Sommereggers Klassikwelt 254: Der Tenor Karl Terkal wurde mit Nebenrollen zum Star

Sommereggers Klassikwelt 254, der Tenor Karl Terkal  klassik-begeistert.de, 2. Oktober 2024

von Peter Sommeregger 

Wer die Wiener Oper zwischen 1950 und 1980 regelmäßig besucht hat, kam an einem Namen nicht vorbei: der Tenor Karl Terkal war in beinahe unzähligen Nebenrollen eine unverzichtbare Säule des Ensembles.

Der am 7. Oktober 1919 in Wien geborene Sänger erlernte ursprünglich den Beruf des Tischlers. Um zum Unterhalt seiner Familie beizutragen, betätigte er sich aus Freude an der Musik zeitweise als Straßensänger. Während des 2. Weltkrieges diente er als Soldat, wurde auf der Krim verwundet und geriet schließlich in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Nach Wien zurückgekehrt arbeitete er wieder in seinem erlernten Beruf, nahm parallel dazu aber Gesangsunterricht. Als Dreißigjähriger kam er schließlich 1949 als Eleve an die Wiener Staatsoper. Sein Bühnendebüt hatte er aber 1950 in Graz als Don Ottavio, in der gleichen Rolle debütierte er 1951 in Wien, Clemens Krauss engagierte ihn 1952 an die Wiener Staatsoper, der er dreißig Jahre lang angehören sollte.

Er sang in Wien ein breites Repertoire von Verdi über Puccini, wurde häufig in Hauptrollen eingesetzt. Seine klangschöne, höhensichere Tenorstimme eignete sich sehr gut für Tonaufnahmen, für verschiedene Labels entstand eine Vielzahl von Einspielungen, darunter zahlreiche Operetten. Ein Handicap stellte ein S-Fehler dar, den der Sänger zeitlebens nicht vollständig in den Griff bekam. So existiert z.B. eine komplette Platteneinspielung der „Fledermaus“, in der er den Eisenstein singt, in den Dialogen aber von einem Schauspieler gedoubelt wird. Gastiert hat Terkal auch häufig bei den Salzburger und Bregenzer Festspielen, im Jahr 1952 war er auch in Bayreuth als Gralsritter und einer der Meister zu hören.

An der Wiener Volksoper trat er in zahlreichen Operetten auf, aus dieser Zeit stammen zahlreiche Schallplattenaufnahmen. In reiferen Jahren verlegte Terkal sich auf die kleinen, aber wichtigen Nebenrollen, die oft unzureichend besetzt werden, für den Gesamteindruck einer Aufführung aber sehr bedeutsam sind. Die Zahl seiner Auftritte in solchen Rollen sind kaum überschaubar. Ich hatte bei jedem Opernbesuch in jenen Jahren das Gefühl, dass Terkal eigentlich immer dabei war. Den ersten Gefangenen in „Fidelio“ sang er 200 mal, den Monostatos in der „Zauberflöte“ 100 mal, 107 mal einen der Juden in „Salome“. Am häufigsten war er als Wirt im „Rosenkavalier“ zu hören, den er nicht weniger als 221 mal gesungen hat, auch in der Schallplattenaufnahme unter Leonard Bernstein. Die winzige Rolle sticht dadurch hervor, dass der Sänger ein sicheres hohes C benötigt, was für Terkal kein Problem darstellte.

Seine stimmlichen Qualitäten und seine Zuverlässigkeit machten ihn praktisch unentbehrlich, schlechter besetzt wollte man auch diese kleinen Rollen nicht mehr hören.

Karl Terkal genoss hohes Ansehen, wurde zum Ehrenmitglied der Wiener Staatsoper ernannt. Als er am 12. August 1996 starb, widmete ihm die Stadt Wien ein Ehrengrab auf dem Baumgartner Friedhof. Als einer der Sänger mit den höchsten Aufführungszahlen ist er aus der Geschichte der Wiener Staatsoper nicht wegzudenken.

Peter Sommeregger, 1. Oktober 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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2 Gedanken zu „Sommereggers Klassikwelt 254, der Tenor Karl Terkal
klassik-begeistert.de, 2. Oktober 2024“

  1. Schön, dass man Karl Terkal diesen Artikel widmet. Ich habe „seinen“ Wirt immer noch im Ohr! Wäre interessant zu wissen, wie viel manch ein weltberühmter Tenor der Opernszene dafür ausgegeben hätte, um so ein sicheres Hohe-C in den Stimmbänder zu haben… Richard Strauss war als Tenor-feindlich bekannt. Mit einem Karl Terkal hat er nicht gerechnet!!!

    Sheryl Cupps

  2. Meines Wissens scheiterte Terkal mit der Weigerung sein italienisches Repertoire in der originalen Landessprache zu singen.

    Lothar Schweitzer

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