NEUJAHRSKONZERT: Der Jubilar Johann Strauss II kredenzt zum Multimillionen-TV-Ereignis 10 von 17 Titel!

Sommereggers Klassikwelt 267: Johann Strauss  klassik-begeistert.de, 1. Januar 2025

Johann Baptist Strauss (* 25. Oktober 1825 in St. Ulrich bei Wien, heute ein Teil von Wien-Neubau; † 3. Juni 1899 in Wien) ist der Mann des Neujahrs-Tages 2025, vielleicht sogar des Jahres 2025. Am 1. Jänner 2025 startet um 11.15 Uhr das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Maestro Riccardo Muti im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins. Das Neujahrskonzert 2025 wird in über 90 Länder weltweit übertragen und von Millionen TV-Zuschauern verfolgt. 10  !!! von 17 Neujahrskompositionen stammen dieses Jahr von Johann Strauss Sohn.

Foto: wikipedia/Johann Strauss II by August Eisenmenger 1888

Heute, am 1. Jänner/Januar beginnt das Jahr, in dem der 200. Geburtstag von Johann Strauss dem Jüngeren nicht nur in Österreich gefeiert wird. Der Geburtstag selbst ist zwar erst am 25. Oktober, aber seine Popularität gibt genug Stoff für ein ganzes Feierjahr.

von Peter Sommeregger / Klassikwelt 267

Johann Strauss Sohn oder Johann Strauss II, wie man ihn zur besseren Unterscheidung von seinem Vater auch nennt, bekam seine musikalische Begabung buchstäblich in die Wiege gelegt und konnte sich bereits als junger Kapellmeister einen Namen machen, wobei seine Auftritte hauptsächlich bei Bällen oder anderen Tanzveranstaltungen stattfanden. Johann Strauss komponierte ebenso wie sein Vater Walzer und Märsche und erreichte schon früh eine große Popularität.

Groß war in Wien die Überraschung, als der gutaussehende und umschwärmte Musiker 1862 die um sechs Jahre ältere Sängerin Henriette „Jetty“ Treffz heiratete, die davor jahrelang in einer nicht ehelichen Beziehung mit dem jüdischen Bankier Moritz Todesco gelebt hatte, dem sie sechs Kinder geboren hatte. Für einen Mann mit starker Mutterbindung eigentlich keine ungewöhnliche Wahl.

Jetty wurde für ihren „Jean“ mütterliche Geliebte, Ratgeberin und vor allem Managerin, lange bevor dieser Begriff erfunden wurde. Sie war es auch, die ihrem Ehemann zur Komposition von Bühnenwerken riet, was für den Komponisten erheblich lukrativer war. Hatte Strauss von seinem Verleger für Walzerkompositionen nur ein einmaliges Honorar erhalten, so erhielt er bei seinen Operetten Tantiemen für jede Aufführung. Es ist sicher kein Zufall, dass die meisten bedeutenden Werke von Johann Strauss in der Zeit der 16 Jahre dauernden Ehe entstanden. In der lebens- und bühnenerfahrenen Frau hatte Johann Strauss die perfekte Muse gefunden.

Henrietta ( Jetty) Treffz (1818-1878), Johann Strauss jr. © wikipedia

Den Schock von Jettys plötzlichem Tod nach einem Schlaganfall am 8. April 1878 kompensierte Strauss in der überstürzten Heirat mit Angelika Dittrich, einer deutschen Soubrette. Diese Verbindung endete schon bald in Streit und Trennung. Eine rechtliche Scheidung wurde zwar ausgesprochen, aber eine Wiederverheiratung blieb ausgeschlossen, da diese nur konfessionell möglich war.

Als Johann Strauss Ende der 1880er-Jahre beschloss, die junge Witwe Adele Strauß zu heiraten, wurde ihm die Genehmigung dazu verwehrt. Es bedurfte einer komplizierten Konstruktion, um diese Heirat doch noch zu ermöglichen. Strauss hatte in Baden-Baden den Landesfürsten Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha kennengelernt und war dem komponierenden Adeligen mit einigen Ratschlägen behilflich. Der versprach ihm darauf hin, ihm einen beliebigen Gefallen zu tun. Strauss ergriff die Gelegenheit, wurde offiziell wie auch seine Braut Bürger Sachsen-Coburgs, trat zum evangelisch-lutherischen Glauben über und konnte so 1887 mit dem Segen des Landesfürsten Adele heiraten. Die Eheleute blieben bis zu ihrem Tod Deutsche Staatsbürger, worüber man in Wien gerne hinweg sieht.

© wikipedia.com – Grab auf dem Wiener Zentralfriedhof

Zwölf Jahre waren Johann Strauss noch an der Seite Adeles vergönnt, das späte Glück mit der gut dreißig Jahre jüngeren Frau bescherte ihm ein glückliches Alter.
Künstlerisch war der Lebensabend aber längst nicht so ertragreich, wie seine mittleren Jahre an Jettys Seite. Johann Strauss starb am 3. Juni 1899 in Wien, seine Witwe Adele überlebte ihn um mehr als dreißig Jahre. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erschienen die ersten Biographien über Strauss, argwöhnisch begutachtet von der Witwe, die den starken Einfluss der ersten Ehefrau natürlich klein gehalten wissen wollte.

In dieser Zeit begann bereits die Verfälschung der Biographie Jettys. Kaum einer der Strauss-Biographen hat sich bemüht, die durch Dokumente belegten wahren Sachverhalte zu schildern. Als ich selbst um 2016 begann, ihre Biographie zu erforschen, konnte ich schnell feststellen, dass man speziell die Vaterschaft von Jettys Kindern betreffend bisher sehr schlampig recherchiert hatte. Aber solche über Generationen weitergegebene Falschbehauptungen haben ein zähes Leben.

In die Freude über eine gelungene Fledermaus-Aufführung oder beim Hören der inoffiziellen österreichischen Nationalhymne, dem Donauwalzer, mischt sich bei mir immer der Gedanke an Jetty. Adele ruht bei ihm auf dem Zentralfriedhof, Jetty dagegen kann man in seinem Werk begegnen.

Peter Sommeregger, 1. Januar 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

PROGRAMM Johann Strauß I. Freiheits-Marsch, op. 226 Josef Strauß Dorfschwalben aus Österreich. Walzer, op. 164 Johann Strauß II. Demolirer-Polka. Polka francaise, op. 269 Johann Strauß II. Lagunen-Walzer, op. 411Eduard Strauß Luftig und duftig. Polka schnell, op. 206 Johann Strauß II. Ouvertüre zur Operette „Der Zigeunerbaron“ Johann Strauß II. Accelerationen. Walzer, op. 234 Josef Hellmesberger (Sohn) Fidele Brüder. Marsch aus der Operette „Das Veilchenmädchen“ Constanze Geiger Ferdinandus-Walzer, op. 10 [Arr. W. Dörner] Johann Strauß II. Entweder – oder! Polka schnell, op. 403 Josef Strauß Transactionen. Walzer, op. 184Johann Strauß II. Annen-Polka, op. 117 Johann Strauß II. Tritsch-Tratsch. Polka schnell, op. 214 Johann Strauß II. Wein, Weib und Gesang. Walzer, op. 333

Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.

Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen’. Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.

CD/Blu-ray-Rezension: Johann Strauß,  Die Fledermaus klassik-begeistert.de, 28. Oktober 2024

Wiener Johann Strauss Orchester, Dirigent Johannes Wildner Elbphilharmonie, 3. Februar 2024, Matinee

Sommereggers Klassikwelt 266: Peter Cornelius klassik-begeistert.de, 25. Dezember 2024

 

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert