Sommereggers Klassikwelt 238: Anton Dermota war ein Pfeiler des Wiener Mozart-Ensembles

Sommereggers Klassikwelt 238: Anton Dermota war ein Pfeiler des Wiener Mozart-Ensembles  klassik-begeistert.de, 5. Juni 2024

Foto: wikipedia.org

von Peter Sommeregger 

Bis heute ist zumindest allen geschichtsbewussten Wiener Opernfreunden der Name Anton Dermotas ein Begriff.

Geboren wurde Dermota am 4. Juni 1910 im heutigen Slowenien, damals noch Teil der Donaumonarchie. Er entstammte einer armen Familie, verdiente sich das Geld für ein Studium der Orgel und der Komposition am Konservatorium von Ljubljana mit Hilfsarbeiten. 1934 debütierte er am Theater von Cluj, und erhielt anschließend ein Stipendium für die Fortsetzung seines Studiums in Wien. Seine dortige Gesangslehrerin war Maria Radó.

Bereits 1936 debütierte er an der Wiener Staatsoper, Bruno Walter setzte ihn bei seinem Debüt als ersten Geharnischten in der „Zauberflöte“ ein. Schon im folgenden Jahr wurde er festes Ensemblemitglied des Hauses, in dem er 40 Jahre lang Erfolge feierte. Auch Auftritte bei den Salzburger Festspielen absolvierte er praktisch in jedem Jahr.

In der dunkelsten Stunde der Wiener Staatsoper, als Brandbomben am 13. März 1945 das Haus trafen, half er bei der Rettung von Notenmaterial und Einrichtungsgegenständen. Als das wieder aufgebaute Haus am 5. November 1955 mit Beethovens „Fidelio“ eröffnet wurde, sang er die Rolle des Florestan, die für seinen eher lyrischen Tenor eine Grenzpartie war, die er aber glänzend ausfüllte. Dermotas besondere Stärke waren die Rollen in Opern von Mozart. Nach dem 2. Weltkrieg, noch im Ausweichquartier der Staatsoper im Theater an der Wien, hatte sich ein Mozart-Ensemble herausgebildet, das in den folgenden Jahren Operngeschichte schrieb. Neben Dermota gehörten ihm Sänger wie George London, Irmgard Seefried, Sena Jurinac, Elisabeth Schwarzkopf, Lisa della Casa, Erich Kunz u.a. an. Einer der besten Mozart-Dirigenten war damals der während des Nazi-Regimes kalt gestellte Josef Krips.

Neben seinen Opernpartien war Dermota auch ein gefragter Liedersänger. In seiner langjährigen Ehefrau Hilde fand er eine kongeniale Begleiterin, eine gemeinsame Aufnahme von Schuberts „Winterreise“ ist noch heute als eindrucksvolles Dokument erhältlich, ebenso wie eine Reihe von Gesamteinspielungen von Mozart-Opern. Dermota erweiterte sein Rollenspektrum während seiner gesamten Karriere immer weiter, eine späte Glanzrolle wurde der Titelheld in Hans Pfitzners „Palestrina“, aber auch als Strawinskys „Oedipus Rex“ konnte man ihn erleben.

Ab 1966 wirkte er auch als Gesangslehrer an der Wiener Musikhochschule. Anlässlich seines 70. Geburtstages stand er noch einmal als Tamino auf der Bühne der Wiener Staatsoper, der er über 40 Jahre angehört hatte.

Carlos Kleiber besetzte ihn noch 1981 als Hirt in seiner Tristan- Gesamtaufnahme, eine Aufgabe, die er mit ungebrochen frischer Stimme eindrucksvoll bewältigte.

Anton Dermota, der im Lauf seines Lebens zahlreiche Orden und Auszeichnungen erhalten hatte, darunter den Ehrentitel Kammersänger, starb in seiner Wahlheimat Wien am 22. Juni 1989. Seine letzte Ruhe fand er in einem Ehrengrab auf dem Hietzinger Friedhof. Bis heute hat sein Name einen guten Klang, von der Qualität seines Gesanges geben bis heute Schallplatten-Aufnahmen Zeugnis.

Peter Sommeregger, 4. Juni 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Sommereggers Klassikwelt 237 : Der große Wagner-Sänger George London verstummte viel zu früh klassik-begeistert.de, 29. Mai 2024

Sommereggers Klassikwelt 236: Paul Sacher ging als Mäzen in die Musikgeschichte ein klassik-begeistert.de, 21. Mai 2024

Sommereggers Klassikwelt 235: Frida Weber-Flessburgs Karriere und grausames Ende klassik-begeistert.de, 15. Mai 2024

Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.

Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen’. Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert