf Schock, mit dessen kräftigem Heldentenor sich Metternichs warmes und weiches Timbre bestens verband.

Metternichs internationale Karriere und seine Präsenz auf Tonträgern war für seine Zeit ungewöhnlich, unterstreicht aber seinen künstlerischen Rang. Ich hatte noch das Glück, Metternich Ende der 1960er Jahre einige Male in München auf der Bühne zu erleben, bald danach zog er sich aber zurück und widmete sich einer Lehrtätigkeit. An der Musikhochschule von Köln unterrichtete er zwischen 1965 und 1990 eine Vielzahl junger Sänger, von denen einige auch Karriere machten.

Verheiratet war Metternich mit der Sopranistin Liselotte Losch, die ihrerseits auch eine nennenswerte Karriere, bevorzugt im deutschen Fach, hatte. Josef Metternichs Bruder Anton wirkte ebenfalls erfolgreich als Bariton, konnte aber an seinen Bruder nicht ganz heranreichen.

Nach dem Ende seiner Lehrtätigkeit zog sich Metternich in sein Haus in Feldafing am Starnberger See zurück, wo er am 21. Februar 2005 wenige Monate vor seinem 90. Geburtstag verstarb. Seine unverwechselbare Stimme ist in zahlreichen Platteneinspielungen erhalten, vor allem in den seinerzeit beliebten „Großen Querschnitten“ in deutscher Sprache, es existieren aber auch komplette Opernaufnahmen, sogar Mitschnitte aus der New Yorker Met. Auf ihnen ist nachzuhören, welche Qualitäten seine unvergessliche Stimme besaß.

Peter Sommeregger, 20. Februar 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.

Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen.‘ Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.

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Ein Gedanke zu „Sommereggers Klassikwelt 224: Der balsamische Bariton Josef Metternichs hält bis heute allen Vergleichen stand“

  1. Als Sänger unbetritten erste Klasse, als Lehrer nur für pferdestarke Stimmen tragbar. Belcanto, Mozart, sensible Stimmen, feine Piani haben da manche Katastrophe erlebt. Seine „berühmte“ Staumethode und manches Hauruck-Verfahren waren eines guten Lehrers einfach nicht würdig.
    Cordialmente
    Franco Bastiano
    Paris V-ième

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